Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit von Teilurteil. Mietrückstand. Hauptmietverhältnis. Untervermieter

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die bloße Anhängigkeit der Widerklage hindert eine Teilentscheidung über die Klage nicht, auch wenn der Klage und der Widerklage ein einheitlicher Streitgegenstand zugrunde liegt. Ein unzulässiges Teilurteil liegt nur bei Rechtshängigkeit der wechselseitig geltend gemachten Ansprüche vor.

2. Das Gebot der Eindeutigkeit von Zustellungsakten erfordert bei der Zustellung an einen Anwalt nach § 198 ZPO dessen unzweideutige Erklärung, den Schriftsatz als zugestellt anzunehmen. Nur unter engen Voraussetzungen kann sein Verhalten als konkludente Annahme gedeutet werden.

3. Der (Unter-)Vermieter hat gegenüber dem gewerblichen Untermieter auch ungefragt einen 3-monatigen Mietrückstand im Hauptmietverhältnis zu offenbaren.

4. Wird der Untermietvertrag und die damit zusammenhängenden Vereinbarungen wegen arglistigen Verschweigens des Mietrückstands angefochten, sind die vom Getäuschten gezogenen Nutzungen nicht saldierend bereicherungsrechtlich zu berücksichtigen. Die wechselseitigen Bereicherungsansprüche aus dem angefochtenen Geschäft sind rechtlich selbständig und aufrechenbar

 

Normenkette

BGB §§ 123, 141-142, 242, 912; ZPO §§ 33, 198, 301

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 23.04.1998; Aktenzeichen 15 O 66/98)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 23.4.1998 – 15 O 66/98 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, über den durch das angegriffene Urteil zugesprochenen Betrag hinaus an die Klägerin 20.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 24.7.1997 zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Auf die in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung der Klägerin war das angefochtene Urteil teilweise abzuändern.

I.

Der Senat ist befugt, in der Sache zu entscheiden. Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich nämlich bei dem angegriffenen landgerichtlichen Urteil nicht um ein unzulässiges Teil-Urteil, das zu einer Aufhebung und Zurückverweisung Anlass geben könnte.

Ein Teil-Urteil ist nach allgemeiner Meinung (OLG Hamm OLGR 1997, 212 m.w.N.; Zöller-Vollkommer, ZPO, 21. Aufl., § 301 Rdn. 3) nur dann statthaft, wenn mehrere teilbare Streitgegenstände vorliegen. Dies wird immer dann verneint, wenn hinsichtlich des entschiedenen und nicht entschiedenen Teils eine einheitliche Entscheidung geboten ist. Betreffen Klage und Widerklage denselben Gegenstand, ergibt sich grundsätzlich die Notwendigkeit einer einheitlichen Entscheidung, die ein Teil-Urteil verbietet (Schleswig-Holsteinisches OLG, OLGR 1996, 365).

Zwar betraf im vorliegenden Fall der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung des aufgrund der Übernahmevereinbarung bereits gezahlten Teilbetrages und der von der Beklagten mit der Widerklage verfolgte Anspruch auf Zahlung des nach dieser Vereinbarung geschuldeten Restbetrages einen einheitlich zu beurteilenden Sachverhalt. Die Entscheidung zur Begründetheit von Klage und Widerklage hängt nämlich entscheidend davon ab, ob die Übernahmevereinbarung vom 7.7.1997 für wirksam erachtet wird oder nicht.

Trotz dieses eine einheitliche Entscheidung gebietenden Zusammenhangs von Klage und Widerklage war das landgerichtliche Urteil nicht unzulässig, da die Widerklage nicht rechtshängig geworden ist.

Die bloße Anhängigkeit des mit dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht überreichten Schriftsatzes widerklagend geltend gemachten Anspruchs verbietet eine Teil-Entscheidung nicht. Unzulässig ist ein Teil-Urteil nur bezüglich rechtshängiger einheitlicher Ansprüche.

Schon nach dem Wortlaut der §§ 301 Abs. 1 S. 1, 253 Abs. 1 ZPO entscheidet die Rechtshängigkeit über den zu entscheidenden Streitgegenstand und damit die Zulässigkeit einer Teil-Entscheidung. § 301 Abs. 1 ZPO spricht nämlich von „erhobener Widerklage”. Die Klageerhebung erfolgt nach der Vorstellung des Gesetzes erst durch die Zustellung der Klage (§ 253 Abs. 1 ZPO). Erst mit Zustellung entsteht bezüglich des neuen Streitgegenstands ein Prozessrechtsverhältnis zwischen den Parteien und eine Entscheidungsbefugnis des Gerichts in der Sache. Soweit in der Rechtsprechung vereinzelt ausgeführt worden ist, noch im ersten Rechtszug anhängige Ansprüche (OLG Hamm OLGR 1997, 212; OLG Düsseldorf OLGR 1993, 361) verböten eine Teil-Entscheidung, besagt dies bei näherem Hinsehen nichts anderes. In den genannten beiden Fällen waren nämlich die einen einheitlichen Streitgegenstand darstellenden Ansprüche tatsächlich rechtshängig.

Die Widerklage ist im vorliegenden Fall durch die Übergabe des Widerklageschriftsatzes im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht nicht rechtshängig geworden. Es mangelt an einer wirksamen Zustellung. Bei anwaltlich vertretenen Parteien genügt gem. § 198 Abs. 1 ZPO zwar grundsätzlich die Zustellung an den Anwalt. Dabei ist jedoch zwingende Voraussetzung für...

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