Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit
Leitsatz (amtlich)
In der Regel ist davon auszugehen, dass ein Arbeitsplatz erst nach Ablauf von zwei Jahren als nachhaltig gesichert anzusehen ist und erst danach das Arbeitsplatzrisiko vom Unterhaltsberechtigten selbst zu tragen ist (OLG Karlsruhe FamRZ 2000, 233; Palandt/Brudermüller, BGB, 63. Aufl., § 1573 Rz. 13; Maurer in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 1573 Rz. 25). Kann nicht festgestellt werden, dass die Unterhaltsberechtigte ihren Unterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit bereits nachhaltig gesichert hatte, hat sie darzulegen, dass sie bei Verlust ihres Arbeitsplatzes trotz intensiver Suche nicht in der Lage war, einen neuen Arbeitsplatz zu finden, der ihr eine nachhaltige Sicherung ihres Unterhaltsbedarfes ermöglichte.
Hat die Unterhaltsberechtigte Bewerbungsbemühungen um einen Arbeitsplatz, die als ausreichend angesehen werden können, nicht dargelegt, kann nicht ausgeschlossen werden, dass sie bei ausreichendem und rechtzeitigem Bemühen eine Stelle gefunden hätte, die sie in die Lage versetzt hätte, ihren Lebensunterhalt durch eigene Arbeit sicherzustellen. Es gibt keinen Erfahrungssatz, das bestimmte Personen bzw. Personengruppen grundsätzlich nicht mehr in einer Erwerbstätigkeit vermittelbar sind. Auch wenn festgestellt werden kann, dass die Arbeitsplatzsuche im speziellen Falle erschwert ist, kann nur in Ausnahmefällen ohne hinreichende Bemühungen der Unterhaltsbeanspruchenden vom Fehlen jeglicher Beschäftigungschance ausgegangen werden (OLG Hamm v. 4.9.1998 - 5 UF 102/98, FamRZ 1999, 1011, m.w.N.).
Normenkette
BGB § 1573 Abs. 4
Verfahrensgang
AG Brühl (Urteil vom 05.05.2004; Aktenzeichen 32 F 427/02) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des AG - FamG - Brühl vom 5.5.2004 - 32 F 427/02 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten beider Rechtszüge trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung des Beklagten ist begründet. Denn die Klägerin hat keinen Unterhaltsanspruch gegen den Beklagten.
In Betracht käme lediglich ein Unterhaltsanspruch gem. § 1573 Abs. 4 BGB, weil die Einkünfte der Klägerin, die sie nach der Scheidung aus ihrer Tätigkeit in einem Kindergarten bezogen hatte, nach nicht ganz zwei Jahren weggefallen sind.
Zwar geht die Rechtsprechung in der Regel davon aus, dass ein Arbeitsplatz erst nach Ablauf von zwei Jahren als nachhaltig gesichert anzusehen ist und erst danach das Arbeitsplatzrisiko vom Unterhaltsberechtigten selbst zu tragen ist (OLG Karlsruhe FamRZ 2000, 233; Palandt/Brudermüller, BGB, 63. Aufl., § 1573 Rz. 13; Maurer in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 1573 Rz. 25). So geht der Senat auch hier zugunsten der Klägerin nicht davon aus, dass ihr Unterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit bereits nachhaltig gesichert war.
Sie hat jedoch nicht dargetan, dass es ihr trotz der insoweit von ihr zu verlangenden Bemühungen nicht gelungen ist, eine neue Arbeitsstelle zu finden.
Hinsichtlich des Umfangs und der Intensität der zu verlangenden Bemühungen sind an den Unterhaltsberechtigten die gleichen Anforderungen wie an den Unterhaltspflichtigen zu stellen, so dass auch der Unterhaltsberechtigte die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt, dass es ihm trotz ausreichender Bemühungen nicht gelungen ist, einen Arbeitsplatz zu finden (Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 8. Aufl., Rz. 572, 623, m.w.N.). Der Unterhaltsanspruch entfällt somit, wenn nicht auszuschließen ist, dass für den Berechtigten bei ausreichendem Bemühen eine reale Beschäftigungschance bestanden hat (Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 8. Aufl., Rz. 634, m.w.N.).
So liegt der Fall hier.
Zunächst gibt es keinen Erfahrungssatz, dass bestimmte Personen bzw. Personengruppen grundsätzlich nicht mehr in eine Erwerbstätigkeit vermittelbar sind. Zwar trifft es zu, dass die Arbeitsplatzsuche für Frauen ab Ende 40/Anfang 50 Jahren erschwert ist, ein Alter allerdings, das die Klägerin noch nicht erreicht hat. Aber auch hier kann nur in Ausnahmefällen ohne hinreichende Bemühungen vom Fehlen jeglicher Beschäftigungschance ausgegangen werden (OLG Hamm v. 4.9.1998 - 5 UF 102/98, FamRZ 1999, 1011, m.w.N.).
Die Anforderungen an die Intensität der Arbeitssuche sind einerseits abhängig von den objektiven Erwerbsmöglichkeiten, die im Großraum L als einem dicht besiedelten, relativ strukturstarkem Gebiet nicht schlecht sind, und andererseits von den persönlichen Voraussetzungen des Suchenden.
Die persönlichen Voraussetzungen der Klägerin sind hinsichtlich ihrer Ausbildung nicht optimal, im Übrigen aber nicht schlecht. So war sie bei Verlust der Stelle im Kindergarten gerade erst Anfang 40 Jahre alt, sie war ungebunden, gesund, und hatte auch während der Ehe gearbeitet. Es war daher von ihr zu erwarten, dass sie für die Suche nach einem Arbeitsplatz ebenso viel Zeit aufgewendet hätte, wie sie eine vollschichtige Erwerbstätigkeit, zu d...