Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Irreführung bei plakativer Fruchtbezeichnung von Säften und Desserts
Leitsatz (amtlich)
1. Durch ein Fruchtgetränk mit der Bezeichnung "Erdbeere-Orange" und einer hervorgehobenen Abbildung dieser beiden Früchte wird eine Irreführung i.S.d. § 11 Abs. 1 LFGB hervorgerufen, wenn das Getränk zu 100 % aus Früchten besteht, die beiden genannten Obstsorten davon aber nur 35 % ausmachen. Das gilt auch dann, wenn diese Sorten die Geschmacksrichtung prägen.
2. Der Verkehr schließt aus der Bezeichnung eines Fruchtdesserts mit "Erdbeer-Apfel" oder "Banane-Apfel" nicht ohne weiteres, dass die jeweils an erster Stelle genannte Sorte den größten Anteil der verwendeten Früchte ausmacht. Etwaige anderslautende Anforderungen des Deutschen Lebensmittelbuches sind ihm im allgemeinen unbekannt.
Normenkette
LFGB § 11 Abs. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 1; UWG § 4 Nr. 11
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 12.07.2007; Aktenzeichen 31 O 93/07) |
Tenor
1. Die Berufungen beider Parteien gegen das am 12.7.2007 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des LG Köln - 31 O 93/07 - werden zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3 zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann jedoch die Vollstreckung des Unterlassungsanspruchs durch Sicherheitsleistung i.H.v. 50.000 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Vollstreckung der Kostenerstattungsansprüche können die Parteien durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsschuldner vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Beklagte, die L AG, vertreibt in den Lebensmittelabteilungen ihrer Filialen ein unter der Bezeichnung "Fruit2day" in verschiedenen Sorten angebotenes neuartiges Obstprodukt, das seit dem Jahre 2005 auf dem Markt ist. Das Erzeugnis besteht zu 100 % aus - verschiedenen - Früchten, und wird in zwei Darreichungsformen, nämlich als trinkbare Zubereitung ("Erdbeere-Orange") und - in einer Mischung aus Saft, Püree und Mark - als Fruchtdessert ("Erdbeer-Apfel" und "Banane-Apfel") angeboten. Den Produkten, die von der T Werke GmbH und Co. KG a.A. hergestellt werden, ist gemein, dass die jeweils benannten beiden Fruchtsorten nicht die einzigen sind, aus denen sie bestehen. Ihre vollständige Zusammensetzung ergibt sich jeweils aus der rückseitig angebrachten Zutatenliste. Über der Sortenangabe auf der Vorderseite findet sich der Hinweis: "Sorte*". Das zugehörige Sternchen befindet sich auf der Rückseite vor dem Wort "Zutaten: ...". Wegen der Einzelheiten der Produktausstattungen wird auf die als Anlagen B 1 und B 2 vorgelegen Originalprodukte Bezug genommen.
Der Kläger, der gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugte Verband T X, sieht die Ausstattung der drei vorstehend genannten Produktsorten als irreführend an und behauptet, der Verkehr erwarte nicht nur, dass die jeweils benannten Früchte diejenigen seien, die in dem betreffenden Produkt den größten Anteil aufweisen, sondern auch, dass die jeweils an erster Stelle aufgeführte Fruchtart den größten und die andere den zweitgrößten Fruchtanteil ausmache. Dies ist bei allen drei streitgegenständlichen Darbietungsformen nicht der Fall.
Nach Auffassung des Klägers klärt auch der Sternchenhinweis den Verbraucher nicht hinreichend auf, weil die hervorgehobene Aussage (z.B.: "Erdbeer-Orange") für sich genommen falsch sei und das Sternchen sich zudem nicht bei der Angabe der betreffenden Obstsorten, sondern bei dem Wort "Sorte" befinde.
Die Beklagte behauptet, der Verkehr erwarte nicht einen Fruchtanteil, der der Darstellung der Obstsorten entspreche, sondern dass der Geschmack - was nach ihrer unbestrittenen Darstellung der Fall ist - von den angegebenen Früchten geprägt werde.
Das LG hat sich auf den Standpunkt gestellt, der Verkehr werde erwarten, dass die beiden jeweils prominent hervorgehobenen Fruchtsorten die wesentlichen Bestandteile des Produktes ausmachen. Der Verbraucher werde sich aber über den Anteil der jeweils an erster und zweiter Stelle genannten Fruchtsorten keine Gedanken machen. Entlang dieser Differenzierung hat die Kammer auf die Zusammensetzung der einzelnen drei Produkte abgestellt und danach die Bewerbung und den Vertrieb des Trinkproduktes "Erdbeere-Orange" in der konkreten Verletzungsform untersagt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Wegen des Wortlauts der vor dem LG gestellten Anträge und des Urteilstenors wird auf die angefochtene Entscheidung verwiesen. Gegen diese Entscheidung haben beide Parteien Berufung eingelegt, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgen, soweit sie in erster Instanz unterlegen waren. Im Übrigen verteidigen sie jeweils das Urteil.
Der Kläger wiederholt seine Auffassung, wonach der Verkehr eine Gewichtung der Fruchtanteile in der Reihenfolge der Fruc...