Entscheidungsstichwort (Thema)
Als Leistungsklage zulässige Unterhaltsklage trotz Existenz eines Unterhaltstitels
Leitsatz (amtlich)
Der Zulässigkeit der auf Zahlung von nachehelichen Unterhalt gerichteten Unterhaltsklage als Leistungsklage steht nicht entgegen, dass sich die Parteien im Scheidungstermin dahin verglichen haben, dass der Beklagte an die Klägerin einen "Gesamtehegattenunterhalt" von 3.000 DM (heute 1.533,88 EUR) zu zahlen hat. Der auf Unterhaltszahlung gerichteten Leistungsklage fehlt nämlich trotz des Bestehens eines Unterhaltstitels in Form eines gerichtlichen Vergleichs dann das Rechtsschutzbedürfnis nicht, wenn der Unterhaltsgläubiger seinerseits für den Fall der Beitreibung der Unterhaltsforderung im Wege der Zwangsvollstreckung - wie vorliegend - damit ernsthaft rechnen muss, dass der Unterhaltsschuldner auf Abänderung des Unterhaltstitels nach § 323 ZPO klagen wird. Dem Unterhaltsgläubiger ist es in diesem Falle nicht zumutbar, sich selbst verklagen zu lassen, stellt doch die erhobene Leistungsklage das Spiegelbild der Abänderungsklage dar (vgl. BGH NJW-RR 1989, 318; OLG Celle NJOZ 2006, 3587; Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl. 2007, Vor § 253 Rz. 18a m.w.N.).
Normenkette
ZPO § 323
Verfahrensgang
AG Bonn (Urteil vom 12.06.2006; Aktenzeichen 42 F 340/03) |
Tenor
I. Auf die Berufungen der Parteien werden das am 12.6.2006 verkündete Urteil des AG - FamG - Bonn - 42 F 340/03 - und der gerichtliche Vergleich vom 13.9.1990 - 30 F 84/89 AG Siegburg - unter Zurückweisung der Rechtsmittel und Klageabweisung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für die Zeit bis einschließlich Juli 2007 einen Unterhaltsrückstand von 7.045 EUR und ab August 2007 nachehelichen Unterhalt i.H.v. 378 EUR monatlich zu zahlen.
II. Die Kosten des Rechtsstreites werden gegeneinander aufgehoben.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässigen - insbesondere frist- und formgerecht eingelegten - Berufungen der Parteien haben in dem weiter unten erläuterten Umfang teilweise Erfolg (was im Ergebnis allerdings wegen der Summierung aller Rückstände bis einschließlich Juli 2007 im Tenor nicht zum Ausdruck kommt.).
Die Unterhaltsklage der Klägerin ist als Leistungsklage zulässig. Ihr steht nicht entgegen, dass sich die Parteien im Scheidungstermin am 13.9.1990 vor dem AG -FamG- Siegburg zu Az. 30 F 84/89 dahin verglichen haben, dass der Beklagte an die Klägerin einen "Gesamtehegattenunterhalt" von 3.000 DM (heute 1.533,88 EUR) zu zahlen hat (vgl. Blatt 24-27 BA). Der auf Unterhaltszahlung gerichteten Leistungsklage fehlt nämlich trotz des Bestehens eines Unterhaltstitels in Form eines gerichtlichen Vergleichs dann das Rechtsschutzbedürfnis nicht, wenn der Unterhaltsgläubiger seinerseits für den Fall der Beitreibung der Unterhaltsforderung im Wege der Zwangsvollstreckung - wie vorliegend - damit ernsthaft rechnen muss, dass der Unterhaltsschuldner auf Abänderung des Unterhaltstitels nach § 323 ZPO klagen wird. Dem Unterhaltsgläubiger ist es in diesem Falle nicht zumutbar, sich selbst verklagen zu lassen, stellt doch die erhobene Leistungsklage das Spiegelbild der Abänderungsklage dar(vgl. BGH NJW-RR 1989, 318; OLG Celle NJOZ 2006, 3587; Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl. 2007, Vor § 253 Rz. 18a m.w.N.).
Der Leistungsklage steht auch nicht der Einwand der anderweitigen Rechtskraft entgegen, da ein gerichtlicher Vergleich nicht in formelle Rechtskraft erwächst.
Der Klägerin steht gegen den Beklagten grundsätzlich nachehelicher Aufstockungsunterhalt gem. § 1573 Abs. 1 und 2 BGB ab Juli 2002 zu. Dem steht § 1585b Abs. 2 BGB nicht entgegen. Die Klägerin besitzt mit dem gerichtlichen Vergleich vom 13.9.1990 - 30 F 84/89 AG Siegburg - eine titulierte Forderung. Auf ihre Rechte hieraus hatte sie zu keiner Zeit wirksam verzichtet. Da Unterhalt grundsätzlich zum Anfang des jeweiligen Monats im Voraus fällig wird, befand sich der Beklagte damit ab Juli 2002 mit seinen Unterhaltsleistungen in Verzug, soweit er nicht die titulierte Forderung vollständig erfüllte. Dass die Klägerin grundsätzlich weiterhin auf der Zahlung von weiterem Unterhalt bestand, machte sie mit ihren Schreiben vom 5.6.2002 und 28.6.2002 ausreichend deutlich.
Der Unterhaltsanspruch der Klägerin besteht in dem mit der Klage geltend gemachten Zeitraum für die Zeit von Juli 2002 bis Dezember 2002 i.H.v. monatlich 1.262 EUR, für die Monate November und Dezember 2003 i.H.v. monatlich 1.283 EUR, für die Zeit von Januar 2004 bis Dezember 2004 i.H.v. monatlich 1.245 EUR, für die Zeit von Januar 2005 bis Mai 2005 i.H.v. monatlich 1.180 EUR, für die Zeit von Juni 2005 bis Dezember 2005 i.H.v. monatlich 425 EUR, im Jahre 2006 i.H.v. monatlich 348 EUR sowie ab Januar 2007 i.H.v. monatlich 378 EUR, wobei die vom Beklagten bis einschließlich Mai 2005 geleisteten freiwilligen Zahlungen von monatlich 1.000 EUR sowie die von Juni 2005 bis einschließlich Dezember 2005 erfolgten Leistungen von monatlich 90 EUR anzurechnen sind. D...