Verfahrensgang
LG Aachen (Aktenzeichen 9 O 34/01) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 11.05.2001 - 9 O 34/01 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Die Berufung ist zulässig. Die Klägerin hat gegen das ihr am 30.05.2001 zugestellte Urteil form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Trotz des nachfolgenden Berichtigungsbeschlusses vom 12.11.2001 kommt es allein auf die erste Urteilszustellung an, da die Berichtigung auf den Zeitpunkt der Urteilsverkündung zurückwirkt und - von hier nicht gegebenen Ausnahmefällen abgesehen - durch die Zustellung des Berichtigungsbeschlusses keine neue Rechtsmittelfrist in Gang gesetzt wird (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO, 22. Aufl., § 319 Rn. 25 m. w. N.). Die wiederholte Berufungseinlegung ist aus diesem Grund ohne Bedeutung.
II.
Die Berufung ist jedoch unbegründet.
Der Klägerin steht nach §§ 1, 49 VVG i. V. m. § 12 Abs. 1 II e AKB kein Anspruch auf Entschädigung aus der bestehenden Vollkaskoversicherung in der mit der Berufung noch geltend gemachten Höhe von 9121,45 EUR nebst Zinsen zu. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da die Beklagte nach § 61 VVG wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls durch die Klägerin leistungsfrei ist.
1. Das Urteil des Landgerichts ist entgegen der Auffassung der Berufung nicht deshalb verfahrensfehlerhaft, weil es entgegen § 315 Abs. S. 1 ZPO zunächst von einer nicht an der Entscheidung beteiligten Richterin mit unterschrieben worden ist. Dieser Mangel ist durch die zulässige Berichtigung gemäß Beschluss vom 12.11.2001 geheilt worden. Die gegen diesen Beschluss gerichtete sofortige Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 04.02.2001 zurückgewiesen.
2. Die Beklagte ist nach § 61 VVG leistungsfrei, weil die Klägerin den Unfall vom 21.09.2000 durch das Überfahren des Stoppschildes an der Kreuzung P. Ring / S. Weg grob fahrlässig herbeigeführt hat.
Grob fahrlässig handelt derjenige, der die im Verkehr erforderliche Sorgfalt unter Berücksichtigung aller Umstände in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und das unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen (Römer/Langheid, VVG, § 61 Rn. 29). Das Überfahren eines Stoppschildes ist nach der Rechtsprechung in aller Regel als objektiv grob fahrlässig zu bewerten (OLG Hamm, r+s 2000, 53; SP 1999, 357; Senat, SP 1996, 21; OLG Oldenburg, VersR 1995, 1183). Das gilt jedenfalls dann, wenn außer dem Stoppschild weitere Warnhinweise nicht beachtet worden sind oder wenn das Schild auch am linken Straßenrand aufgestellt gewesen ist, so dass die Situation der bevorrechtigten Straße wenigstens unmittelbar vor dieser deutlich vor Augen geführt worden ist (KG, NVersZ 2001, 319, 320). Fährt ein Kraftfahrer unter solchen Umständen in völliger Missachtung des Schildes oder aufgrund einer verspäteten Reaktion, ohne anzuhalten und ohne sich zuvor in dem erforderlichen Maße über den Querverkehr orientiert zu haben, in die Kreuzung ein, handelt er mit einer Sorglosigkeit, die sich aus den gerade im Straßenverkehr nie ganz vermeidbaren Fahrlässigkeitshandlungen heraushebt; er beachtet nicht, was unter den gegebenen Umständen jedem hätte einleuchten müssen. Der Verstoß gegen das absolute Haltegebot des Zeichens 206 rechtfertigt in aller Regel die Schlussfolgerung, dass auch subjektiv ein gesteigertes Verschulden im Sinne grober Fahrlässigkeit vorgelegen hat, weil von einem äußeren Geschehensablauf und vom Ausmaß des objektiven Pflichtenverstoßes auf innere Vorgänge geschlossen werden kann (OLG Hamm, a.a.O.).
Nach diesen Grundsätzen ist das Überfahren des Stoppschildes auch vorliegend als grob fahrlässig zu bewerten. Das Stoppschild war sowohl rechts als auch links der Fahrbahn deutlich sichtbar aufgestellt, so dass von ihm eine gesteigerte Warnfunktion ausging. Außerdem befand sich vor der Kreuzung noch eine durchgezogene Haltelinie. Diese Situation ist nach den Fotos in der beigezogenen Ermittlungsakte (StA Aachen 67 Js 1893/00) hinreichend klar zu beurteilen, so dass es der beantragten Ortsbesichtigung nicht bedarf. Soweit die Klägerin meint, der Kreuzungsbereich sei wegen des leichten Anstiegs der Straße für sie nicht bereits von weitem erkennbar gewesen, steht das der groben Fahrlässigkeit nicht entgegen. Die Klägerin hatte unabhängig von der Sichtbarkeit einer Querstraße auf die nicht zu übersehenden Stoppschilder zu achten. Im übrigen war durch die Linksabbiegerspur zumindest kurz vor dem Kreuzungsbereich für die Klägerin erkennbar, dass sie mit Querverkehr zu rechnen hatte. Mangels eines gegenteiligen Sachvortrags ist auch davon auszugehen, dass die Schilder für die Klägerin weithin sichtbar waren. Es ist nichts dafür vorgetragen, dass die Stoppschilder erst ganz kurz vorher sichtbar gewesen seien, etwa aufgrund einer Kurve oder ähnlichem. Auch aus den Bildern zur Unfallörtlichkeit ergeben sich dafür keine Anhaltspunkte. Schließl...