Leitsatz (amtlich)
1. Im Rahmen einer Klage auf Vorschuss auf die Mängelbeseitigungskosten ist die Behauptung des Auftragnehmers, er habe nach Ablauf der zur Mängelbeseitigung gesetzten Frist und nach Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens nun einige Mängel ohne Zustimmung des Auftraggebers beseitigt, rechtlich nicht erheblich; erst bei der Abrechnung des Vorschusses ist zu prüfen, ob und inwieweit Nachbesserungsarbeiten des Auftragnehmers erfolgreich waren.
2. Dem Erwerber einer Eigentumswohnung steht gegen den Bauträger, dessen Verpflichtung zur Eigentumsumschreibung vertraglich durch die Zahlung des vollen Kaufpreises bedingt ist, auch für den Fall, dass nur noch ein geringfügiger Teil des Kaufpreises offensteht und Mängel vorliegen, regelmäßig kein Anspruch auf Eigentumsverschaffung aufgrund von § 242 oder § 320 Abs. 2 BGB zu, wenn er die Möglichkeit hat, mit eigenen Forderungen in den Kaufpreis übersteigender Höhe aufzurechnen und damit die Eintragungsvoraussetzungen herbeizuführen.
3. Der Erwerber kann von dem Bauträger nicht verlangen, eine - aus seiner Sicht unter Überschreitung der Miteigentumsordnung - im Zuge der Errichtung angebrachte Abluftanlage an der Außenfassade zu entfernen, wenn deren Errichtung nicht zur vertraglichen Leistungen des Bauträgers ihm gegenüber zur Herstellung des Gemeinschaftseigentums und seines Sondereigentums gehört, sondern durch den begünstigten Sondereigentümer veranlasst wurde.
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 8 O 172/20) |
Tenor
Auf die Berufungen der Klägerin und der Beklagten wird das am 22.12.2022 verkündete Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 8 O 172/20 - teilweise abgeändert und klarstellend insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt,
1. an die Klägerin 40.354,74 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 38.863,97 EUR vom11.2019 bis zum 15.07.2020 und aus 40.354,74 EUR seit dem 16.07.2020 zu zahlen;
2. den im 2. Untergeschoss aufgefundenen Kellerraum - gelegen unter dem Objekt N.-straße N01, N02 E. - durch geeignete bautechnische Maßnahmen (z.B. Zumauern) zum Objekt V.-straße N03, N02 E. hin dauerhaft zu verschließen;
3. der Klägerin einen aktuellen Energieausweis betreffend das Objekt V.-straße N03, N02 E. zur Verfügung zu stellen;
4. den Notar Dr. L. K., E., anzuweisen, die Eigentumsumschreibung aus dem Kaufvertrag vom 00.00.0000 (Urkundenrolle-Nummer N04 für 2015 S) gegenüber dem zuständigen Grundbuchamt Köln zu Gunsten der Klägerin zu beantragen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehenden Berufungen der Parteien werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben. Die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens 8 OH 21/17 LG Köln trägt die Beklagte alleine.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Tenors zu Ziffer 2) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,- EUR, die Zwangsvollstreckung des Tenors zu Ziffer 3) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.200,- EUR sowie die Zwangsvollstreckung des Tenors zu Ziffer 4) durch Sicherheitsleistung in Höhe von 24.000,- EUR abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der jeweiligen Vollstreckung entsprechende Sicherheit leistet. Im Übrigen wird dem jeweiligen Vollstreckungsschuldner nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Kostenvorschuss, Erfüllung und Schadensersatz aus einem notariellen Vertrag vom 00.00.0000 über den Erwerb einer noch zu sanierenden Altbau-Eigentumswohnung in Anspruch.
Die Beklagte war Eigentümerin des Grundstücks V.-straße N03 in E.. Es handelt sich um einen viergeschossigen Altbau. Die Beklagte teilte das Objekt in eine Teileigentumseinheit und drei Wohneinheiten auf, veräußerte die Teil- und Wohnungseigentumseinheiten und sanierte das Objekt umfassend. Im Teileigentum im 1. und 2. Untergeschoss, Erdgeschoss und 1. Obergeschoss wird eine Gaststätte betrieben.
Mit Vertrag vom 00.00.0000 erwarb die Klägerin die von der Beklagten umfänglich zu sanierende Wohnung Nr. 2 im 2. Obergeschoss nebst Kellerraum zum Preis von 409.900,- EUR (Anlage WIR 1, Bl. 1 ff. AH I). Dem lagen die ursprüngliche Teilungserklärung vom 26.08.2015, eine Baubeschreibung vom selben Tag (Anlagenkonvolut WIR 2, Bl. 25 ff. u. 34 ff. AH I) sowie die geänderte Teilungserklärung vom 00.00.0000 (Anlage WIR 18, Bl. 302 ff. AH II) zugrunde.
Das Sondereigentum und der auf die Wohnung bezogene Teil des Gemeinschaftseigentums wurden am 18.05.2016 abgenommen (Anlage WIR 3, Bl. 39 ff. AH) und am 06.06.2016 übergeben; eine Abnahme des Gemeinschaftseigentums ist bislang n...