Entscheidungsstichwort (Thema)

Ehegattenbürgschaft für Betriebsverbindlichkeiten des anderen Ehegatten

 

Leitsatz (amtlich)

Die Grundsätze der neueren Rechtsprechung des BGB (vergl. Urteil vom 5.1.1995, ZIP 1995, 203) über die Sittenwidrigkeit von Bürgschaften von Ehegatten für Geschäftsverbindlichkeiten des anderen Ehegatten, wenn der mithaftende Ehegatte bei Vertragsschluß nicht in der Lage war, die übernommene Verbindlichkeit zu erfüllen, und wenn zwischen den Vertragspartnern ein unerträgliches Ungleichgewicht entstanden ist, sind auch auf einen Schuldbeitritt des mittellosen Ehegatten anzuwenden. Sie kommen aber nicht zur Anwendung, wenn der mittellose mithaftende Ehegatte geschäftlich nicht unerfahren ist (Studium der Betriebswirtschaft nach jahrelanger Tätigkeit als Sekretärin in der Wirtschaft), so daß zu erwarten ist, daß er am Geschäftsbetrieb des anderen Ehegatten nicht uninteressiert und auch nicht ohne internen Einfluß ist.

 

Normenkette

BGB §§ 765, 138

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 12.11.1996; Aktenzeichen XI ZR 202/95)

 

Tatbestand

Der Ehemann der Klägerin war Inhaber eines Betriebes für Garten- und Landschaftsbau, der 1989 seine Tätigkeit aufgenommen hatte. Die Klägerin ist gelernte Bürokauffrau und arbeitetete bis zum Jahre 1988 in verschiedenen Betrieben als Sekretärin. Das letzte Arbeitsverhältnis endete nach dem Konkurs der Arbeitgeberin mit der Kündigung der Klägerin durch den Konkursverwalter. Da die Klägerin nicht sofort eine neue Arbeitsstelle fand, entschied sie sich, an der Fachhochschule in K. das Studium „ Wirtschaft „ aufzunehmen. Während des Studiums war die Klägerin mit 4 Wochenstunden als studentische Hilfskraft beschäftigt. Im Betrieb ihres Mannes hat die Klägerin während dieser Zeit mindestens gelegentlich ausgeholfen. Ob und in welchem Umfang die Klägerin auch darüberhinaus im Betrieb ihres Mannes tätig war, ist zwischen den Parteien streitig. Insbesondere ist streitig, ob sie einem Mitarbeiter der Beklagten erklärte, durch eine Tätigkeit in der Firma des Mannes 24.000 DM jährlich verdient zu haben. In den Steuerbescheiden der Jahre 1991 und 1992 ist ein steuerpflichtiges Einkommen der Klägerin nicht ausgewiesen. Für ihre Tutorentätigkeit an der Fachhochschule erhielt die Klägerin monatlich 420,– DM. Zwischenzeitlich hat die Klägerin ihr Studium ohne Abschluß beendet. Sie hat sich von ihrem Ehemann getrennt und führt die in Konkurs geratene Firma ihres Mannes mit anderen Mitarbeitern und einer veränderten Angebotsstruktur alleine weiter.

Der Ehemann der Klägerin führte seine Geldgeschäfte über die Beklagte, zunächst mit einem Kontokorrentkonto (Kontonummer 2041), auf dem ein Dispositionskredit bis zu 20.000 DM eingeräumt war. Für dieses Konto hatte sich die Klägerin mitverpflichtet. Nachdem der Steuerberater der Firma darauf hingewiesen hatte, daß die Finanzierung der Betriebsausgaben über das Kontokorrent nicht zu vertreten war, suchte der Ehemann der Klägerin nach Kreditgebern.

Auf seine Anfrage bot ihm die Beklagte am 9.1.1992 zwei Investitionskredite an, und zwar in Höhe von 144.800 DM (Kontonummer 6975) und von 55.200 DM (Kontonummer 6974). Zur Besicherung dieser Darlehen hatte die Beklagte vorgesehen, daß die Klägerin die persönliche Mithaft übernimmt. Ferner sollte der Beklagten auf dem Grundstück K.str. 5 in K.-R., sobald dieses dem Ehemann der Klägerin durch Schenkung von seinen Eltern zur Verfügung gestellt worden ist, eine Grundschuld von 200.000 DM bewilligt werden. Zwischen den Parteien ist streitig, in welchem Umfang die Klägerin bei den Vertragsverhandlungen mitgewirkt hat, die dem vorbezeichneten schriftlichen Angebot vorausgegangen waren. Ferner ist streitig, ob ein Mitarbeiter der Beklagten der Klägerin dabei erklärte, ihre Mitverpflichtung sei eine reine Formsache, weil das vorgenannte Grundstück Kapellenstraße 5 eine ausreichende Sicherheit darstelle. In einer internen Bewertung ging die Beklagte davon aus, daß auf diesem Grundstück gebaut werden könne und es einen Verkehrswert von 420.000 DM darstelle. Später stellte sich heraus, daß dieser Wert nicht stimmt, da die Immobilie nicht als Bauland, sondern nur als Grünfläche ausgewiesen und eine Höherstufung nicht zu erwarten ist. Die Parteien streiten darüber, wer diesen Bewertungsfehler zu vertreten hat. Die Beklagte hat vorgetragen, daß die Klägerin selbst immer wieder auf einen Wert in der vorbezeichneten Größenordnung und die Bebaubarkeit des Grundstücks verwiesen habe. Die Klägerin hat vorgebracht, die Beklagte habe die im Grundbuch enthaltene Bezeichnung „ Bauplatz „ überprüfen müssen. Die Klägerin unterzeichnete ihre Mitverpflichtung für die vorbezeichneten Darlehen am 21.1.1992, nachdem sie zuvor über die Notwendigkeit ihrer Mithaft mit einem Mitarbeiter der Beklagten gesprochen hatte. Die Valuta wurden auf das eingangs genannte Girokonto ausgezahlt.

Am 5.8.1993 gab die Klägerin der Beklagten zusätzlich zu ihren bisher angesprochenen Mithafterklärungen eine Höchstbetragsbürgschaft von 350.000 DM, wobei das dazu ...

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