Entscheidungsstichwort (Thema)
Anscheinsbeweis beim Ausfahren aus einem Grundstück
Leitsatz (amtlich)
Der Beweis des ersten Anscheins spricht für ein Verschulden des Verkehrsteilnehmers, wenn dieser einen Verkehrsunfall bei der Ausfahrt aus einem Grundstück verursacht. Denn dieser hat sich gem. § 10 StVO dabei so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Mit dieser Formulierung legt das Gesetz demjenigen, der aus einem Grundstück ausfährt, die Verantwortung für die Gefahrlosigkeit seines Verhaltens im Wesentlichen allein auf, so dass der Anschein gegen ihn spricht, wenn es bei diesem Fahrmanöver zu einer Kollision mit einem Verkehrsteilnehmer des fließenden Verkehrs kommt (Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl., § 10 StVO Rz. 11).
Ein solcher Fall liegt hier vor, selbst wenn der Kläger entsprechend seiner Darstellung ca. 2-3 Minuten in der Position gestanden hat, in der es zu dem Unfall gekommen ist.
Denn der Vorgang des Ausfahrens aus einem Grundstück auf eine öffentliche Straße ist erst dann beendet, wenn sich das Fahrzeug endgültig in den fließenden Verkehr eingeordnet hat (Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl., § 10 StVO Rz. 4).
Normenkette
StVG §§ 7, 17; StVO § 10
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 05.11.2004; Aktenzeichen 15 O 529/03) |
Tenor
Unter Zurückweisung der weiter gehenden Berufung wird das Urteil des LG Köln vom 5.11.2004 - 15 O 529/03 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 3.216,09 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 13.8.2003 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Rechtszüge tragen der Kläger zu 3/5 und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 2/5.
Die Vollstreckung kann durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung entsprechende Sicherheit leistet.
Gründe
I. Wegen der Feststellungen der tatsächlichen Verhältnisse wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.
Im Berufungsverfahren wiederholen und vertiefen die Parteien ihren erstinstanzlichen Vortrag.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Ziel auf Zahlung vollen Schadensersatzes weiter.
Er rügt sowohl die Rechtsansicht des LG zur Frage des Anscheinsbeweises als auch die Beweiswürdigung des LG.
Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Beklagten und Berufungsbeklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 8.514,22 EUR nebst 5 % Jahreszinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.8.2003 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat den Sachverständigen P. zur Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens angehört. Insoweit wird auf die Niederschrift der Sitzung vom 3.6.2005 verwiesen.
II. Die zulässige Berufung des Klägers ist in dem erkannten Umfang begründet.
Die Beklagten sind als Gesamtschuldner gem. §§ 7, 17 StVG, 3 PflVG, 426 BGB verpflichtet, dem Kläger 2/5 seines unfallbedingten Schadens zu ersetzen, weil der Verkehrsunfall zwischen dem Kläger als Fahrer seines Landrovers und dem Beklagten zu 1) als Fahrer seines Pkws Volvo überwiegend vom Kläger selbst verursacht und verschuldet worden ist.
Bereits der Beweis des ersten Anscheins spricht für alleiniges oder jedenfalls weit überwiegendes Verschulden des Klägers.
Denn dieser hatte sich gem. § 10 StVO bei der Ausfahrt aus seinem Grundstück so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen war. Mit dieser Formulierung legt das Gesetz demjenigen, der aus einem Grundstück ausfährt, die Verantwortung für die Gefahrlosigkeit seines Verhaltens im Wesentlichen allein auf, so dass der Anschein gegen ihn spricht, wenn es bei diesem Fahrmanöver zu einer Kollision mit einem Verkehrsteilnehmer des fließenden Verkehrs kommt (Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl., § 10 StVO Rz. 11).
Ein solcher Fall liegt hier vor, selbst wenn der Kläger entsprechend seiner Darstellung ca. 2-3 Minuten in der Position gestanden hat, in der es zu dem Unfall gekommen ist.
Denn der Vorgang des Einfahrens aus einem Grundstück auf eine öffentliche Straße ist erst dann beendet, wenn sich das Fahrzeug endgültig in den fließenden Verkehr eingeordnet hat (Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl., § 10 StVO Rz. 4).
Aufgrund der von den Polizeibeamten festgestellten und dokumentierten unfallbedingten Spuren auf der Fahrbahn hat der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten festgestellt, dass das Fahrzeug des Klägers ca. 1,10 m in die nur insgesamt 5,70 m breite L.-Straße hineinragte, als es zum Unfall kam, er also die Fahrspur des Beklagten zu 1) fast zur Hälfte blockierte. Der Kläger hatte also mit dem Einfahren auf die L.-Straße begonnen und diesen Vorgang nicht beendet. Allein der Umstand, dass er diesen Vorgang für ca. 2-3 Minuten unterbrochen haben will, um seine Ehefrau, die Zeugin L., einsteigen zu lassen, hat den Einfahrvorgang nicht been...