Verfahrensgang
LG Bonn (Entscheidung vom 22.10.1999; Aktenzeichen 10 O 141/98) |
Gründe
Die in formeller Hinsicht unbedenkliche Berufung der Klägerin ist in der Sache nicht begründet.
Der Klägerin stehen aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Hausratversicherungsvertrag Versicherungsleistungen gemäß §§ 1, 49 VVG nicht zu, weil die Beklagte gegen Verletzung der die Klägerin treffenden Obliegenheit, bei Eintritt eines Versicherungsfalles unverzüglich der zuständigen Polizeidienststelle ein Verzeichnis der abhanden gekommenen Sachen einzureichen (§ 21 Nr. 1 c, Nr. 3 VHB 92 i.V.m. § 6 Abs. 3 VVG) von einer etwaig bestehenden Leistungspflicht frei geworden ist.
Die Klägerin hat die sog. Stehlgutliste der zuständigen Polizeidienststelle nicht unverzüglich vorgelegt. Unverzüglich heisst nach der auch im Versicherungsvertragsrecht geltenden Legaldefinition des § 121 Abs. 2 BGB "ohne schuldhaftes Zögern". Der Einbruchdiebstahl wurde am 12.01.1996 entdeckt, an diesem Tag erfuhr auch die Klägerin - aus dem Urlaub zurückgekehrt - hiervon. Die Stehlgutliste fertigte sie und übermittelte sie der Polizei am 06.02.1996, ausweislich des Posteingangsstempels der Polizei ging sie dort am 07.02.1996 ein. Die dreieinhalb wöchige Dauer zwischen Kenntnis der Klägerin vom Eintritt des Schadensfalls bis zur Vorlage der Stehlgutliste bei der Polizei ist nicht als unverzüglich im Sinne des § 21 Nr. 1 c VHB 92 anzusehen. Der Klägerin konnte hierzu nur eine Frist von wenigen Tagen eingeräumt werden. Die dem Geschädigten einzuräumende Frist zur Erstellung einer Stehlgutliste ist danach zu bemessen, wieviel Zeit er benötigt, um sie anzufertigen (vgl. OLG Frankfurt, NJW-RR 1993, 860 (861)). Innerhalb einer Frist von wenigen Tagen wäre die Klägerin in der Lage gewesen, die Stehlgutliste bei unverzüglicher Bearbeitung zu erstellen. Nur die Vorlage einer Stehlgutliste innerhalb kurzer Zeit erfüllt den Zweck der Obliegenheit des § 21 Nr. 1 c VHB 92, zum einen der Polizei eine Erfolg versprechende Fahndung nach den entwendeten Gegenständen zu ermöglichen, um den von dem Versicherer gegebenenfalls auszugleichenden Schaden zu vermindern und zum anderen, auch den Versicherungsnehmer zu veranlassen, den eingetretenen Schaden zeitnah zu ermitteln und sich insoweit frühzeitig festzulegen, um die Hemmschwelle für vorgetäuschte Schäden und nachträgliche Aufbauschung des Schadens zu erhöhen und somit die Vertragsgefahr zu mindern (vgl. OLG Köln, NJW-RR 1996, 1055 (1056)).
Die objektiv gegebene Obliegenheitsverletzung führt im Streitfall zur Leistungsfreiheit der Beklagten.
Gemäß der Bestimmung des § 6 Abs. 3 VVG, auf die § 21 Nr. 3 VHB 92 verweist, tritt Leistungsfreiheit nicht ein, wenn die Obliegenheitsverletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht, was von dem Versicherungsnehmer darzulegen und zu beweisen ist (vgl. Prölss/Martin, VVG, 26. Auflage, § 6 Rn. 124). Die Klägerin hat nicht dargelegt bzw. den Beweis erbracht, dass die in Rede stehende Obliegenheitsverletzung nicht auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruht.
Soweit die Klägerin behauptet, der Zeuge K. habe sich in dem Telefonat am 12.01.1996 erboten, die Übersendung der Stehlgutliste an die Polizei zu gegebener Zeit zu übernehmen, hat sie die Richtigkeit dieser Behauptung nicht zu beweisen vermocht. Dass der Zeuge K. bei dem Telefonat vom 12.01.1996 solches gegenüber der Klägerin geäußert habe, hat weder der Zeuge R., der das Telefonat mitgehört haben will, noch der Zeuge K. bestätigt.
Die Klägerin hat auch nicht zu beweisen vermocht, dass der Zeuge K. ihr bei dem Telefonat vom 12.01.1996 erklärt habe, die Erstellung der Stehlgutliste habe Zeit bis zu dem vereinbarten Besichtigungstermin vom 06.02.1996. Dies hat zwar der Zeuge R. bei seiner Vernehmung im Wege der Rechtshilfe durch seine Aussage bestätigt. Seine Aussage ist jedoch nicht glaubhaft, abgesehen davon, dass ihr die Aussage des Zeugen K. entgegensteht. Der maßgebliche Inhalt der protokollierten Aussage des Zeugen R. ist in sich nicht folgerichtig und widerspricht jeder Lebenserfahrung. Es ist nicht nachzuvollziehen, dass - nach der Bekundung des Zeugen R. - der Zeuge K. als in Versicherungsangelegenheiten kundiger Schadenregulierer der Beklagten - wider besseres Wissen - geäußert haben soll, die Erstellung der Stehlgutliste habe Zeit bis zu dem vereinbarten Termin am 06.02.1996, um bei diesem Termin zu monieren, dass die Klägerin noch keine Stehlgutliste erstellt habe. Hinzu kommt - darauf sei am Rande hingewiesen - dass der Zeuge R. nicht erklärt hat, wie es dazu kam, dass er das Telefonat mitgehört haben will. Es handelte sich bei der Schadensanzeige um kein bedeutendes Telefonat, bei dem ein Mithören nahegelegen hätte. Zudem wusste der Zeuge nicht anzugeben, wer von beiden, die Klägerin oder er, den Zeugen K. nach dem erforderlichen Zeitpunkt der Erstellung der Stehlgutliste gefragt habe.
Die Aussage des Zeugen K. hingegen ist glaubhaft. Es leuchtet ohne weiteres ein, dass der Zeuge K. es ausgeschlossen hat...