Normenkette

BDSG § 29; BGB § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1; TMG 991; TMG 2

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 28 O 418/16)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 1.2.2017 (28 O 418/16) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 1) zu 7/11 und der Kläger zu 2) zu 4/11.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Kläger nehmen die Beklagten auf Unterlassung der Anzeige von zwei Treffern (URL) in Ergebnislisten in Anspruch, welche die Suchmaschine www.H.de dem Nutzer bei einer Suche nach dem Namen des Klägers zu 2) bzw. nach Teilen der Firmenbezeichnung der Klägerin zu 1) übermittelt (Antrag zu 1)). Weiter verlangt die Klägerin zu 1) Unterlassung im Hinblick auf eine Vervollständigung des Suchbegriffes "J AG" mit dem Begriff "T" im Rahmen der sog. autocomplete-Funktion (Antrag zu 2)) und Unterlassung dahingehend, dass nach Eingabe der Suchbegriffe "J" bzw. "J AG" bestimmte Begriffe im Rahmen der sog. verwandten Suchanfragen angezeigt werden (Antrag zu 3)). Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrages der Parteien sowie der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 333 ff. d.A.) Bezug genommen.

Mit Urteil vom 1.2.2017 hat das Landgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, gegen die Beklagte zu 2) bestehe kein Anspruch, weil diese nicht Betreiberin der Suchmaschine sei. Auch gegen die Beklagte zu 1) bestehe weder wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung noch wegen Verstoßes gegen datenschutzrechtliche Vorschriften ein Unterlassungsanspruch nach dem Antrag zu 1). Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiege das Interesse der Kläger, nicht mehr mit dem seinerzeit gegen sie geführten Ermittlungsverfahren in Verbindung gebracht zu werden. Die von der Beklagten zu 1) nachgewiesenen Artikel enthielten keine Verdachtsberichterstattungen, sondern die Mitteilung wahrer Tatsachen aus der Sozialsphäre bzw. der unternehmerischen Tätigkeit und bewirkten weder eine Stigmatisierung der Kläger noch eine übermäßige Beeinträchtigung. Das sog. Recht auf Vergessenwerden, dessen Anwendung auf die Klägerin zu 1) als juristischer Person bereits fraglich sei, sei ebenfalls nicht einschlägig. Im Rahmen der Abwägung sei insoweit zu berücksichtigen, dass die berichteten Ereignisse erst sieben Jahre zurücklägen und mangels Mitteilung privater Details nicht die Privatsphäre der Kläger betroffen sei. Der Nutzer habe weiterhin ein berechtigtes Interesse daran zu erfahren, dass im wirtschaftlichen Konkurrenzkampf Unternehmen wie die Klägerin zu 1) nicht davor gefeit seien, aufgrund haltloser Anzeigen von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen betroffen zu werden.

Die von der Klägerin zu 1) gestellten Anträge zu 2) und 3) seien ebenfalls unbegründet. Zwar könne nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof zur automatischen Suchwortergänzung ("autocomplete"), welche entsprechend auf die sog. verwandten Suchanfragen anzuwenden sei, ein Unterlassungsanspruch gegen den Suchmaschinenbetreiber bestehen. Vorliegend fehle es jedoch an einem unwahren Aussagegehalt der angegriffenen Suchwortergänzungen bzw. der verwandten Suchanfragen, die die Klägerin zu 1) in eine Verbindung mit dem Begriffen "T" bzw. "T2" brächten. Denn soweit der Nutzer von der Suchwortergänzung einen inhaltlichen Bezug zu dem eingegebenen Suchbegriff erwarte, sei ein solcher sachlicher Zusammenhang zwischen der Klägerin zu 1) und den beanstandeten Begriffen auch tatsächlich gegeben. Vor dem Hintergrund des im Jahre 2009 geführten Ermittlungsverfahrens sei der Rückschluss des Nutzers, die Klägerin zu 1) habe es "mit der Staatsanwaltschaft zu tun gehabt", nicht unwahr. Eine weitergehende Aussage des Inhalts, die Klägerin zu 1) sei aktuell von einem Ermittlungsverfahren betroffen bzw. werde von der Staatsanwaltschaft verfolgt, lasse sich weder der automatischen Suchwortergänzung noch den verwandten Suchanfragen entnehmen. Der Durchschnittsrezipient entnehme den Vorschlägen der Beklagten zu 1) nicht, dass mit ihnen eine Aussage über die Aktualität des sachlichen Zusammenhangs getroffen werde. Er entnehme den Vorschlägen auch nicht, worin konkret der Zusammenhang zwischen den jeweiligen Begriffen bestehen solle. Schließlich komme auch ein Unterlassungsanspruch aus dem Gesichtspunkt einer mehrdeutigen Äußerung nicht in Betracht. Denn wenn der Rezipient den Vorschlägen nur die Aussage über den Zusammenhang als solche entnehme, scheide die Annahme einer Mehrdeutigkeit aus.

Mit der Berufung verfolgen die Kläger ihre erstinstanzlichen Anträge in vollem Umfang weiter. Sie machen geltend, das Landgericht habe verkannt, dass es sich nicht um einen klassischen äußerungsrechtlichen Fall im Sinne einer tagesaktuellen Berichterstattung oder um einem Bericht im Online-Archiv eines Presseorgans handele, sondern datenschutzrechtliche Besonder...

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