Entscheidungsstichwort (Thema)
Erwerb eines vom Abgasskandal betroffenen Neufahrzeugs: Deliktische Haftung des Fahrzeugherstellers bei Einbau eines zugekauften Dieselmotors
Leitsatz (amtlich)
Hat der Automobilhersteller den Dieselmotor nicht selbst entwickelt und hergestellt, sondern diesen in Gänze vom Hersteller bezogen und in seine Fahrzeuge lediglich eingebaut und liegt der Kauf und die Übergabe des Neufahrzeugs (hier: Anfang 2014) deutlich vor dem Bekanntwerden der Diesel-Problematik bei den Fahrzeugen des Herstellers (hier: September 2015), so ist eine arglistige Täuschung des Fahrzeugkäufers durch den Hersteller im Kaufzeitpunkt nicht gegeben. (Rn. 41) (Rn. 42) (Rn. 44) (Rn. 45)
Normenkette
BGB § 826
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 04.09.2019; Aktenzeichen 17 O 333/16) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 04.09.2019 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 17 O 333/16 - abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden dem Kläger auferlegt.
Dieses Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die gegen ihn gerichtete Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des insgesamt zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagtenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche des Klägers, dessen Fahrzeug Porsche Macan S Diesel vom sogenannten "Abgas-Skandal" betroffen ist.
Der Kläger verlangt Rückzahlung des Kaufpreises von ... nebst Zinsen sowie von ... für einen Satz Reifen und ... Inspektionskosten sowie ... Materialkosten Zug um Zug gegen Rückgabe des am 16.01.2014 als Neufahrzeug gekauften, am 01.10.2014 ausgelieferten Pkw Porsche Macan (verbindliche Bestellung Bl. 21 d.A.) mit Berücksichtigung einer Nutzungsentschädigung, ferner die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
Er hatte ursprünglich allein die frühere Beklagte zu 1., die ..., später auch die Beklagte zu 2., die ..., in Anspruch genommen.
Vorgerichtlich hat er mit Schreiben vom 24.10.2016 gegenüber der Beklagten zu 1. den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt und die Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung und zuzüglich Wartungskosten sowie die Erstattung der Rechtsanwaltskosten Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs verlangt.
Der Kläger hat im ersten Rechtszug beantragt,
...
Die Beklagten haben im ersten Rechtszug beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten haben im Wesentlichen vorgetragen, es liege weder eine Täuschung noch eine Schädigung des Klägers und auch kein Mangel an dem Pkw vor. Das Fahrzeug sei technisch sicher und uneingeschränkt gebrauchstauglich.
Die Beklagte zu 1. hat die Einrede der Verjährung erhoben.
Wegen des Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug im Übrigen wird auf die Darstellung im angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage gegen die Beklagte zu 1. abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, ein wirksamer Rücktritt liege nicht vor, weil bei Erklärung des Rücktritts etwaige Ansprüche verjährt gewesen seien. Es bestehe kein Anhaltspunkt dafür, dass die Beklagte zu 1. als Verkäuferin gewusst habe oder habe wissen müssen, dass eine arglistige Täuschung seitens der Beklagten zu 2. vorliege.
Die Beklagte zu 2. hat es antragsgemäß verurteilt mit der Begründung, aufgrund einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung sei sie dem Kläger zum Schadensersatz verpflichtet, u.a., da sie "die von ihr hergestellten Dieselmotoren des Typs EA 189 mit einer manipulierten Software versah und in die von ihr selbst hergestellten Fahrzeuge einbaute ...". Sodann folgen eingefügte Ausführungen des OLG Köln im Beschluss vom 03.01.2019, 18 U 70/18. Dem schließe sich die Kammer an und nichts anderes könne auch für den hier fraglichen Motor ... gelten. Bei lebensnaher Betrachtung sei davon auszugehen, dass insoweit keine anderen Entwicklungsprozesse durchgeführt worden seien; auch bezüglich dieses Motors liege ein verpflichtender Rückruf des KBA vor. Hierdurch habe der Kläger einen Schaden erlitten, der auch nicht durch das aufgespielte Update entfallen sei. Anschließend folgen weitere eingefügte Ausführungen aus dem o.g. Urteil des OLG Köln.
Von dem durch die Beklagte zu 2. zu leistenden Schadensersatz hat das Landgericht eine Nutzungsentschädigung auf der Grundlage einer Gesamtlaufleistung von 300.000 km abgezogen. Ferner hat es die Erstattung der weiteren Kosten (Winterreifen und Radschrauben) zuerkannt, nicht hingegen die Inspektionskosten, da diese auch bei einem mangelfreien Fahrzeug aufgewandt worden wären.
Zinsen hat es ab Rechtshängigkeit zuerkannt und den Annahmeverzug der Beklagten festgestellt.
Rechtsanwaltskosten hat es nicht zuerkannt, da der Kläger nicht schlüssig vorgetragen habe, einen Auftrag zur vorgerichtlichen Durchsetzung von Ansprüchen (auch) gegen ...