Entscheidungsstichwort (Thema)
Vaterschaftsanfechtungsklage
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Anfechtungsfrist gem. § 1600 b BGB läuft für die Vaterschaftsanfechtungsklage des minderjährigen Kindes bei gemeinsamer Sorge der Eltern nach der Scheidung erst ab Bestellung eines Ergänzungspflegers, der das Kind im Rechtsstreit gegen den Vater vertreten kann.
2. Bei Anfechtung der Vaterschaft durch einen gesetzlichen Vertreter des Kindes – dazu gehört auch der Ergänzungspfleger – muss gem. § 1600 a Abs. 4 BGB positiv festgestellt werden, dass dies dem Wohl des Kindes dient. Zweifel gehen zu Lasten des Anfechtenden.
Normenkette
BGB § 1600a Abs. 4, § 1600b
Verfahrensgang
AG Köln (Urteil vom 09.09.1999; Aktenzeichen 304 F 281/98) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Köln vom 9.9.1999 (304 F 281/98) abgeändert und die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger wurde am 27.12.1986 als eheliches Kind des Beklagten und seiner Mutter geboren. Unstreitig wußten Vater und Mutter von Anfang an, daß der Kläger nicht vom Beklagten abstammte. Durch Urteil des Amtsgerichts Köln vom 27.5.1991 wurde die Ehe der Eltern geschieden. Das Sorgerecht für den Kläger und seinen älteren Bruder Kim wurde den Eltern gemeinsam übertragen. Die Kinder wuchsen im Haushalt der Mutter auf, die wiederverheiratet ist und aus der zweiten Ehe zwei weitere Kinder hat. Auch der Beklagte ist wiederverheiratet und hat ein Kind aus zweiter Ehe.
Durch Beschluß des Amtsgerichts Köln vom 28.12.1998 wurde für den Kläger Ergänzungspflegschaft durch das Jugendamt Köln für die Vertretung im Vaterschaftsanfechtungsverfahren angeordnet, die am 15.3.2000 wieder aufgehoben worden ist, da das Kind nunmehr anwaltlich vertreten sei.
Am 13.10.1998 war der PKH-Antrag für eine Klage auf Vaterschaftsanfechtung eingegangen. Mit der Klage ist vorgetragen worden, daß der Kläger den Umgang mit dem Beklagten nicht mehr fortsetzen möchte, der aber darauf bestehe. Der Kläger habe den Wunsch, vom zweiten Ehemann der Mutter adoptiert zu werden. Die Frist für die Anfechtung durch das Kind sei wegen § 206 BGB nicht abgelaufen, da die Mutter bei gemeinsamem Sorgerecht auch nach der Scheidung an der Vertretung des Kindes gehindert gewesen sei.
Durch das angefochtene Urteil hat das Amtsgericht festgestellt, daß der Beklagte nicht der Vater des Klägers ist. Es hat die Auffassung vertreten, die Anfechtungsfrist sei gewahrt und die Feststellung entspreche dem Kindeswohl.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des Beklagten, der sich insbesondere auf den Ablauf der Anfechtungsfrist und darauf beruft, daß es in erster Linie der Wunsch der Mutter des Klägers sei, die Vaterschaft anzufechten. Es bestehe ein jahrelanges Vertrauensverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten und es entspreche nicht dem Wohl des Kindes, die Vaterschaft anzufechten.
Im Termin vom 20.3.2000 hat der Senat den Kläger, den Vertreter des Jugendamts, den Beklagten, die Mutter des Klägers und die jeweiligen Ehepartner persönlich angehört.
Wegen aller weiterer Einzelheiten wird auf den gesamten vorgetragenen Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist auch in der Sache begründet. Zwar ist auch nach Auffassung des Senats die Anfechtungsfrist gewahrt, es läßt sich aber nicht feststellen, daß die Anfechtung dem Wohl des Kindes dient.
1)
Die Anfechtungsfrist für die Vaterschaftsanfechtungsklage des minderjährigen Kindes beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem sein gesetzlicher Vertreter von den Umständen erfährt, die gegen die Vaterschaft sprechen (§ 1600 b I, II BGB; dazu OLG Frankfurt DAVorm 1996, 901). Das Kind kann nach Eintritt der Volljährigkeit dann unabhängig davon gem. § 1600b III BGB (mit neuem Fristlauf) selbst anfechten.
Für die Anfechtungsfrist bei der Klage des minderjährigen Kindes kommt es auf die Kenntnis desjenigen gesetzlichen Vertreters an, der befugt ist, das Kind im Vaterschaftsanfechtungsprozeß rechtswirksam zu vertreten. Die Frist beginnt daher erst zu dem Zeitpunkt, in dem die Vertretungsbefugnis hergestellt wird (Palandt/Diederichsen, BGB, 59. Aufl. (2000), § 1600b Rn. 5). Solange die Eltern bei bestehender Ehe noch das gemeinsame Sorgerecht haben, kann nicht ein Elternteil allein das Kind rechtswirksam vertreten, sondern erst mit der Rechtskraft einer Regelung, die einem Elternteil das alleinige Sorgerecht überträgt, beginnt die der Lauf der Frist für die Vaterschaftsanfechtung (OLG Frankfurt DAVorm 1996, 901; OLG Dresden ZfJ 1997, 387; OLG Bamberg FamRZ 1992, 220).
In allen Fällen, in denen die Eltern nach der Rechtskraft der Scheidung das gemeinsame Sorgerecht behalten, beginnt die Frist daher erst mit der Bestellung eines Ergänzungspflegers für die Anfechtungsklage. Im Streitfall haben die Eltern auch nach der Rechtskraft der Scheidung das gemeinsame Sorgerecht behalten, so daß die Frist für die Vaterschaftsanfe...