Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 30 O 298/14) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 26.11.2015 (30 O 298/14) abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Nebenintervenienten trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte und die Nebenintervenienten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt als Zweitbegünstige eines unter dem 7.9.2009 von der algerischen C (im Folgenden C) eröffneten unwiderruflichen Dokumentenakkreditivs über 3.585.000 EUR von der Beklagten als bestätigender Bank die Auszahlung der auf sie übertragenen Akkreditivsumme von 3.050.000 EUR. Die Beklagte hat die Dokumente als akkreditivgerecht aufgenommen und am 10. Januar 2011 an die C weitergeleitet. Der Eröffnung des Akkreditivs lag ursprünglich eine Vereinbarung der algerischen Gesellschaft U mit der H Handelsgesellschaft (Nebenintervenientin der Beklagten; im Folgenden H) über die Lieferung einer Altölaufbereitungsanlage nach Algerien zugrunde. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass die H selbst nicht in der Lage war, ihre Herstellungs- und Lieferverpflichtung zu erfüllen, vereinbarte sie im März 2010 mit der Klägerin, dass diese die Anlage im eigenen Namen herstellen lässt und an die H veräußert. Mit der Herstellung des Kaufgegenstands beauftragte die Klägerin sodann die N in I, die wiederum die weitere Nebenintervenientin, die H2 Spedition (im Folgenden H2), mit dem Transport der Ware nach Oran in Algerien beauftragte. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Anlage nicht in Algerien angeliefert worden ist.
Die Klägerin hat sich auf die Abstraktheit des Akkreditivs berufen und die Beklagte zur Zahlung für verpflichtet gehalten, nachdem sie die Akkreditivdokumente vorbehaltlos angenommen habe. Die Voraussetzungen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens seien weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht gegeben. Tatsächlich habe sie, die Klägerin, davon ausgehen müssen, dass der bei der Geltendmachung des Akkreditivs erforderliche "clean-on-board" - Vermerk im Konnossement inhaltlich zutreffend gewesen sei. Die Beklagte hat zum einen die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten und hält - zum anderen - ihre Inanspruchnahme in der Sache für rechtsmissbräuchlich, da die nach dem Akkreditiv erforderliche Voraussetzung, nämlich die Verladung auf das im Konnossement angegebene Schiff, für alle Beteiligten klar erkennbar nicht vorgelegen hätten.
Das Landgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 26.11.2015 - in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom gleichen Tage -, auf das wegen der Einzelheiten der Feststellungen zum erstinstanzlichen Parteivortrag, der in erster Instanz gestellten Anträge und der Entscheidungsgründe Bezug genommen wird (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), dem erstinstanzlichen Antrag der Klägerin entsprechend verurteilt. Die Rüge mangelnder Aktivlegitimation sei nicht begründet. An der Stellung der Klägerin als Akkreditivbegünstigte im Sinne von Art. 2 ERA ändere sich nichts dadurch, dass die Dokumente der Beklagten durch eine von der Klägerin beauftragte Bank vorgelegt worden seien. In der Sache stehe der Klägerin aus dem Dokumentenakkreditiv ein Zahlungsanspruch in Höhe von 3.050.000 EUR zu, nachdem der Beklagten die Dokumente in akkreditivkonformer Form innerhalb der Verfallfrist vorgelegt worden seien. Die Beklagte könne dem Zahlungsanspruch den Einwand des Rechtsmissbrauchs wegen unzulässiger Rechtsausübung nicht mit Erfolg entgegenhalten. Es sei weder offensichtlich noch liquide beweisbar, dass sich die Inanspruchnahme des Akkreditivs trotz Vorliegens der formellen Voraussetzungen als unzulässige Rechtsausübung darstelle. Insbesondere sei die Unrichtigkeit des "clean-on-Board"-Vermerks weder offenkundig noch liquide beweisbar.
Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer zulässigen Berufung. Sie ist der Auffassung, das angefochtene Urteil leide unter formellen und materiellen Rechtsverletzungen. Das Landgericht habe schon die Aktivlegitimation der Klägerin zu Unrecht angenommen, denn aufgrund der Einschaltung der L L2 als Einreicherin, die Zahlung an sich verlangt habe, könne eine Auszahlung nach Art. 2 ERA 600 nur an diese erfolgen. Es entspreche den Grundsätzen des Dokumentenakkreditivs, dass dann, wenn eine Dokumentenvorlage über eine Kette von mehreren Banken erfolge, jede Bank aus eigenem Recht in eigenem Namen handele und deshalb als Einreicherin anzusehen sei. Zudem habe das Landgericht - obgleich es die Anforderungen an den Einwand der rechtsmissbräuchlichen Ausnutzung einer formellen Rechtsposition zutreffend definiert habe - die Rechtslage auch in der Sache fehlerhaft beurteilt. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtsmissbräuchlichkeit sei der Schluss der mündlichen ...