rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Handels- und Gesellschaftsrecht. Fristlose Kündigung eines Agenturvertrages
Leitsatz (amtlich)
Hat der Handelsvertreter durch sein Verhalten die Vertrauensgrundlage für das Vertragsverhältnis schwer und nachhaltig erschüttert, ist eine fristlose Kündigung des Vertragsverhältnisses ohne vorherige Abmahnung jedenfalls dann wirksam, wenn die Störung des Vertrauensverhältnisses so gravierend ist, dass eine Billigung des Verhaltens offensichtlich ausgeschlossen ist, bzw. die Vertrauensbasis so erschüttert ist, dass sie durch eine Abmahnung nicht wieder hergestellt werden kann.
Normenkette
HGB § 89b Abs. 3 S. 2, § 89a
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 85 O 34/99) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 18.1.2000 verkündete Schluss-Urteil des Landgerichts Köln – 85 O 34/99 – wird als unbegründet zurückgewiesen, soweit sie gegen die Abweisung der Zahlungsklage gerichtet ist, und als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen die Verurteilung auf die Widerklage richtet.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 63.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Beiden Parteien bleibt vorbehalten, die jeweils zu leistende Sicherheit durch selbstschuldnerische Bürgschaft eines als Zoll- und Steuerbürgen zugelassenen Kreditinstituts zu erbringen.
Tatbestand
Die Klägerin vermittelte für die Beklagte auf der Grundlage verschiedener Agenturverträge Bausparverträge. Nach fristloser Kündigung der Agenturverträge durch die Beklagte vom 26.10.1998 verlangte die Klägerin die Zahlung eines Ausgleichs nach § 89 b HGB. Die Klägerin hat die fristlose Kündigung für unwirksam gehalten.
Der Kündigung zugrunde lag eine Werbeaktion der Klägerin, in der diese sich unter fettgedruckter Herausstellung ihrer Partnerschaft zur Beklagten schriftlich an Bausparkunden gewandt und diesen vorgespiegelt hatte, sie hätten im Rahmen einer Verlosung unter nahezu 10.000 Kunden ein Haus bzw. eine Wohnung mit Blick aufs Meer an einem der schönsten Strände der Türkei gewonnen, wobei die Bausparer aufgefordert wurden, sich kurzfristig bei der Klägerin zu melden, um zu vermeiden, dass die Immobilie einem anderen glücklichen Gewinner überlassen werde. Nachdem sich mit Schreiben vom 20.10.1998 einer der angeschriebenen Bausparer an die Beklagte gewandt und angefragt hatte, wann und wie er sein Bauland in der Türkei in Besitz nehmen könne, sprach die Beklagte die fristlose Kündigung aus.
Die Klägerin hatte zunächst beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft über die zur Agentur-Nr. 3970000000, 7777004500, 7777008180 und 1111007102 in der Zeit vom 01.01.1995 bis zum 30.10.1998 vermittelten Verträge durch Zuleitung eines buchmäßigen Auszuges aller provisionspflichtigen Geschäfte zu erteilen.
Nachdem die Beklagte im Verlauf des Rechtsstreits erster Instanz innerhalb der Spruchfrist die Auskunft erteilt hat, hat das Landgericht die mündliche Verhandlung wiedereröffnet und die Klägerin hat sodann beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 55.566,00 DM nebst 10,25 % Zinsen seit dem 10.3.1999 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Im Wege der Widerklage hat die Beklagte, gestützt auf ein von der Klägerin per 31.1.1998 abgegebenes und von der Beklagten für die Folgezeit fortgeschriebenes Debetsaldenanerkenntnis die Zahlung eines aus der Geschäftsverbindung resultierenden Sollsaldos geltend gemacht. Insoweit hat die Beklagte beantragt,
die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 52.494,11 DM nebst 8 % Zinsen seit dem 1.11.1998 zu zahlen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Sie hat sich u.a. im Wege der Anfechtung gegen die Wirksamkeit des von ihr abgegebenen Schuldanerkenntnisses gewandt und Einwendungen gegen die Höhe der Widerklageforderung erhoben.
Durch Urteil vom 18.1.2000, auf dessen Inhalt wegen sämtlicher Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Landgericht den von der Klägerin geltend gemachten Ausgleichsanspruch gem. § 89 b Abs. 3 S. 2 HGB für ausgeschlossen erklärt und die Klage abgewiesen. Auf die Widerklage, die es im wesentlichen für begründet erachtet hat, hat es die Klägerin zur Zahlung von 44.630,79 DM an die Beklagte verurteilt und mangels Bestehens eines zur Aufrechnung geeigneten Schadensersatzanspruchs die von der Klägerin erklärte Hilfsaufrechnung für unbegründet gehalten.
Gegen dieses ihr am 1.2.2000 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit am 1.3.2000 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt, die sie nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 1.5.2000 mit am 2.5.2000 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet hat.
Die Klägerin vertieft und wiederholt ihr Vorbringen zur Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung des Handelsvertretervertrages und zum Bestehen eines Ausgleichsanspruchs. Die Berechtigung der Widerklagefor...