Leitsatz (amtlich)
›In der Erklärung des Gebrauchtwagenverkäufers, ein Fahrzeug sei nicht als Fahrschulwagen eingesetzt worden, kann die Zusicherung einer Eigenschaft liegen. Die Einschränkung "lt. Vorbesitzer" spricht gegen eine Zusicherung (Abgrenzung zu BGH, NJW 1998, 2207).
Die Eigenschaft als Fahrschulwagen ist jedenfalls bei mehrjährigem Einsatz ein Fehler im Sinne von § 459 BGB.
Gibt ein Gebrauchtwagenverkäufer in einem Kaufvertragsformular Erklärungen über die Nutzung des Fahrzeugs als Taxi, Miet- oder Fahrschulwagen ab, dann muß er dem Käufer alle Umstände bekanntgeben, die für die Kaufentscheidung erkennbar von Bedeutung sein können. Ist das Fahrzeug zwar nach den Angaben des Vorbesitzers nicht gewerblich genutzt worden, ist es aber nach Kenntnis des Verkäufers "über eine Fahrschule gelaufen" und hat auch fahrschultypische Doppelpedale gehabt, dann muß er dies dem Käufer offenbaren.
Legt der Gebrauchtwagenverkäufer für die Kaufentschließung wesentliche Umstände bewußt nicht offen, dann muß er sich behandeln lassen, als hätte sie einen Fehler arglistig verschwiegen.‹
Gründe
Die zulässige Berufung der Beklagten ist nur wegen der Stellplatzgebühren begründet; im übrigen hatte sie keinen Erfolg. Die Beklagte ist dem Kläger nach § 463 S. 2 BGB zum Schadensersatz verpflichtet. Daher kann der Kläger ihr den gekauften Pkw zur Verfügung stellen und Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Kaufvertrages verlangen. Dazu gehört die Erstattung des Kaufpreises bzw. die Freistellung von Zahlungsverpflichtungen gegenüber der kreditierenden Bank sowie der Vertragskosten (Palandt/Putzo, BGB 57. Aufl., § 463 Rn. 19 mit Nachw. a. d. Rspr.).
Das Landgericht hat die Beklagte nach § 463 S. 1 BGB verurteilt, weil dem vom Kläger bei ihr gekauften Pkw Audi 80 1.9 TDI eine zugesicherte Eigenschaft gefehlt habe: Entgegen den Angaben der Beklagten im Kaufvertrag habe der Vorbesitzer, nämlich der der Beklagten in erster Instanz als Streithelfer beigetretene Zeuge Blass, das Fahrzeug gewerblich in seiner Fahrschule genutzt. Darauf, daß die Zusicherung nur "lt. Vorbesitzer" erfolgt sei, könne die Beklagte sich nicht berufen, weil sie konkrete Anhaltspunkte für das Fehlen der Eigenschaft gehabt habe.
Dieser Begründung des Landgerichts folgt der Senat nicht, wohl aber tritt er dem angefochtenen Urteil im Ergebnis bei.Grundsätzlich kann die Erklärung, ein Fahrzeug sei nicht als Fahrschulwagen genutzt worden, als Zusicherung einer Eigenschaft gewertet werden (Reinking/Eggert, Der Autokauf 6. Aufl., Rn. 1800 m. Nachw.). Die Einschränkung "lt. Vorbesitzer" (die nach dem bestrittenen Vortrag des Klägers bei den mündlichen Verkaufsverhandlungen nicht gemacht worden sein soll) spricht aber gegen eine Zusicherung (aaO., Rn. 1658). Der vom Kläger in der Berufungserwiderung ins Feld geführten BGH-Entscheidung NJW 1998, 2207 lag ein Fall zugrunde, in dem das vom Verkäufer benutzte Formular widersprüchlich war, nämlich einerseits ausdrücklich von Zusicherung sprach, andererseits aber auf die Angaben des Vorbesitzers Bezug nahm. Hier hat der BGH den Verkäufer an der Zusicherung festgehalten. Einen solchen Widerspruch enthält das hier verwendete Formular nicht.
Nimmt man demgemäß nach dem vorliegenden Vertrag an, daß die Beklagte keine Eigenschaft zugesichert hat, dann ist sie dem Kläger dennoch schadensersatzpflichtig, wenn sie einen Fehler des Fahrzeugs arglistig verschwiegen hat (§ 463 S. 2 BGB). Die Eigenschaft als Fahrschulwagen ist jedenfalls im Falle eines mehrjährigen Einsatzes als Fehler im Sinne von § 459 BGB angesehen worden (Reinking/Eggert, aaO., Rn. 1610; Palandt/Putzo, BGB 57. Aufl., § 459 Rn. 27; beide m. Nachw.). Bei nur verhältnismäßig geringem Einsatz kann das zweifelhaft sein (vgl. Reinking/Eggert, aaO., Rn. 1609). Ob und in welchem Umfang der dem Kläger verkaufte Pkw als Fahrschulwagen eingesetzt worden ist, kann indessen offen bleiben. Jedenfalls war der Beklagten, wie sie schon in der Klageerwiderung eingeräumt hat, bekannt, "daß dieser Pkw über die Fahrschule Günter B. & Michael H. ... gelaufen ist." Es spricht nichts dafür und wird auch von der Beklagten nicht behauptet, daß auch ihrem Verkäufer P. nicht jedenfalls diese Tatsache bekannt war, unabhängig davon, wie weit er über technische Einzelheiten, etwa die vor dem Verkauf an den Kläger ausgebauten Doppelpedale, unterrichtet war. Im übrigen kann sie sich auf die Unkenntnis ihres Verkäufers nicht berufen, den sie über alle verkaufswesentlichen Umstände in Bezug auf die von ihr gehandelten Fahrzeuge ins Bild setzen muß. Das gilt auch für die Fahrschul-Doppelpedale, die unstreitig erst nach Übernahme des Fahrzeugs von dem Zeugen B. und vor seinem Weiterverkauf an den Kläger bei der Beklagten ausgebaut wurden. Unter diesen Umständen war die Beklagte, wenn sie überhaupt in dem Bestellformular Erklärungen über die Nutzung des Fahrzeugs als Taxi-, Miet- oder Fahrschulwagen abgab, verpflichtet, alles bekanntzugeben, was in diesem Zusammenhang für die Kaufentscheidung erkennbar von Be...