Leitsatz (amtlich)

1. Verkauft ein Autohaus ein Fahrzeug, das es selbst unbesehen von einer Jahreswagenvermittlung angekauft hat, und verzichtet auch der Käufer auf eine Besichtigung des Fahrzeuges, weil dieses erst nach Abschluss des Kaufvertrages an das Autohaus geliefert wird, kommt ein Schadensersatzanspruch wegen arglistigen Verschweigens von unfallbedingten Mängeln jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn das Autohaus bei Abschluss des Kaufvertrages keine Anhaltspunkte für Unfallschäden hatte.

2. Die bloße Bezeichnung eines Fahrzeuges als Jahreswagen umfasst nicht die stillschweigende Zusicherung von Unfall- oder Mängelfreiheit.

3. Dem Käufer kann ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB ggü. dem Erstverkäufer zustehen, der den Mangel beim Verkauf nicht offenbart hat.

 

Normenkette

BGB a.F. §§ 433, 459, 463, 476, 826

 

Verfahrensgang

LG Duisburg (Aktenzeichen 6 O 380/00)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 23.1.2001 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des LG Duisburg wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten abwenden durch Sicherheitsleistung i.H.v. 10.000 DM = 5.112,92 Euro, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Streitwert für den Berufungsrechtszug und die Beschwer des Klägers betragen 64.639,39 DM.

 

Tatbestand

Der Kläger kaufte mit schriftlichem Kaufvertrag vom 15.5.1998 bei der Beklagten unter Ausschluss jeder Gewährleistung einen Pkw Audi A 6 als Jahreswagen zum Preis von 56.800 DM. Die Beklagte, eine Audivertragshändlerin und -vertragswerkstatt, bestellte am 18.5.1998 das Fahrzeug bei der Jahreswagenverkaufshilfe GmbH in G. Der Kaufvertrag enthält die Erklärung, dem Verkäufer seien keine Unfallschäden bekannt. Bei einem Werkstattbesuch erfuhr der Kläger, dass das Fahrzeug einen Unfall erlitten hatte. Er wandte sich deshalb an die Beklagte, welche ihrerseits bei der Jahreswagenverkaufshilfe in G. rückfragte. Diese wiederum bot zur Abgeltung aller Ansprüche wegen des neuen Seitenteils eine Kaufpreisminderung i.H.v. 500 DM an. Die Beklagte schrieb dem Kläger den Betrag gut, der dies widerspruchslos hinnahm.

Mit Schreiben vom 19.5.1999 forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung auf, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeuges Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises von 56.800 DM nebst den entstandenen Finanzierungskosten zu leisten, weil das Fahrzeug vor Vertragsabschluss einen erheblichen Heck- und Seitenschaden erlitten hatte.

Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe bei Vertragsschluss Kenntnis von den Unfallschäden gehabt, zumindest seien diese für sie als Fachunternehmen offensichtlich erkennbar gewesen. Er meint, die Beklagte sei auch verpflichtet gewesen, das Fahrzeug vor der Übergabe auf Unfallschäden zu untersuchen. Indem sie dies unterlassen habe und ihn, den Kläger, auch im Juni 1998 nicht über das wahre Maß der Unfallschäden aufgeklärt habe, habe sie sich schadensersatzpflichtig gemacht. Sein Schaden bestehe im Kaufpreis nebst Finanzierungskosten, Beschaffung von Sonderzubehör und Reparaturkosten.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 69.730,43 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 27.5.1999 zu zahlen Zug um Zug gegen Rückgabe des Pkw Audi A 6, letztes amtliches Kennzeichen …, Fahrzeugidentitätsnummer …;

2. festzustellen, dass die Beklagte sich mit Rücknahme des Pkw Audi A 6, letztes amtliches Kennzeichen …, Fahrzeugidentitätsnummer …, seit dem 27.5.1999 in Annahmeverzug befinde und verpflichtet sei, ihm seit diesem Zeitpunkt bis zur Rücknahme des Pkw entstandene Unterstellkosten zu erstatten.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat geltend gemacht, von Unfallvorschäden keine Kenntnis gehabt zu haben; das Fahrzeug habe sie vor Vertragsschluss nicht gesehen, vielmehr sei es erst nach der Bestellung vom 18.5.1998 auf das Firmengelände geliefert worden. Sie habe vor der Übergabe lediglich den Reifendruck, Kühlwasserstand und Ölstand überprüft; dabei seien keine Unfallschäden aufgefallen. Die Beklagte hat gemeint, der Kläger könne nach der Annahme des Minderungsbetrages von 500 DM keine weiteren Ansprüche mehr geltend machen.

Im selbstständigen Beweisverfahren 6 OH 24/99 ist ein Sachverständigengutachten über die vom Kläger behaupteten Mängel einschl. etwaiger Nachreparaturkosten sowie einer Wertminderung eingeholt worden.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Es hat zunächst ausgeführt, dem Kläger stünden keine Ansprüche aus §§ 463, 459, 433 BGB zu. Die Beklagte habe nicht dadurch, dass sie ihre Kenntnis von Unfallschäden verneinte, Unfallfreiheit zugesichert. Der Kläger habe aber auch nicht substantiiert dargelegt, dass die Beklagte die Unfallschäden arglistig verschwiegen habe. Es seien keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die Beklagte solche Schäden bei Vertragsabschluss für möglich gehalten habe. Daher sei die Angabe, von Unfallschäden keine Kenntnis zu haben, auch nicht „ins Blaue hinein” gemacht worden. Die Beklagte sei auch nicht na...

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