Leitsatz (amtlich)

1. Zu den Voraussetzungen, unter denen Eltern zur Finanzierung eines Hochschulstudiums verpflichtet sind, wenn das Kind nach bestandener Hochschulreife und abgeschlossener Ausbildung zur Gestaltungstechnischen Assistentin für Grafik-Design ein Pädagogikstudium mit Schwerpunkt Kunst (Lehramtsstudium Primarstufe) aufnimmt.

2. Zwischen der Ausbildung zur Gestaltungstechnischen Assistentin für Grafik-Design und einem Pädagogikstudium mit Schwerpunkt Kunst (Lehramtsstudium Primarstufe) besteht ein sachlicher Zusammenhang, sodass unterhaltsrechtlich von einem einheitlichen Ausbildungsgang gesprochen werden kann.

 

Normenkette

BGB §§ 1601, 1602 Abs. 1, §§ 1603, 1610 Abs. 2, §§ 1612, 1612b Abs. 3

 

Verfahrensgang

AG Rheinbach (Urteil vom 28.05.2002; Aktenzeichen 18 F 8/2002)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 28.5.2002 verkündete Urteil des AG – FamG – Rheinbach – 18 F 8/2002 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die zulässige – insb. frist- und formgerecht eingelegte – Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das FamG den Beklagten zur Zahlung von Kindesunterhalt i.H.v. 511,30 Euro seit Januar 2002 verurteilt.

Der Klägerin steht in der tenorierten Höhe gegen den Beklagten ein Unterhaltsanspruch gem. §§ 1601, 1602 Abs. 1, 1603, 1610 Abs. 2, 1612, 1612b Abs. 3 BGB zu.

Der Senat teilt nicht die Auffassung des Beklagten, dass eine Unterhaltsschuld des Beklagten deswegen entfallen ist, weil er der Klägerin bereits eine Berufsausbildung finanziert hat. Die Vorausbildung der Klägerin am Berufskolleg S. zur gestaltungstechnischen Assistentin für Grafik-Design ist Bestandteil einer einheitlichen Ausbildung der Klägerin, die mit der Aufnahme des Studiums der Pädagogik mit Schwerpunkt Kunst mit dem Studienabschluss erstes Staatsexamen ihre Fortsetzung gefunden hat, die der Beklagte im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit gem. § 1610 Abs. 2 BGB zu finanzieren hat. Mit Rücksicht darauf, dass Eltern ihren Kindern gem. § 1610 Abs. 2 BGB grundsätzlich nur eine – angemessene – Berufsausbildung zu gewähren haben, hat der BGH auch für den mehrstufigen Ausbildungsweg Abitur-Lehre-Studium neben dem zeitlichen Zusammenhang als Voraussetzung für den gebotenen engen sachlichen Zusammenhang gefordert, praktische Ausbildung und Studium müssten der selben Berufssparte angehören oder jedenfalls so zusammenhängen, dass das eine für das andere eine fachliche Ergänzung, Weiterführung oder Vertiefung bedeute oder dass die praktische Ausbildung eine sinnvolle Vorbereitung auf das Studium darstelle (vgl. BGH, Urt. v. 12.5.1993 – XII ZR 18/92, MDR 1993, 981 = FamRZ 1993, 1058 m.w.N.). Bei der von der Klägerin gewählten Berufsausbildung tritt der Gedanke der „sinnvollen Vorbereitung” des Kunststudiums in den Vordergrund, da die Klägerin von Anfang an vor hatte, Kunst zu studieren. Im Ergebnis kann nach Auffassung des Senates nicht zweifelhaft sein, dass ein enger sachlicher Zusammenhang zwischen der Ausbildung der Klägerin bei dem Berufskolleg S. zur gestaltungstechnischen Assistentin für Grafik-Design und dem aufgenommenen Pädagogikstudium besteht. Die Schwerpunkte beider Ausbildungsgänge sind dem künstlerischen Bereich zugeordnet. Dabei liegt der Schwerpunkt der Ausbildung der Klägerin am Berufskolleg S. mehr im handwerklichen Bereich, während das Pädagogikstudium mit Schwerpunkt Kunst (Lehramtsstudium, Primarstufe) stärker den kognitiven Bereich betrifft. Durch das Vermitteln der handwerklichen Fähigkeiten während der Ausbildung zur gestaltungstechnischen Assistentin für Grafik-Design sind die praktischen künstlerischen Fähigkeiten der Klägerin geschult worden. Auch wenn der Schwerpunkt des „Kunststudiums” im Rahmen der Lehrerausbildung möglicherweise mehr im wissenschaftlichen Bereich und nicht so sehr im Bereich der angewandten Kunst liegen sollte, sind handwerkliche Fähigkeiten in diesem Bereich nicht nur wünschenswert sondern Voraussetzung für ein erfolgreiches Kunststudium. Zwar mag dem Beklagten zuzugestehen sein, dass auch ein Kunststudium ohne handwerkliche Vorbildung gerade im Bereich der Ausbildung zur Lehrerin möglich ist; dies schließt aber nicht aus, dass die gewählte Vorausbildung im Rahmen einer einheitlichen Gesamtausbildung als sinnvolle Vorbereitung gesehen werden kann. So wird auch für das Pädagogikstudium mit Schwerpunkt Kunst gefordert, dass die Studentin, wenn sie zugelassen werden will, praktische Arbeiten abgibt. Bereits von daher ist die praktische Vorbildung für das gewählte Studium sinnvoll. Die in der praktischen Ausbildung erworbenen Fähigkeiten ergänzen zum einen das Studium, zum anderen werden sie weitergeführt und vertieft. Damit kann aber der enge sachliche Zusammenhang zwischen den beiden Ausbildungen nicht verneint werden.

Diese Auffassung wird auch dadurch gestützt, dass die Klägerin unwidersprochen vorgetragen hat, sie habe von Anfang an das nunmehr aufgenommene Studium angestrebt. Ge...

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