Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsstreit. Pflichtteilsrecht
Leitsatz (redaktionell)
1. Für Erbfälle vor dem 03.10.1990 im Bereich des früheren Staatsgebiets der DDR bleibt nach Art. 235, § 1 Abs.1 EGBGB das bis dahin geltende Recht maßgebend, mithin das materielle Recht der DDR.
2. Danach ist für den maßgeblichen Stichtag der Wertermittlung vom Zeitpunkt des Erbfalls im Sinne des § 2311 BGB, mithin dem Todestag des Erblassers (§ 1922 Abs.1 BGB) auszugehen.
Diese Rechtslage ist durch die Wiedervereinigung und die damit etwa verbundene Wertsteigerung der in der DDR gelegenen Grundstücke (OLG München DtZ 93, 153 f) unberührt geblieben.
3. Dem kann auch durch eine entsprechende Anwendung des § 2313 Abs.2 BGB zugunsten der Klägerin nicht abgeholfen werden.
Normenkette
BGB §§ 2311, 2313
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 10.01.1996; Aktenzeichen 4 O 391/95) |
Tenor
Der Antrag der Klägerin, ihr zur Durchführung ihrer Berufung gegen das am 10. Januar 1996 verkündete Teilanerkenntnis- und Teilurteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 4 O 391/95 – Prozeßkostenhilfe zu bewilligen, wird zurückgewiesen.
Gründe
Die Klägerin nimmt den Beklagten im Wege der Stufenklage als Pflichtteilsberechtigte zunächst auf Auskunft in Anspruch.
Der Beklagte ist gemäß Erbschein vom 04.01.1994 (AG Bad L. – H 3 NR 148/95 –), der durch das Gerichts der weiteren Beschwerde bestätigt worden ist (Beschluß des Bezirksgerichts P. vom 29.03.1993 – W 31/92), Alleinerbe seines am 01.04.1965 in K., verstorbenen Vaters, Herrn Richard D.. Der Nachlaß besteht im wesentlichen aus einem Hof und den dazu gehörigen Grundstücken in Kölsa. Die Klägerin ist eine der beiden Schwestern des Beklagten, deren Vater ebenfalls der Erblasser war. Sie bewohnte in den letzten 40 Jahren, zusammen mit der zwischenzeitlich verstorbenen Schwester der Parteien den Hof. Der Beklagte lebt seit seiner Entlassung aus russischer Kriegsgefangenschaft in West-Deutschland.
Die Klägerin hat in I. Instanz beantragt,
den Beklagten im Wege der Stufenklage zu verurteilen, zu Lasten des Nachlasses durch die Vorlage von Sachverständigengutachten Auskunft über den Wert der im Antrag im einzelnen bezeichneten Grundstücke zu erteilen, und zwar mit der Maßgabe, daß die Wertfeststellung in erster Linie zum 03.10.1990, hilfsweise zum 01.04.1995 erfolgt.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage hinsichtlich des Hauptbegehrens abzuweisen.
Das Hilfsbegehren hat er anerkannt.
Das Landgericht hat dem auf den Stichtag 01.04.1965 bezogenen Hilfsbegehren im Wege des Teilanerkenntnisses entsprochen.
Das Hauptbegehren hat es zurückgewiesen.
Dagegen wendet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr erstinstanzliches Rechtsschutzziel weiter verfolgt und für die sie die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe beantragt.
Zur Begründung ihres Rechtsmittels macht sie unter anderem geltend, der zum Nachlaß gehörende Grundbesitz habe wegen der in der früheren DDR zum Zeitpunkt des Erbfalls herrschenden politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse im Jahre 1965 so gut wie keinen, allenfalls einen geringen Wert gehabt, dessen Ermittlung im übrigen mangels Fehlens eines bestehenden Grundstücksmarkts nicht möglich sei. Der Bewertungsstichtag 01.04.1965 würde demgemäß zu keinem oder nur zu einem geringfügigen Pflichtteilsanspruch führen. Bewerte man demgegenüber den Grundbesitz bezogen auf den Zeitpunkt der Wiedervereinigung, den 03.10.1990, so ergebe sich für den Grundbesitz ein Wert von rund 2.196.892.- DM, wie ihn der ortsansässige Pfarrer, der Zeuge Nich ermittelt habe. Davon entfalle 1/6 auf sie. Zur Vermeidung eines unbilligen Ergebnisses sei davon auszugehen, daß die in Rede stehenden Grundstücke als „ungewisse Rechte” im Sinne des § 2313 Abs.2 BGB einzustufen seien, für deren Bewertung vom Zeitpunkt der Wiedervereinigung auszugehen sei, da erst zu diesem Zeitpunkt die Ungewißheit entfallen sei.
Falls der Erbschein des AG Bad L. zugunsten des Beklagten zutreffe, sei im übrigen davon auszugehen, daß der Beklagte ihr und ihrer verstorbenen Schwester je 1/3 Miteigentumsanteil an dem Grundbesitz durch schlüssiges Handeln geschenkt habe, da er gegen den am 30.10.1965 vom staatlichen Notariat H./E. (Nr. 248/65) erteilten Erbschein, der neben den Parteien ihre verstorbene Mutter und Schwester zu je 1/4 als Erben ausgewiesen habe, bis September 1991 keine Einwendungen erhoben habe, obwohl er den Inhalt des Erbscheins kannte.
Im übrigen sei auch zu erwägen, ob der Erbschaftsanspruch des Beklagten mit der Folge verwirkt sei, daß die Parteien entsprechend der tatsächlichen Handhabung nach dem Tode der Mutter Miterben des Nachlasses zu je 1/3 seien.
Der Beklagte hat sich zur Sache im Prozeßkostenhilfeprüfungsverfahren bisher nicht geäußert. In erster Instanz ist dem abgewiesenen Hauptantrag mit Rechtsansichten entgegengetreten.
Der Klägerin ist die nachgesuchte Prozeßkostenhilfe zu versagen, weil ihr Rechtsmittel keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 BGB).
Die Klage ist, soweit die Klägerin mit ihr eine Bewertung zum Stic...