Normenkette
AGBG § 9; BGB § 307
Verfahrensgang
LG Aachen (Aktenzeichen 11 O 202/01) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss der 11. Zivilkammer des LG Aachen vom 21.5.2002 – 11 O 202/01 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Dem Beklagten wird für das erstinstanzliche Verfahren insgesamt ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt L. in G. bewilligt.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Zahlung der Kosten eines stationären Aufenthaltes in der Zeit vom 17.8.1999 bis 1.9.1999 in Anspruch. Dem Beklagten war am 5.3.1998 aufgrund eines Zustandes nach Reanimation bei Kammerflimmern ein Kardioverter-Defibrillator implantiert worden. Im August 1999 kam es wegen einer defekten Elektrode zur Abgabe zweier inadäquater Schocks durch den Defibrillator, so dass der Beklagte am 17.8.1999 als Notfall in das Universitätsklinikum B. eingeliefert werden musste. Statt des Austauschs der Elektrode wurde dem Beklagten am 20.8.1999 ein neues Aggregat (2-Kammer-Defibrillator) implantiert, weil dieses das beim Beklagten vorhandene Vorhofflattern besser unterscheiden kann. Die Klägerin beziffert ihre Gesamtkosten auf 71.955,84 DM.
Der Beklagte war bis zur Vollendung seines 23. Lebensjahres am 5.8.1999 bei der O. familienversichert; eine freiwillige Weiterversicherung erfolgte nicht, so dass der Beklagte bei der Einlieferung in das Universitätsklinikum B. ohne Krankenversicherungsschutz war. In dem vom Beklagten unterzeichneten, vorformulierten Aufnahmeantrag heißt es u.a.:
„Ich verpflichte mich unter Übernahme der gesamtschuldnerischen Haftung, alle durch die Behandlung nach den jeweils geltenden Tarifen entstandenen Kosten zu tragen, soweit sie nicht eine Krankenkasse oder ein anderer Sozialleistungs- oder Kostenträger übernimmt.”
Der Beklagte wendet gegen die Klageforderung ein, der Defekt des 1998 implantierten Gerätes sei durch einen Fehler bei der Operation verursacht worden. Zumindest aber liege ein technischer Defekt vor, so dass es sich bei der Zweitoperation um Arbeiten im Rahmen der Gewährleistung gehandelt habe. Der Fehler wäre nicht aufgetreten, wenn schon 1998 ein Gerät der Bauart, wie es 1999 implantiert wurde (2-Kammer-Defibrillator), verwendet worden wäre. Hilfsweise erklärt der Beklagte die Aufrechnung mit einem Schmerzensgeldanspruch, dessen Höhe er bei zweimaliger inadäquater Abgabe auf 2 × 5.000 DM beziffert.
Das LG hat dem Prozesskostenhilfegesuch des Beklagten nur insoweit stattgegeben, als er sich gegen die Klageforderung i.H.v. 10.000 DM (Schmerzensgeld) verteidigen will. Dagegen richtet sich die Beschwerde des Beklagten.
II. Die gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO a.F. zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
Dem Beklagten ist Prozesskostenhilfe zur Verteidigung gegen die gesamte Klageforderung zu gewähren. Diese bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO), weil nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand zweifelhaft erscheint, ob die Klägerin den Beklagten überhaupt persönlich auf Zahlung der angefallenen Kosten für den Krankenhausaufenthalt und die Operation in Anspruch nehmen kann. Zumindest stellen sich insoweit schwierige, bislang höchstrichterlich nicht abschließend geklärte Rechtsfragen, so dass nicht angebracht erscheint, dem Beklagten für die erste Instanz die Prozesskostenhilfe zu verweigern (vgl. insoweit Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 114 Rz. 21 m.w.N.).
1. Nach der formularmäßigen Verpflichtungserklärung im Aufnahmeantrag – deren Wirksamkeit zunächst unterstellt – hat der Beklagte lediglich für den Fall die Kosten seiner Behandlung zu tragen, dass diese nicht von einer Krankenkasse oder von einem anderen Kostenträger, insb. einem Sozialleistungsträger, übernommen werden. Das entspricht im Ausgangspunkt anerkannten Rechtsgrundsätzen insoweit, als der Honoraranspruch eines Krankenhausträgers bei Kassenpatienten und bei sozialhilfeberechtigten Personen von dem geschlossenen Behandlungsvertrag abgekoppelt ist mit der Folge, dass Honoraransprüche gegen diesen Personenkreis nicht geltend gemacht werden können, sondern sich unmittelbar gegen die Krankenkasse oder den Sozialhilfeträger richten (vgl. BGH v. 10.1.1984 – VI ZR 297/81, BGHZ 89, 250 ff. = MDR 1984, 391; OLG Köln v. 22.8.1994 – 5 U 145/94, OLGReport Köln 1995, 4 = NJW-RR 1995, 366 [367]; OLG Saarbrücken NJW 2001, 1798). Im vorliegenden Fall hat die Klägerin zwar unwidersprochen vorgetragen, dass sie ihre Ansprüche nicht gegen die O. richten kann, weil der Kläger wenige Tage vor der notfallmäßigen Aufnahme sein 23. Lebensjahr vollendet hatte, daher nach § 10 Abs. 2 Nr. 2 SGB V aus der Familienversicherung ausgeschieden war und sich auch nicht anderweitig versichert hatte. Es fehlt indes jeder Vortrag dazu, dass die Klägerin ihren Honoraranspruch nicht gegen einen Sozialversicherungsträger richten kann. Das liegt hier jedoch nicht fern. Der Beklagte war augenscheinlich ohne Arbeit (sonst wäre er schon mit Vollendung des 18. Lebensjahres aus der Familienversicherung ausgeschieden; vgl. § 10 ...