Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Gesamtnichtigkeit formularmäßiger Lohn-/Gehaltsabtretung trotz unwirksamer Verwertungsregelung
Leitsatz (amtlich)
Eine den Schuldner unangemessen benachteiligende und deshalb unwirksame Verwertungsregelung führt nicht zur Gesamtnichtigkeit einer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu Sicherungszwecken vereinbarten (stillen) Lohn- oder Gehaltsabtretung. Der infolge der unwirksamen Verwertungsregelung eingetretenen Lückenhaftigkeit der Abtretungsvereinbarung ist vielmehr im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung durch eine angemessene Verwertungsregelung Rechnung zu tragen.
Verfahrensgang
LG Bonn (Urteil vom 30.09.2003; Aktenzeichen 3 O 47/03) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des LG Köln vom 30.9.2003 (3 O 47/03) wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von der Beklagten Auskunft und nach erteilter Auskunft Auszahlung von Bezügen, die deren Schuldnerin Frau H. O. (im Folgenden: Schuldnerin) an sie - die Beklagte - abgetreten hat. Sie verlangt des Weiteren die Feststellung, dass der Beklagten kein vorrangiges Befriedigungsrecht aus der Gehaltsabtretung der Schuldnerin zusteht; dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin erwirkte unter dem 27.3.1991 gegen die Schuldnerin einen Vollstreckungsbescheid (AG Düsseldorf - 19 B 50075/90, Bl. 7 GA) über einen Betrag von 35.816,39 DM nebst Zinsen wegen einer rückständigen Darlehensforderung. Mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 25.2.1999 (AG Essen-Borbeck, Beschl. v. 25.2.1999 - 13 M 150/99, Bl. 8 GA) ließ die Klägerin wegen einer Teilforderung von 30.000 DM die Gehaltsansprüche der Schuldnerin gegen ihren Arbeitgeber - die Stadt F. - pfänden und sich zur Einziehung überweisen. Die Schuldnerin hatte ihrerseits mit Abtretungserklärung vom 27./28.1.1988 den pfändbaren Teil ihrer Gehaltsforderung in voller Höhe zur Sicherung aller bestehenden und künftigen Ansprüche aus Geschäftsverbindung an die Beklagte abgetreten. In der Abtretungserklärung heißt es unter Ziff. 3.: "Die Bank ist berechtigt, die Abtretung dem Drittschuldner anzuzeigen". In Ziff. 9 sind ergänzend die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten für anwendbar erklärt worden, die in der damals maßgeblichen Fassung auszugsweise wie folgt lauteten:
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"(...)
Einer Androhung der Verwertung, der Innehaltung einer Frist und der Ausbedingung der sofortigen Barzahlung des Kaufpreises bedarf es nicht. (...) Die Bank wird nach Möglichkeit Ort und Zeit der Verwertung mitteilen, sofern nicht die Benachrichtigung untunlich ist".
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Abtretungserklärung vom 27./28.1.1988 (Bl. 13 f. GA) Bezug genommen. Den Anlass für die Gehaltsabtretung bildete ein von der Beklagten der Schuldnerin gewährtes Darlehen vom 27.1.1988 über einen Nennbetrag von 140.000 DM, das der Finanzierung einer Eigentumswohnung diente (Bl. 30, 31 GA). Mit Schreiben vom 10.1.1990 (Bl. 15 GA) legte die Beklagte die Abtretung dem Arbeitgeber der Schuldnerin ggü. offen, der in der Folgezeit aufgrund der Abtretung an die Beklagte zahlte.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass die Gehaltsabtretung vom 27./28.1.1988 wegen Verstoßes gegen das AGB-Gesetz unwirksam sei. Im Einzelnen enthalte die Sicherungsabrede keine Beschränkung zum Schutz vor Übersicherung. Auch die Klausel über die Sicherheitenverwertung benachteilige die Schuldnerin unangemessen. Da somit der gesamte Sicherungsvertrag unwirksam sei, habe die Beklagte Leistungen der Stadt F. als Nichtberechtigte erhalten. Diese Leistungen habe sie - wie sich schon aus der Klageerhebung ergebe - genehmigt; ihr stehe daher ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung auf Auszahlung dieser Leistungen zu.
Die Beklagte ist dem Klagevorbringen entgegengetreten und hat die Auffassung vertreten, dass sie für den geltend gemachten Anspruch nicht passiv legitimiert sei; vielmehr müsse sich die Klägerin an den Arbeitgeber der Schuldnerin - die Stadt F. - halten. Die Abtretungsvereinbarung vom 27./28.1.1988 sei auch wirksam, da sie nur der Sicherung der Forderung aus dem mit der Schuldnerin bestehenden Kreditvertrag gedient habe. Auch die Verwertungsklausel mache die Abtretung nicht unwirksam, da im konkreten Falle die Beklagte der Schuldnerin mehrfach die Offenlegung der Abtretung angedroht habe.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes erster Instanz einschließlich der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Das LG hat die Klage abgewiesen. Zur Begründun...