Verfahrensgang

LG Aachen (Aktenzeichen 9 O 372/17)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 21. Juni 2018 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 9 O 372/17 - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.093,74 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3. Januar 2018 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 98% und die Beklagte zu 2%.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn die gegnerische Partei nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird zugelassen, soweit die Berufung des Klägers wegen der geltend gemachten Ansprüche auf "Nutzungen im Eigenkapital" zurückgewiesen worden ist. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger schloss mit der Beklagten eine kapitalbildende Lebensversicherung mit Versicherungsbeginn zum 1. April 1995 ab (Vertrag Endziffer -09). Mit Schreiben vom 4. September 2016 widersprach er dem Vertragsschluss. Die Beklagte erklärte sich mit Schreiben vom 17. November 2016 zur Rückabwicklung bereit und leistete eine Zahlung von 18.507,86 EUR.

Der Kläger schloss des Weiteren mit der Beklagten eine kapitalbildende Rentenversicherung mit Versicherungsbeginn zum 1. November 1999 ab (Vertrag Endziffer -86). Nach dem Eintritt des Erlebensfalls im Jahr 2014 kehrte die Beklagte auf Antrag des Klägers eine einmalige Kapitalabfindung in Höhe zuzüglich Gewinnbeteiligung in Höhe von insgesamt 16.676,15 EUR aus. Ebenfalls mit Schreiben vom 4. Oktober 2016 erklärte der Kläger den Widerspruch.

Mit der Klage verlangt der Kläger zu beiden Verträgen die Rückerstattung der geleisteten Prämien abzüglich Risikokosten (zum Vertrag Endz. -09) sowie abzüglich der geleisteten Zahlungen zuzüglich "Nutzungen im Deckungsstock" sowie "Nutzungen im Eigenkapital"; er errechnet eine Gesamtforderung von 70.171,43 EUR.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er sei noch im Jahr 2016 zum Widerspruch berechtigt gewesen.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

1. an ihn 53.721,10 EUR nebst. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. Januar 2017 zahlen;

2. an ihn 16.450,33 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. Januar 2017 zu zahlen.

3. an ihn außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 420,78 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. Januar 2017 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat zum Vertrag Endz. -09 erklärt, sie wolle über den Anspruch dem Grunde nach nicht mehr streiten, obwohl sie den Kläger ordnungsgemäß über sein Rücktrittsrecht belehrt habe. Dem Kläger stehe jedenfalls nicht mehr als der Betrag zu, den sie ausgekehrt habe. Zum Vertrag mit der Endz. -86 hat sie die Auffassung vertreten, den Kläger zutreffend über sein Widerspruchsrecht belehrt zu haben; dieser habe auch die Verbraucherinformation vollständig erhalten. Jedenfalls seien etwaige Rückabwicklungsansprüche verwirkt.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 21. Juni 2018, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, abgewiesen. Der Vertrag Endz. -09 sei nach dem Antragsmodell zustande gekommen; die Rücktrittsbelehrung sei nicht zu beanstanden. Die Verbraucherinformationen seien nicht unvollständig. Jedenfalls aber sei ein etwa fortbestehendes Vertragslösungsrecht verwirkt. Letzteres gelte auch für den Vertrag mit der Endz. -86.

Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seine erstinstanzlich gestellten Anträge in vollem Umfang weiterverfolgt. Zum Vertrag mit der Endz. -09 weist der Kläger darauf hin, dass die Beklagte seinen Widerspruch anerkannt habe. Im Übrigen sei das Landgericht fehlerhaft - auch zum Vertrag mit der Endz. -86 - von einer Anspruchsverwirkung ausgegangen.

Die Beklagte, die die Zurückweisung der Berufung beantragt, verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache nur zu einem geringen Teilerfolg.

1. Zum Vertrag mit der Endz. -09 ist das Landgericht rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass dieser im Antragsmodell geschlossen wurde. Ein Vertragsschluss nach dem Antragsmodell kommt nur in Betracht, wenn dem Versicherungsnehmer bei Antragstellung sämtliche notwendigen Verbraucherinformationen übergeben worden sind. Das war hier nicht der Fall. Die Beklagte hat dem Kläger erst mit dem Versicherungsschein die Garantiewerte und die garantierten beitragsfreien Versicherungssummen (als "Anlage G...

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