Entscheidungsstichwort (Thema)
"Permanent Make-Up-Module"
Leitsatz (amtlich)
1. Bei nahezu identischer Nachahmung eines Einweg-Hygienemoduls, bestehend aus Nadeln und Nadeldüsen, das im Bereich des Permanent Make-Ups Anwendung findet, besteht eine Aufklärungspflicht darüber, dass das Nachahmerprodukt nicht über eine Sicherheitsmembran wie das bei den angesprochenen Verkehrskreisen bekannte Originalprodukt verfügt, die den Rückfluss von Verunreinigungen und Keimen in das Handgerät verhindert.
2. Die Wiederholungsgefahr betreffend den Vertrieb des Nachahmerproduktes ohne entsprechenden Hinweis wird nicht durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ausgeräumt, die zuvor in Bezug auf eine Werbeaussage "Nadelmodule sind hygienisch verpackt. So kann keine Flüssigkeit in den Stift zurückfließen" abgegeben worden ist.
Normenkette
UWG § 5a Abs. 1
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 33 O 102/15) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 18.09.2018 verkündete Urteil der 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 33 O 102/15 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
3. Dieses Urteil und das genannte Urteil des Landgerichts Köln, soweit die Klage nicht zurückgenommen worden ist, sind vorläufig vollstreckbar. Dies gilt hinsichtlich der Unterlassungsverpflichtung nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000 EUR. Die Beklagte kann die Vollstreckung im Übrigen durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien streiten - nachdem die Klägerin die Klage teilweise zurückgenommen hat - über die Frage, ob die Beklagte auf das Fehlen einer Sicherheitsmembran bei einem Angebot hinweisen muss.
Die Klägerin ist ein Unternehmen, das im Bereich der Entwicklung, Herstellung und des Vertriebs von Geräten und Verbrauchsmaterialien im Bereich des Permanent Make-up (abgekürzt: PMU) tätig ist. Gegenstand des Permanent Make-up ist die kosmetische Tätowierung der menschlichen Haut (insbesondere im Gesicht), durch die dauerhaft (permanent) spezielle Farbpigmente mittels spezieller Nadeln in bzw. unter die Haut gebracht werden.
Die für die Tätowierung erforderlichen PMU-Geräte bestehen aus einem Handgerät sowie dem notwendigen Zubehör (insb. Nadeln und Nadeldüsen). Üblicherweise wird dieses Zubehör in mehreren Einzelteilen auf das Handgerät angesteckt.
Im Jahr 2001 entwickelte die Klägerin das erste Nadelmodulsystem, bei dem PMU-Nadeln und eine Nadeldüse in ein Einweg-Modul, dem sog. Hygienemodul, kombiniert werden. Dieses Modul verfügt über eine spezielle innenliegende Schutzmembran aus Gummi, welche einen Rückfluss von Wundflüssigkeiten und Verunreinigungen und damit eine Verschmutzung des Handstücks verhindern soll, was die Beklagte mit Nichtwissen bestritten hat.
Die Hygienemodule der Klägerin sind wie folgt gestaltet:
((Abbildungen))
Technisch sind die beiden Module identisch.
Die Klägerin vertreibt ihre Hygienemodule sowohl selbst, als auch über verschiedene Kooperationspartner, welche diese Module teilweise unter den Marken der Klägerin, teilweise unter eigenen Marken anbieten. Wegen der Einzelheiten wird auf die als Anlagen eingereichten Internetauftritte dieser Anbieter Bezug genommen (vgl. Bl. 119 ff. d. A.).
Die Beklagte betreibt unter der Adresse www.s.-shop.com einen Online-Shop, in dem sie unterschiedliche Produkte aus den Bereichen Kosmetik, Permanent Make-up und Tatooing anbietet. Zu ihrem Produktsortiment gehörte in der Vergangenheit auch das im Antrag zu I (s.u.) abgebildete PMU-Hygiene-Modul. Dieses bewarb sie mit der Aussage: "Nadelmodule sind hygienisch gedichtet. So kann keine Flüssigkeit in den Stift zurückfließen" (vgl. Anlage K 5, Bl. 37 ff. d. A.). Über eine Sicherheitsmembran verfügen die PMU-Module der Beklagten nicht.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 05.02.2015 mahnte die Klägerin die Beklagte wegen des Vertriebs dieser PMU-Module sowie der Verwendung der dargestellten Werbeaussage ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie zum Ausgleich von Abmahnkosten bis zum 19.02.2015 auf. Wegen der Einzelheiten wird auf die Abmahnung vom 05.02.2015 (Anlage K 8, Bl. 43 ff. d. A.) Bezug genommen.
Hinsichtlich der Werbeaussage gab die Beklagte in der Folge eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Weitergehende Ansprüche wies sie zurück.
Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, ihr stehe gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch aus §§ 8, 3, 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, § 5a UWG zu. Hierzu hat sie behauptet, dass ihr Hygienemodul aufgrund der integrierten Sicherheitsmembran hygienisch gedichtet sei, und dadurch ein Rückfluss von Wundflüssigkeiten und Verunreinigungen verhindert werde. Dieses Modul sei am Markt weit verbreitet und bekannt. Demgegenüber sei das Produkt der Beklagten nicht hygienisch abgedichtet, sodass die Gefahr bestehe, dass in das ...