Leitsatz (amtlich)
1. Die zivilrechtliche Haftung des Teilnehmers eines Hallenhandballspiels für die Verletzung eines Gegenspielers gem. § 823 Abs. 1 BGB setzt einen nach § 276 BGB schuldhaften, für den Körper- oder Gesundheitsschaden ursächlichen Regelverstoß voraus, der über eine geringfügige und häufige – etwa auf Spieleifer, Unüberlegtheit, technischem Versagen, Übermüdung oder ähnlichem beruhende – Regelwidrigkeit deutlich hinausgeht und der die Grenze zwischen kampfbedingter Härte und unzulässiger Unfairneß klar überschreitet. Ein solcher liegt vor bei grober Verletzung einer zum Schutz von Spielern bestimmten Wettkampfregel (im konkreten Fall: Regel 8 : 5d der Internationalen Hallenhandballregeln des Deutschen Handballbundes, Stand 1.8.1997).
2. Einen solchen schwerwiegenden Regelverstoß hat der geschädigte Hallenhandballspieler zu beweisen.
Normenkette
BGB §§ 276, 823 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 01.02.2001; Aktenzeichen 27 O 135/99) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten zu 1. wird das am 1.2.2001 verkündete Schluss-Urteil der 27. Zivilkammer des LG Köln – 27 O 135/99 – wie folgt abgeändert:
Die gegen die Beklagte zu 1) gerichtete Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz sowie die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird gestattet, die Zwangsvollstreckung der Beklagten zu 1) durch Sicherheitsleistung i.H.v. 7.500 Euro abzuwenden, falls nicht die Beklagte zu 1) vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die zu leistende Sicherheit kann auch durch unbefristete Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse erbracht werden.
Tatbestand
Die Klägerin, die seit mehreren Jahren an der Sporthochschule K. Sportwissenschaft mit dem Ziel des Erwerbs der Befähigung zum Lehramt der Sekundarstufe 2 studiert und eine Anstellung als Sportlehrerin erstrebt, begehrt von den Beklagten die Zahlung von Schmerzensgeld wie auch die Feststellung der Haftung der Beklagten für materielle und immaterielle Zukunftsschäden im Anschluss an einen Sportunfall.
Am 15.3.1998 traf die Mannschaft des V.K., zu deren Spielerinnen die Klägerin gehörte, bei einem Handballspiel der Kreisliga der Frauen in der Sporthalle E. Straße auf die Mannschaft der HC C., der die beiden Beklagten angehören. Die Klägerin, die sich bei einem Handballspiel im September 1997 eine Verletzung des rechten Kniegelenks zugezogen hatte, trug bei dem Spiel eine MVP-Schiene am rechten Kniegelenk. In der 56. Minute der Spielbegegnung kam die Klägerin in Ballbesitz und führte einen Tempogegenstoß in Richtung des gegnerischen Tores durch. Die Beklagten folgten der Klägerin und versuchten, diese am Torwurf zu hindern. Etwa an der Sieben-Meter-Linie des gegnerischen Tores kam es zu einer – in ihrem Hergang streitigen – Berührung mit den Beklagten. Der Klägerin gelang es zwar noch, den Ball in das gegnerische Tor zu werfen und so – 4 Minuten vor dem Spielende – den Ausgleichstreffer zum 11 : 11 Endstand des Spieles zu erzielen. Sie geriet jedoch infolge der Berührung zu Fall und schleuderte gegen die etwa 3–4 m entfernte Turnhallenwand, wo sie mit ihren Knien zuerst auftraf. Die Beklagte zu 1) wurde aus diesem Anlass von dem Schiedsrichter des Spieles, dem Zeugen H., disqualifiziert. Als Grund für die Disqualifizierung notierte der Zeuge H. in seinem Spielbericht (Bl. 2 AH) „Stoß von hinten beim Tempogegenstoß”.
Die Klägerin wurde am 17.7.1998 wurde erneut am Knie operiert. Ihr wurde dabei eine Kreuzbandplastik eingesetzt.
Die Klägerin hat behauptet, die Beklagten hätten sie beim Abfangen „in die Zange genommen” und mit den Fäusten von hinten gestoßen. Durch den nachfolgenden Sturz nebst Aufprall gegen die Wand sei es zu Rissen am Innenmeniskushorn und am Außenmeniskus-Intermediärteil sowie zu einem Teilriss des vorderen Kreuzbands gekommen. Ferner habe sie eine Prellung und eine Distorsion des rechten Kniegelenks erlitten. Nach dem Vorfall habe sie nur unter Schmerzen gehen und einen maximalen Beugungsgrad des rechten Beines von 110 bis 120 Grad erreichen können. Infolge der von ihr eingenommenen Schonhaltung beim Gehen sei es zu Verspannungen im linken Bein und im Rückenbereich gekommen. Die zur Stützung des Knies erfolgte Einsetzung einer Kreuzbandplastik habe eine zweiwöchige Bettruhe bedingt. Der Muskelaufbau sei danach nicht wie geplant erfolgt. Weitere Folgeschäden seien zu befürchten. Die körperlichen Beeinträchtigungen rechtfertigten ein Schmerzensgeld von mindestens 16.000 DM. Da sie ihr Studium infolge der Verletzungen nicht ordnungsgemäß habe fortführen und insbesondere die praktischen Teile der Ausbildung nicht habe wahrnehmen können, werde sich ihr Lehramtsstudium um mindestens drei Semester verlängern. Damit werde ein Erwerbsausfall – bemessen nach einem Gehalt der Eingangsstufe A 13 – i.H.v. 29.784,96 DM je Semester verbunden sein.
Durch – inzwischen rechtskräftiges – Teilurteil vom 28.1.2000 wies das LG die gegen die ...