Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur "Testsieger"-Werbung für ein in anderer Verpackung getestetes Waschmittel

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die keine weitere Bewertung der geschäftlichen oder wettbewerblichen Relevanz erfordernden und zulassenden per-se-Verbote der in den Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG übernommenen "Schwarzen Liste" des Anhangs I zur Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken sind so eng und kasuistisch gefasst, dass sie dem erkennbaren Willen des Richtliniengebers gemäß nicht als verallgemeinerungsfähige Beispielstatbestände angesehen werden können; eine analoge Anwendung auf lediglich vergleichbare Sachverhalte ist jedenfalls ausgeschlossen.

2. Das "Testsiegel" der Stiftung Warentest stellt kein unter Nr. 2 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG fallendes Gütezeichen dar.

3. Verstöße gegen die für die Verwendung von Untersuchungsergebnissen der Stiftung Warentest aufgestellten Bedingungen sind nicht ohne Wertungsmöglichkeit als stets unzulässige geschäftliche Handlungen gem. Nr. 4 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG anzusehen, weil solche Testergebnisse nicht mit den dort aufgeführten Äußerungen einer öffentlichen oder privaten Stelle über die Qualität der Ware gleichgesetzt werden können.

4. Die "Testsieger"-Werbung für ein Produkt, das in anderer, über eher schlechtere Umwelteigenschaften verfügender Verpackung getestet wurde, führt ungeachtet des Fehlens eines aufklärenden Hinweises nicht zu einer wettbewerblich relevanten Irreführung der Verbraucher.

 

Normenkette

UWG Anhang zu § 3 Abs. 3 Nrn. 2, 4; UWG § 5 Abs. 1 Sätze 1, 2 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 11.08.2010; Aktenzeichen 84 O 119/10)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 11.8.2010 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des LG Köln - 84 O 119/10 - wird zurückgewiesen.

Die weiteren Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien sind konkurrierende Waschmittelanbieter. Aus einem im Heft 4/2009 der Stiftung Warentest veröffentlichten Test (Anlage K 1, Bl. 9 ff.) ging das Vollwaschmittel "Ariel Compact" der Beklagten als Testsieger hervor, während das Produkt "Persil Universal Megaperls" der Klägerin den zweiten Platz belegte. In das aus dem Durchschnitt aller Prüfergebnisse gebildete, bei beiden Produkten "GUT (2,1)" lautende Test-Qualitätsurteil floss im Bereich Umwelteigenschaften auch der Verpackungsaufwand (Art und Menge des Verpackungsmaterials) ein. Das in einer Pappkarton-Verpackung untersuchte Beklagtenprodukt wurde in dieser Kategorie mit "Gut" bewertet, das in einer Kunststoff-Folienverpackung getestete Produkt der Klägerin erhielt (wie andere so verpackte Produkte) die Bewertung "Sehr gut".

Die Beklagte wirbt seitdem mit dem Logo der Stiftung Warentest und dem hervorgehobenen Schriftzug "Testsieger" auf der Verpackung ihres Produkts "Ariel Compact", und zwar auch auf der Kunststoff-Folienverpackung, in der dieses Produkt gleichfalls angeboten wird. Die Klägerin sieht darin eine Abweichung von den Testbedingungen und deshalb unzulässige geschäftliche Handlung gem. § 3 Abs. 3 UWG sowie eine irreführende Werbung.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge weiter, insbesondere den Antrag, die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung der üblichen Ordnungsmittel zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für das Vollwaschmittel "Ariel Compact" wie nachstehend wiedergegeben unter Verwendung des "Test-Zeichens" der Stiftung Warentest mit der Auslobung "Testsieger" zu werben, wenn das Produkt eine Folienverpackung aus Kunststoff aufweist.

Sie vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und führt insbesondere näher aus, dass ihrer Ansicht nach die Werbung mit dem Testurteil ohne Einhaltung der dafür von der Stiftung Warentest aufgestellten Bedingungen eine stets unzulässige geschäftliche Handlung im Sinne der Nr. 2 und 4 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG sei und es dafür sowie für die Irreführungseignung unerheblich sei, ob die Umwelteigenschaften des Beklagtenprodukts durch die Verpackungsänderung noch verbessert worden seien, was im Streitfall nicht einmal feststehe. Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

II. Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Senat teilt die Auffassung des LG, dass unter den Umständen des Streitfalls die Tatbestände stets unzulässiger geschäftlicher Handlungen nach Nr. 2 und 4 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG nicht einschlägig sind und der Beklagten auch keine nach § 5 Abs. 1 S. 1 und 2 Nr. 1 UWG relevante Irreführung der Verbraucher über Ergebnisse oder wesentliche Bestandteile von Tests ihrer Waren zur Last zu legen ist.

1. Das sog. "Testsiegel" der Stif...

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