Verfahrensgang
LG Bonn (Aktenzeichen 19 O 274/18) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der Rechtsmittel der Parteien im Übrigen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 30.08.2019 - 19 O 274/18 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.616,05 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.01.2019 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs ŝkoda A 2.0 l mit der Fahrzeugidentifikationsnummer B.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten erster Instanz tragen der Kläger zu 37 % und die Beklagte zu 63 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 44 % und die Beklagte zu 56 %.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, sofern nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz wegen des Erwerbs eines vom sog. Abgasskandal betroffenen Gebrauchtwagens des Typs ŝkoda A 2.0 l im Oktober 2015. Die Beklagte ist die Herstellerin des in dem Fahrzeug verbauten Dieselmotors vom Typ EA 189.
Der Kläger schloss am 16.10.2015 mit der C GmbH einen Kaufvertrag über das streitgegenständliche Gebrauchtfahrzeug zum Kaufpreis von 18.900,00 EUR brutto. Das Fahrzeug, das am 22.06.2011 erstzugelassen worden war, hatte zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses eine Laufleistung von 31.200 km.
Die Steuerung des streitgegenständlichen Fahrzeugmotors war bei Übergabe mit einer Software ausgestattet, die anhand des Fahrverhaltens erkennt, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand oder im realen Fahrbetrieb befindet. Gleichzeitig war die Software so programmiert, dass sie zwei unterschiedliche Betriebsmodi für die Steuerung der Abgasrückführung aufwies: Im Modus 1, der nur beim Durchfahren des neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) auf dem Prüfstand aktiv war, kam es zu einer höheren Abgasrückführung und damit zu einem geringeren Ausstoß von Stickoxiden als im Modus 0, mit dem das Fahrzeug im normalen Straßenverkehr betrieben wurde.
Am 15.09.2015 gab die Beklagte eine an den Kapitalmarkt gerichtete ad-hoc-Mitteilung nach § 15 WpHG heraus, in der sie über die "Dieselproblematik" informierte. Am 22.09.2015 gab die Beklagte eine inhaltsgleiche Pressemitteilung heraus. Wegen des Inhalts der ad-hoc-Mitteilung bzw. der Pressemitteilung wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils (LGU S. 3 f.) verwiesen. In der Folgezeit wurde in Presse, Funk und Fernsehen über den sog. "Diesel-Abgasskandal" berichtet. Auf das vom Kläger zu den Akten gereichte Anlagenkonvolut K2 nebst Inhaltsverzeichnis (Bl. 121 ff. GA, Anlagenhefter Kläger zum Schriftsatz vom 22.01.2019) wird Bezug genommen. Anfang Oktober 2015 startete die Beklagte eine Internetseite, auf der durch Eingabe der Fahrzeugidentifikationsnummer überprüft werden konnte, ob ein Fahrzeug mit der vorgenannten Software ausgestattet ist.
Am 15.10.2015 gab das KBA der Beklagten auf, Maßnahmen zu entwickeln und zu ergreifen, um die betroffenen Dieselfahrzeuge in einen ordnungsgemäßen Zustand zu versetzen. Die Beklagte entwickelte daraufhin ein Software-Update, welches in der Folgezeit zu einem nicht näher benannten Zeitpunkt auf das streitgegenständliche Fahrzeug aufgespielt wurde.
Zuvor war der Kläger mit Schreiben der ŝkoda Auto Deutschland GmbH vom 15.02.2016 (Anl. K22, Bl. 290 GA) informiert worden, dass der in seinem Fahrzeug eingebaute Dieselmotor von der - oben dargestellten - Manipulationssoftware betroffen sei.
Mit anwaltlichem Schreiben vom 17.08.2018 (Anlage K20, Anlagenhefter zur Klageschrift) forderte der Kläger die Beklagte zur Zahlung des vollen Kaufpreises auf. Der Kilometerstand des streitgegenständlichen Fahrzeugs betrug zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht (28.06.2019) 113.108 km und zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (05.03.2020) 127.101 km.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Mit Urteil vom 30.08.2019 (Bl. 330 ff. GA) - berichtigt durch Beschluss der Kammer vom 27.09.2019 (Bl. 343a GA) - hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, an den Kläger 11.824,77 EUR nebst Rechtshängigkeitszinsen Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs zu zahlen und den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.029,35 EUR freizustellen. Im Übrigen hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte ergebe sich aus den §§ 826, 249 BGB. Im Wege des Vorteilsausgleichs müsse sich der Kläger bei einer zu...