Leitsatz (amtlich)

1. Für vermögensrechtliche Streitigkeiten aus dem Dienstverhältnis zwischen einem Geistlichen und seiner Religionsgemeinschaft (hier: der Heilsarmee Deutschland) ist der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten eröffnet. Die den Religionsgesellschaften in ihrem inneren Bereich durch Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 WRV gewährleistete Eigenständigkeit und Unabhängigkeit steht dem nicht entgegen. Dies gilt zumindest dann, wenn dem Geistlichen von seiner Religionsgemeinschaft kein interner Rechtsweg zur Verfügung gestellt wird oder wenn ein solcher Rechtsweg ihm keinen effektiven Rechtsschutz gewährt.

2. Im Rahmen der Prüfung der Begründetheit einer Klage gegen eine Religionsgemeinschaft haben die staatlichen Gerichte dem Selbstverständnis der Religionsgemeinschaft in besonderer Weise Rechnung zu tragen. Sie haben insbesondere zu berücksichtigen, dass die Religionsgemeinschaften das Recht haben, Amt und Status ihrer Geistlichen abschließend festzulegen. Entzieht eine Religionsgemeinschaft dem Amtsträger das von ihr verliehene Amt, so unterliegt die Wirksamkeit dieser Maßnahme nicht der Prüfungskompetenz des staatlichen Gerichts.

 

Normenkette

GG Art. 140; WRV Art. 137

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 22 O 474/01)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 28.03.2003; Aktenzeichen V ZR 261/02)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das am 7.2.2002 verkündete Urteil der 22. Zivilkammer des LG Köln – 22 O 474/01 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als unbegründet abgewiesen wird.

Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 2.000 Euro abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die beklagte Heilsarmee ist eine anerkannte Religionsgemeinschaft des öffentlichen Rechts. Im Jahre 1975 meldeten sich die klagenden Eheleute bei ihr für den Offiziersdienst. Sie unterzeichneten ein von der Beklagten erstelltes Formular einer „Verpflichtungserklärung” (Blatt 117 ff. d.A.), das einen Fragenkatalog sowie Verhaltensmaßregeln, unter anderem strikte Anweisungen für die Partnersuche mit dem Vorbehalt der Genehmigung von Verlöbnis und Eheschließung, enthält.

In Ziffer 2a des Vordrucks findet sich folgende – von den Beklagten mit „ja” beantwortete – Frage:

„Ist Ihnen klar, und sind Sie damit einverstanden, dass Sie als angehender Offizier sich dem Werk der Heilsarmee weihen, dass Sie nicht „angestellt” sind, dass Sie kein Anrecht auf irgendein „Gehalt” haben, dass kein Arbeitsvertrag besteht und dass, was immer auch Ihr zukünftiger Rang oder Dienst in der Heilsarmee sein mag, Ihre Stellung, solange Sie in der Armee bleiben, die eines freiwilligen Mitarbeiters in der Arbeit der Armee für Gott sein wird, ohne Anspruch auf irgendeine andere Belohnung als die des Wohlgefallens Gottes und der Befriedigung, die die Arbeit selbst Ihnen bringt?”

Hinzugefügt ist die „Anmerkung”:

„Ungeachtet des in Frage 2 dargelegten Verhältnisses und ohne dasselbe abzuändern, wird, weil es augenscheinlich ist, dass ein Offizier seine Arbeit ohne Unterhalt nicht tun kann, soweit wie möglich, die folgende Regel in Anwendung gebracht, jedoch ausdrücklich bedingt durch den vorerwähnten Umstand und die in Frage 3 erwähnten Vorkehrungen bezüglich der Beiträge zum „Pensionsfonds der Heilsarmeeoffiziere” und des Abzuges der darin erwähnten 2 1/2 %.

Vom Tage der Ankunft auf seinem Posten an kann jeder Offizier, gem. der jeweils gültigen Tabelle, einen bewilligten Betrag beziehen.”

Das Formular sieht ferner die Erklärung vor:

„ Es ist mir völlig klar, dass der General niemand im Dienste der Heilsarmee beschäftigen oder behalten kann, der ihm nicht für das Werk geeignet erscheint, oder in demselben nicht treu und erfolgreich ist, und ich verpflichte mich feierlich, jeden Posten, jedes Korps oder jede Stellung, zu der ich geschickt wurde, in aller Ruhe zu verlassen, wenn der General es wünschen sollte, ohne in irgendeiner Weise zu versuchen, die Heilsarmee zu beunruhigen oder zu belästigen. Ich entbinde auch hiermit die Heilsarmee und den General von allen Verpflichtungen mir gegenüber, und verpflichtete mich selbst, keine Ansprüche auf Entschädigung wegen Stellung, Besitztum oder Interessen geltend zu machen, die ich aufgebe, um in die Armee einzutreten.”

In der Folgezeit versahen die Kläger ihren Dienst als Offiziere; sie waren zuletzt im Rang eines Majors bzw. einer Majorin im missionarischen Dienst in der Gemeinde zu P. eingesetzt.

Im Jahre 1998 kam es zu schriftlichen Beanstandungen durch den Territorialleiter der Beklagten, der den Klägern Mängel in der Buch- und Kassenführung sowie den Zustand des Offiziersquartiers und der Korpsräume, in denen Sach- und Kleiderspenden lagerten, vorhielt (Blatt 107 f.). Nach mehrfachen Ermahnungen wurden die Kläger in die S. versetzt. Im Februar 2001 stellte die Heilsarmee in der S. sie „indisponibel”. ...

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