Leitsatz (amtlich)
1. Haben sich die Parteien in einem langfristigen Mietvertrag verpflichtet, "auf jederzeitiges Verlangen einer Partei alle Handlungen vorzunehmen und Erklärungen abzugeben, die erforderlich sind, um sowohl für diesen Vertrag als auch für alle eventuellen Nachträge und Ergänzungen dem gesetzlichen Schriftformerfordernis Genüge zu tun", verstößt eine auf die mangelnde Einhaltung der Schriftform gestützte Kündigung (ausnahmsweise) gegen Treu und Glauben, wenn die kündigende Partei nicht zuvor versucht hat, den Anspruch auf formgerechten Abschluss des Vertrages durchzusetzen.
2. Widerspricht eine Partei im Rahmen von Verhandlungen über die Aufhebung des Mietverhältnisses i.S.v. § 545 BGB, kommt dieser Erklärung keine Wirkung zu, wenn das Mietverhältnis tatsächlich erst aufgrund einer in der Folgezeit ausgesprochenen Kündigung mehr als sieben Monate später endet und der Gebrauch der Mietsache über diesen Zeitpunkt hinaus fortgesetzt wird.
Normenkette
BGB §§ 242, 545, 550 (§ 566 a.F.)
Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 06.07.2004; Aktenzeichen 41 O 196/03) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Aachen vom 6.7.2004 - 41 O 196/03 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin macht aus abgetretenem Recht Mietzinsansprüche gegen die Beklagte hinsichtlich zweier Objekte in F. (K.-Straße ... sowie U.-straße ...) geltend. Die zugrundeliegenden Mietverträge datieren vom 25.11.1996/2.1.1997 (K.-Straße ...) und vom 11.7./28.7.1995 (U.-straße ...) und wurden später jeweils durch verschiedene Nachträge ergänzt. Zum Zeitpunkt der Mietvertragsabschlüsse waren die entsprechenden Mieträumlichkeiten, die zum Betrieb eines Super- bzw. Discountmarkt dienen sollten, noch nicht errichtet. In beiden Grundmietverträgen war vorgesehen, dass das Mietverhältnis mit Vertragsschluss beginnen und "15 Jahre nach Übergabe (§ 8)" enden sollte. Der jeweilige § 8 der Mietverträge enthält Regelungen zum Übergabeprotokoll. Bezüglich des Mietobjektes K.-Straße ... existiert ein - dem Mietvertrag nicht beigefügtes - Übergabeprotokoll vom 8.5.1998. Bezüglich des Objektes U.-straße xxx weist das entsprechende - dem Mietvertrag ebenfalls nicht beigefügte - Protokoll einen Übergabetermin vom 13.11.1996 aus. In dem Vertrag für das Objekt K.-Straße ... heißt es überdies in § 18 Abs. 5: "Die Parteien verpflichten sich hiermit, auf jederzeitiges Verlangen einer Partei alle Handlungen vorzunehmen und Erklärungen abzugeben, die erforderlich sind, um sowohl für diesen Vertrag als auch für alle eventuellen Nachträge und Ergänzungen dem gesetzlichen Schriftformerfordernis genüge zu tun."
Im Sommer 2002 führte die Beklagte mit den Vermieterinnen der beiden Objekte, jeweils vertreten durch die M. Immobilien Beteiligungs- und Vertriebsgesellschaft mbH, Verhandlungen über eine vorzeitige Beendigung der Mietverträge. Die vorbereiteten schriftlichen Aufhebungsvereinbarungen wurden indes von den Vermieterinnen nicht unterzeichnet.
Mit Schreiben vom 16.8.2002 kündigte die Beklagte die Mietverhältnisse betreffend die beiden streitgegenständlichen Objekte jeweils zum 31.3.2003 und leistete ab September 2002 keine Zahlungen mehr auf Miete und Nebenkosten. Beide Objekte wurden über den 31.3.2003 hinaus durch die Klägerin untervermietet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Die Beklagte, die von der Klägerin auf Zahlung des Kaltmietzinses für die Monate September 2002 bis einschl. April 2003 in Anspruch genommen wird, hat Widerklage erhoben auf Feststellung, dass die Mietverhältnisse durch die Aufhebungsvereinbarungen wirksam zum 30.6.2002 aufgehoben wordenen seien, hilfsweise, dass die Mietverhältnisse durch die Kündigungen wirksam zum 31.3.2003 beendet worden seien.
Das LG hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.
Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Mietverhältnisse betreffend die Mietobjekte in der K.-Straße ... und in der U.-straße xxx weder durch Aufhebungsverträge noch durch die von der Beklagten ausgesprochenen Kündigungen beendet worden seien. Aufhebungsverträge seien bereits wegen der fehlenden Zustimmung der Vermieterinnen nicht zustande gekommen. Die erklärten ordentlichen Kündigungen hätten die Mietverhältnisse nicht beenden können, weil die Mietvertragsparteien wirksam eine auf 15 Jahre befristete Mietzeit vereinbart hätten. Daher sei eine ordentliche Kündigung während dieses Zeitraumes ausgeschlossen. Ein Verstoß gegen das Schriftformerfordernis des § 550 BGB (§ 566 BGB a.F.) liege nicht vor. Insbesondere sei die Laufzeit der Verträge aus den einschlägigen Vertragsbestimmu...