Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung. Vermieter
Leitsatz (amtlich)
Vermieter sind verpflichtet, die Treppen in einem Zustand zu erhalten, der den Benutzern nicht mehr als die übliche, auch durch die Bauweise bedingte Sorgfalt abverlangt und vermeidbare zusätzliche Gefahren ausschließt. Löcher und Risse im Teppichbelag einer Treppe bedeuten selbst dann eine vom Sicherungspflichtigen abzustellende Gefährdung, wenn sie bei aufmerksamen Hinsehen durchaus erkennbar sind. Diese Verkehrssicherungspflicht entfällt nicht, wenn die Schadhaftigkeit des Teppichs, zumindest seine extreme Abnutzung, dem Mieter bekannt ist. Aus der Gefahrenkenntnis kann ein anspruchminderndes Mitverschulden (§ 254 BGB) abzuleiten sein.
Normenkette
BGB § 254
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 06.07.1995; Aktenzeichen 8 O 620/94) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 6. Juli 1995 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 8 O 620/94 – wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Zwar folgt aus dem von dem Sachverständigen B. in seinem Gutachten vom 12.06.1993 festgehaltenen Zustand des Treppenbelages in dem Haus G.markt 6-8, daß die Beklagten ihre Verkehrssicherungspflicht gegenüber ihren Mietern und den sonstigen Besuchern des Hauses verletzt hatten. Es ist jedoch nicht bewiesen, daß die Beschaffenheit des Belages für den Unfall der Klägerin ursächlich war.
Nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten war der auf der Treppe verlegte Teppichboden bereits im Sommer 1991 schadhaft und hatten sie deshalb in dem mit der B. W. GmbH, deren Geschäftsführerin die Klägerin war, abgeschlossenen Mietvertrag die Verlegung eines neuen Teppichbodens im Treppenhaus zugesagt. Sie waren aber als Hauseigentümer und Vermieter ohnedies verpflichtet, die Treppen in einem Zustand zu halten, der den Benutzern nicht mehr als die übliche, auch durch die Bauweise bedingte Sorgfalt abverlangte und vermeidbare zusätzliche Gefährdungen ausschloß. Risse und Löcher im Teppichboden begründeten ein erhöhtes Unfallrisiko, nämlich die Gefahr, beim Abwärtsgehen darin hängenzubleiben und zu stürzen. Mit derartigen Gefahren rechnen Benutzer einer Treppe in einem Wohn- oder Geschäftshaus gemeinhin nicht. Beim Begehen einer Innentreppe beschränkt sich die Aufmerksamkeit normalerweise auf das sichere, vollflächige Auftreten auf den einzelnen Stufen, zumal auf einer gewendelten Treppe, bei der die Stufen an der Innenwange schmaler sind. Mehr Achtsamkeit ist in der Regel schon deswegen nicht zu fordern, weil die Stufen jeweils nur sehr kurz voll im Blickfeld des Benutzers liegen. Der flüchtige Eindruck, der dabei gewonnen wird, reicht aus, um den Fuß richtig zu plazieren, aber kaum, um Schadstellen zu registrieren und ihnen auszuweichen. Das Maß der von dem Verkehrssicherungspflichtigen geforderten Vorsorge bestimmt sich nach den in dem jeweiligen Verkehrsraum typischerweise vorkommenden Situationen (BGHR § 823 Abs. 1 BGB – Verkehrssicherungspflicht 12 –). Für die Anforderungen an die Gefahrensicherungen sind insbesondere die Sicherungserwartungen des Verkehrs maßgebend (BGH NJW 85, 1076). Löcher und Risse im Teppichbelag einer Treppe bedeuten danach selbst dann eine vom Sicherungspflichtigen abzustellende Gefährdung, wenn sie bei aufmerksamem Hinsehen durchaus erkennbar sind.
Diese Verkehrssicherungspflicht oblag den Beklagten auch gegenüber der Klägerin und entfiel nicht etwa deswegen, weil diese von der Schadhaftigkeit des Teppichs, zumindest von seiner extremen Abnutzung, positiv Kenntnis hatte. Zwar sind die Sicherungsanforderungen herabgesetzt gegenüber Gefahren, die jedem vor Augen stehen müssen und vor denen man sich deshalb durch die zu verlangende eigene Vorsicht ohne weiteres selbst schützen kann (BGH NJW 85, 1076, 1077). Hier handelte es sich indessen nicht um solche ins Auge springende Schäden, die bei jeder Benutzung der Treppe sozusagen vor sich selbst warnten. Vielmehr war es auf die Dauer unvermeidlich, daß Mieter, die die Treppe täglich mehrmals benutzten, früher oder später die erforderliche erhöhte Aufmerksamkeit für die ihnen an sich bekannten Gefahrenstellen einmal nicht aufbrachten und deshalb zu Schaden kamen. Die Gefahr solcher gelegentlicher Unaufmerksamkeit, nicht zuletzt infolge Gewöhnung an den Zustand der Treppe, lag so nahe, daß die Beklagten ihr hätten vorbeugen und den Belag auswechseln müssen.
Eine andere Frage ist, wieweit aus der Gefahrenkenntnis der Klägerin gegebenenfalls ein anspruchsminderndes Mitverschulden (§ 254 BGB) abzuleiten wäre (vgl. dazu BGH VersR 65, 190 f. und 67, 876, 878).
Hier scheitert die Schadensersatzforderung der Klägerin aber bereits daran, daß sie den Nachweis der Ursächlichkeit der Treppenschäden für ihren Sturz nicht erbracht hat.
Aus dem von der Klägerin vorgelegten Gutachten des Sachverständigen B. geht hervor, daß der Teppichbodenbelag auf der Treppe zwischen dem 1. und dem ...