Leitsatz (amtlich)
1. Die unionsrechtliche Informationspflicht nach der Energieverbrauchskennzeichnungs-VO (VO (EU) 2017/1369 - EnVKVO) und den dazu erlassenen Delegierten Verordnungen, nach denen Händler Geschirrspüler und Kühlgeräte mit neuen Energielabels zu kennzeichnen haben, greifen auch dann ein, wenn der Händler nicht zum Verkauf stehende Auslaufmodelle als Lückenfüller in Musterküchen ausstellt.
2. Die Pflicht der Händler, das Vorhandensein der Energielabel gemäß Art. 4a Delegierte Verordnung 2019/2016 sicherzustellen, umfasst nicht nur eine morgendliche, sondern mindestens eine weitere Kontrolle im Laufe des Tages, ob die Label nicht von Dritten entfernt worden sind, sofern nicht technische Maßnahmen zur Verhinderung der Entfernung getroffen worden sind.
Normenkette
Delegierte Verordnungen (EU) 2019/2016; Energieverbrauchskennzeichnungs-VO Art. 5 Abs. 1 lit. a); UWG § 5a Abs. 1, § 5b Abs. 4; Delegierte Verordnungen (EU) 2019/2016 Art. 5 Abs. 1 lit. a)
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 84 O 13/23) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 25.10.2023 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 84 O 13/23 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 EUR im Hinblick auf den Unterlassungsanspruch und im Übrigen in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe in Bezug auf den Unterlassungsanspruch und im Übrigen in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 30.000,00 EUR festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger, ein Umwelt- und Verbraucherschutzverband, der in die beim Bundesamt der Justiz geführte Liste nach § 4 UKlaG eingetragen ist, nimmt die Beklagte als Betreiberin eines Küchenstudios - soweit in der Berufungsinstanz noch von Interesse - auf Unterlassung von Verstößen gegen die Pflicht zur Anbringung von sog. "Energielabels" an Haushaltsgeschirrspülern und Haushaltskühlgeräten gemäß der VO 2017/1369 zur Festlegung eines Rahmens für die Energieverbrauchskennzeichnung in Verbindung mit entsprechenden Delegierten Verordnungen der Europäischen Kommission in Anspruch.
Die Beklagte stellt in ihren Räumlichkeiten in der F.-allee in G. u.a. Einbau- bzw. Musterküchen aus und bietet Endverbrauchern auch Haushaltselektrogeräte zum Kauf an. Anlässlich eines Kontrollbesuches am 15.09.2022 gegen 16:00 Uhr erstellte ein Mitarbeiter des Klägers Fotos (Anlage K4.01 bis K4.18, Bl. 51 ff. GA), aus denen hervorgeht, dass bei neun Geschirrspülern in den Verkaufsräumen und bei neun Kühlgeräten die erforderlichen Energielabels entweder fehlten oder veraltet waren.
Mit Schreiben vom 17.10.2022 forderte der Kläger daraufhin die Beklagte, die gegenüber dem Kläger bereits im Jahr 2013 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung wegen Verstößen gegen die damals geltenden Kennzeichnungspflichten abgegeben hatte, erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf und forderte die Zahlung einer Vertragsstrafe von 5.000,00 EUR (Anlage K5, Bl. 81 ff. GA).
Wegen des näheren Sach- und Streitstandes bis zur Entscheidung in erster Instanz und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf das Urteil des Landgerichts Bezug genommen (Bl. 451 ff. GA).
Das Landgericht hat die Beklagte, was allein Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, zur Unterlassung verurteilt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte sei nach den jeweiligen Artikeln 4 lit. a) der Delegierten Verordnungen (EU) 2019/2016 und 2019/2017 verpflichtet, jedes Kühlgerät und jeden Haushaltsgeschirrspüler, der in ihrer Verkaufsstelle ausgestellt sei, mit dem vorgeschriebenen Energieeffizienzetikett zu kennzeichnen. Auf eine direkte Erwerbsmöglichkeit des Gerätes komme es für die Kennzeichnungspflicht deshalb nicht an. Ein "Ausstellen" in diesem Sinne sei zu bejahen. Darunter sei das Aufstellen oder Vorführen von Produkten für den Endverbraucher am Verkaufsort zu Werbezwecken zu verstehen, was die Beklagte durch die Integration der verschiedenen streitgegenständlichen Elektrogeräte in ihre Musterküchenausstellung verwirklicht habe. Dass die Beklagte - wie sie behaupte - keine Verkaufsabsicht hinsichtlich der ausgestellten Geräte gehabt habe, ändere hieran nichts. Die gewählte Form der Präsentation der Küchen nebst Geräten diene dem Zweck, dem Verbraucher zu veranschaulichen, wie die von der Beklagten vertriebenen Küchenmöbel mitsamt Geräten im Hinblick auf Design und optischen Gesamteindruck wirkten. Die Präsentation diene deshalb jedenfalls dem Zweck, den Kunden zum Kauf der Küchenmöbel mit Elektrogeräten zu bewegen, also diese Verkaufsobjekte zu bewerben. Dass die Kennzeichnungspflicht auch für nur zum Zwecke der Werbung a...