Leitsatz (amtlich)
1. Die Nichtangabe der Kündigung eines Vorversicherers kann bei wechselseitigen Kündigungen nicht als falsche Angabe angesehen werden, wenn der VN auf Grund einer Nachfrage davon ausging, die Kündigung des Versicherers könne als erledigt betrachtet werden, weil eine Kündigung des VN bereits vorliege.
2. Auf die Begrenzung der Kostenübernahme nach § 5 Abs. 3b) ARB 2000 bei einem Vergleich kann sich der Rechtsschutzversicherer nach Treu und Glauben ausnahmsweise dann nicht berufen, wenn er nicht auf die rechtzeitige Information des Prozessbevollmächtigten des VN reagiert, dass ein Vergleich mit Widerrufsvorbehalt geschlossen wurde und ohne ausdrückliche Weisung der Widerruf nicht erfolgen werde.
Normenkette
VVG §§ 16, 22; ARB 2000 § 5 Abs. 3b)
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 30.11.2005; Aktenzeichen 20 O 214/05) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 20. Zivilkammer des LG Köln vom 30.11.2005 - 20 O 214/05 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
(abgekürzt nach §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO)
Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Das LG hat zu Recht der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.
1. Der Feststellungsantrag der Klägerin betreffend die Unwirksamkeit der Anfechtung der Beklagten vom 17.3.2005 sowie des unter dem gleichen Datum erklärten Rücktritts vom Rechtsschutzversicherungsvertrag ist zulässig und begründet.
a) Die Voraussetzungen der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nach den §§ 123 BGB, 22 VVG liegen nicht vor.
Es ist bereits nicht von einer falschen Beantwortung der Fragen zu den Vorversicherungen auszugehen.
Aus der Fragestellung im Versicherungsantrag vom 28.11.2003 ergibt sich, dass nicht nach dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der maßgeblichen Kündigung gefragt ist, sondern nach der Tatsache, dass eine Kündigung ausgesprochen wurde und von wem. Es geht also nicht um Angaben zur Wirksamkeit von Kündigungen.
Zutreffend hat die Klägerin an der dafür vorgesehenen Stelle im Antragsformular angekreuzt, dass sie selbst den Versicherungsvertrag mit der E. gekündigt hat. Denn mit Schreiben vom 2.11.2003 (Bl. 15 AH) hatte die Klägerin ggü. der E. die Kündigung ausgesprochen.
Die Klägerin hat unbestritten vorgetragen, dass sie sich nach dem Erhalt des Kündigungsschreibens der E. mit dieser telefonisch in Verbindung gesetzt und nachgefragt habe, ob denn die eigene Kündigung nicht eingegangen sei. Nachdem dies festgestellt worden sei, habe man der Klägerin erklärt, die Kündigung des Versicherers könne sie als erledigt betrachten, eine schriftliche Bestätigung werde noch übersandt. So ist es dann auch geschehen. Mit Schreiben vom 2.12.2003 nahm die E. ihre Kündigung zurück. Wenn die Klägerin angesichts dieser Umstände im Antragsformular vom 28.11.2003 nur angibt, von ihr sei gekündigt worden und nicht auch vom Versicherer, so fehlt es an einer falschen Angabe. Nach der Auskunft der E. war deren Kündigung gegenstandslos geworden, es stand nur noch eine schriftliche Bestätigung aus.
Die Klägerin hatte zudem ihre Kündigung zuerst erklärt und durfte davon ausgehen, dass diese Kündigung den Vertrag beenden würde und sich die Fragestellung auf diesen Umstand bezog. Im Übrigen ist anerkannt, dass die Annahme von Arglist entfallen kann, wenn der Versicherungsnehmer Antragsfragen missversteht (vgl. Prölss in Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 22 Rz. 9; s. auch OLG Frankfurt v. 29.1.1991 - 8 U 244/89, MDR 1991, 1146 = VersR 1992, 41). Die Fragestellung ist jedenfalls von der Klägerin so verstanden worden, dass in der vorhandenen Situation nur die eine Alternative anzugeben sei. Dies wird man unter den geschilderten Umständen der gegenseitigen Erklärungen der Vertragsparteien der Klägerin nicht widerlegen können.
b) Ein wirksamer Rücktritt i.S.v. § 16 VVG kommt danach ebenfalls nicht in Betracht. Es gelten insoweit die gleichen Gesichtspunkte wie bereits bei der Anfechtung ausgeführt. Auch hier ist eine fehlerhafte Angabe zu einem gefahrerheblichen Umstand nicht ersichtlich. Die Klägerin durfte davon ausgehen, dass allein ihre Kündigung Bestand haben und die der E. entfallen würde. Damit kann eine Pflichtverletzung nicht angenommen werden.
2. Auch der Zahlungsantrag ist nach den §§ 2, 4, 5 ARB 2000 begründet.
Dass die Beklagte bei Bestehen des Rechtschutzversicherungsvertrages in der Sache Groten grundsätzlich Deckung zu gewähren hat, ist nicht im Streit.
Eine Begrenzung der Kostenübernahme nach § 5 Abs. 3b) ARB 2000 greift nicht ein.
Der Versicherer trägt nach dieser Regelung nicht die Kosten, die im Zusammenhang mit einer einverständlichen Erledigung entstanden sind, soweit sie nicht dem Verhältnis des vom Versicherungsnehmer angestrebten Ergebnisses zum erzielten Ergebnis entsprechen, es sei denn, dass eine hiervon abweichende Kostenverteilung gesetzlich vorgeschrieben ist. Die Vorschrift tritt an die Stelle von § 2 Abs. 3a Alt. 1 ARB 75. ...