Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 27.04.2005; Aktenzeichen 20 O 558/04) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 20. Zivilkammer des LG Köln vom 27.4.2005 - 20 O 558/04 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte 17.912,43 EUR nebst Zinsen von 5 % über dem Basiszinssatz ab 17.1.2006 (Urteilserlass) an die Klägerin zu zahlen hat.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin hatte im April 1998 bei der E.B. Versicherung AG (E.B.) eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen. Gegenstand der Deckung war u.a. der "Privat-, Berufs- und Verkehrsrechtschutz für Nichtselbständige". Dem Versicherungsverhältnis liegen die ARB 94 zugrunde. Die Beklagte ist das Schadensabwicklungsunternehmen der Rechtsschutzversicherung.
Mit Schreiben vom 3.9.1999 kündigte die E.B. den Rechtschutzversicherungsvertrag wegen Schadenshäufigkeit (Bl. 23/24 AH). Über den Zugang dieses Schreibens besteht Streit. Das Schreiben wurde zunächst an die Anschrift I.-Straße 9, X., versandt, konnte aber dort nicht zugestellt werden. Die Post teilte unter dem 4.9.1999 mit, dass der Empfänger unter der Anschrift nicht zu ermitteln sei. Sodann wurde das Kündigungsschreiben per Einschreiben mit Rückschein an die Anschrift "B.-Straße 27" in X. versandt. Es kam mit dem Vermerk zurück, die Sendung sei am 8.9.1999 eingeliefert worden und die Klägerin sei benachrichtigt worden. Nach Ablauf der Abholfrist am 20.9.1999 sandte die Post den Brief an die Absenderin zurück mit dem Hinweis "nicht abverlangt".
Mit Anwaltsschreiben vom 8.12.1999 (Bl. 42 AH) meldete die Klägerin der Rechtsschutzversicherung, dass sie am 20.11.1999 bei einem Verkehrsunfall in F.-P. als Beifahrerin des Herrn E.Y., ihres Lebensgefährten, schwer verletzt worden sei und bat um Rechtsschutzbewilligung für diesen Schadensfall.
Unter dem 16.12.1999 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme ab und berief sich auf die Vertragsbeendigung mit Wirkung vom 9.10.1999 (Bl. 46 AH). Es kam noch zu weiterem Schriftwechsel. Der jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin meldet sich erstmals mit Schreiben vom 24.2.2004 (Bl. 50 AH).
Mit der am 10.11.2004 bei dem LG Köln eingegangenen Klage hat die Klägerin Feststellung der Verpflichtung zum Rechtsschutz nach näherer Maßgabe für den Schadensfall vom 20.11.1999 verlangt. Die Klägerin hat vorgetragen, sie habe am 20.11.1999 als Insassin eines Pkw schwere Verletzungen erlitten, die zur Erwerbslosigkeit geführt hätten. Die Kündigung vom 3.9.1999 sei ihr nie zugegangen. Sie sei in den Monaten September und Oktober 1999 wegen der Pflegebedürftigkeit ihres Vaters überwiegend nicht im Haus gewesen. Verjährung könne die Beklagte nicht einwenden, weil in Verhandlungen mit der gegnerischen Versicherung, der C. Versicherung, zunächst über eine Abfindung verhandelt worden sei. In der Vergangenheit habe die C. 75.000 EUR gezahlt. Auf mangelnde Erfolgsaussicht der Klage gem. Entwurf vom 29.10.2004 könne sich die Beklagte nicht berufen, da sie es versäumt habe, zeitnahe zu prüfen und die Erfolgsaussichten zu verneinen.
Die Beklagte hat Abweisung der Klage beantragt. Sie hält die Kündigung vom 3.9.1999 für wirksam. Sie hat mit Nichtwissen bestritten, dass die Klägerin von September bis Oktober 1999 wegen Pflegebedürftigkeit ihres Vaters nicht im Haus gewesen sei. Jedenfalls sei ihrem Lebensgefährten Y. die Benachrichtigung zugegangen. Auf Grund des Ablehnungsschreibens vom 16.12.1999 sei die Verjährungsfrist nach § 12 Abs. 1 S. 1 VVG Ende 2002 abgelaufen.
Das LG hat der Klage stattgegeben und festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin im Rahmen der von ihr unter der Versicherungsschein Nr. ..1 abgeschossenen Rechtschutzversicherung für den Schadenfall vom 20.11.1999 unter der Schadennummer ..2 Rechtsschutz zu gewähren. Es hat ausgeführt, die Kündigung sei nicht wirksam gewesen. Das Schreiben sei nicht vor dem Schadensfall am 20.11.1999 zugegangen. Der Zugang des Benachrichtigungsscheins ersetze nicht den Zugang des Einschreibebriefes. Auch nach Treu und Glauben ergebe sich keine Zugangswirkung. Der Anspruch sei auch nicht verjährt. Es komme auf die begehrten Kosten an. Die Klägerin könne die Kosten für die Klage gegen die C. erst mit Zahlung verlangen. Erst ab diesem Zeitpunkt beginne die Verjährungsfrist, die nicht abgelaufen sei. Die Beklagte könne sich auch nicht auf fehlende Erfolgsaussicht berufen. Sie habe diesen Ablehnungsgrund entgegen § 18 ARB 94 nicht unverzüglich schriftlich mitgeteilt. Die Beklagte habe erklärt, dass sie wegen der Kündigung keinen Deckungsschutz gewähre. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil und die Entscheidungsgründe Bezug genommen
Hiergegen wendet sich die Berufung der Beklagten. Sie macht im Wesentlichen geltend, die Kündigung sei wirksam. Die Zugangsfiktion des § 10 Abs. 1 VVG greife ein. Die Klägerin habe zunächst in O. gewohnt und sei ...