Leitsatz (amtlich)
Wegen der hohen Brandgefahr beim ungesicherten Erhitzen von Fritierfett in einem Topf auf der Herdplatte sind an die Überwachung dieses Vorganges strenge Anforderungen zu stellen. Der Gesichtspunkt des sog. Augenblicksversagens ist allein nicht geeignet, ein Einschlafen während dieses Vorganges als einfache Fahrlässigkeit herabzustufen.
Normenkette
BGB § 277
Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 30.01.1995; Aktenzeichen 10 O 340/94) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das am 30. Januar 1995 verkündete Grundurteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Aachen – 10 O 340/94 – wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Berufung bleibt erfolglos. Das Landgericht hat die aus übergegangenem Recht (§ 67 VVG) ihres Versicherungsnehmers erhobene Schadensersatzklage des Gebäudeversicherers zu Recht dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt.
Entgegen der Ansicht der hinter dem Beklagten stehenden Haftpflichtversicherung ist das schadensursächliche Verhalten ihres Versicherungsnehmers bereits als grob fahrlässig zu werten, mit der Folge, daß das Regreßverzichtsabkommen der Feuerversicherer keine Anwendung findet. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Beklagte, wie das Landgericht angenommen hat, übermüdet war. Wenn der Beklagte allerdings, wie die Berufung behauptet, keine Müdigkeit, sondern lediglich Hunger verspürte, auch sonst weder körperlich noch geistig beeinträchtigt war, sich vielmehr in dem an die Küche (ohne besondere Abtrennung) angrenzenden Wohnzimmer in sitzender Stellung auf der Couch niedergelassen hat, um das Heißwerden des in einem Topf auf dem Elektroherd aufgesetzten Fritierfetts abzuwarten, dann läßt sich um so weniger erklären, daß der Beklagte „plötzlich und für ihn unerwartet” so fest eingeschlafen ist, daß er erst wach wurde, als das Fritierfett brannte und die Wohnung bereits verqualmt war.
Nach Auffassung des Senats stellt es bereits eine den Vorwurf grober Fahrlässigkeit rechtfertigende schwere Verletzung der allgemeinen Sorgfaltspflicht dar, daß der Beklagte während des Erhitzens des Fritierfetts die Küche verlassen hat, lediglich zu dem Zweck, die kurze Zeitspanne wartend auf der Wohnzimmercouch zu verbringen. Die Sorgfaltsanforderungen werden maßgeblich von der Gefährlichkeit der Handlung bestimmt: „Wegen der hohen Brandgefahr beim Erhitzen von Fett sind an die Sorgfaltsanforderungen des Versicherungsnehmers, auch hinsichtlich der subjektiven Vorwerfbarkeit, strenge Anforderungen zu stellen” (OGH Wien, ZfS 1994, 256). Die gesteigerte Gefährlichkeit liegt hier – wie auch in dem vom ÖsterrOGH (a.a.O.) entschiedenen Fall – darin, daß der Beklagte das Fritierfett in einem mit keinen Sicherheitsvorrichtungen versehenen Topf auf dem Herd erhitzt hat. Elektrische Friteusen sind demgegenüber mit einem Überhitzungsschutz versehen, der – so das OLG Köln (20. ZS) in r+s 1990, 186, 187 = VersR 1991, 1266, 1267 – „den Beklagten in der möglicherweise trügerischen Hoffnung wiegen konnte, daß das Erhitzen von Fett in einem solchen Gerät weit weniger gefahrenträchtig ist, als wenn dies unmittelbar im Topf auf der Herdplatte (vgl. BGH LM VVG § 61 Nr. 32 = VersR 89, 840) geschieht”. Welche Brandgefahr von dem ungesichert erhitzten Fett nach kurzzeitigem Erreichen des Siedepunkts ausging, mußte dem Beklagten klar sein. Wenn er während eines solchen überwachungsbedürftigen, nur kurze Zeit dauernden Vorgangs den Herd ohne jeden Anlaß verließ, um derweil im Wohnzimmer die Musikanlage einzuschalten und es sich auf der Couch bequem zu machen, dann provozierte er damit – anders als etwa bei einem zwischenzeitlichen Decken des Tisches – die Gefahr, den Fritiervorgang vorübergehend aus dem Bewußtsein zu verlieren. In den von der Rechtsprechung hierzu entschiedenen Fällen lag es denn auch meist so, daß entweder der Fritiervorgang selbst oder das Abschalten des Herdes bzw. der Friteuse vergessen wurden (z.B. BGH, NJW-RR 1989, 840 = LM Nr. 32 zu § 61 VVG = VersR 1989, 640; OLG Frankfurt, r+s 1988, 143; OLG Köln, r+s 1990, 186 = VersR 1991, 1266; OGH Wien, ZfS 1994, 256). Inwieweit ein solches Vergessen als „Augenblicksversagen” unterhalb grober Fahrlässigkeit eingestuft werden kann, ist eine Frage des Einzelfalles. Der Ausdruck „Augenblicksversagen” beschreibt nur den Umstand, daß der Handelnde für eine kurze Zeit die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer acht ließ. Dieser Umstand allein ist aber kein ausreichender Grund, den Schuldvorwurf herabzustufen, wenn die objektiven Merkmale der groben Fahrlässigkeit gegeben sind; vielmehr müssen weitere, in der Person des Handelnden liegende besondere Umstände hinzukommen, die den Grund des momentanen Versagens erkennen und in einem milderen Licht erscheinen lassen (BGH, NJW 1992, 2418 = LM Nr. 39 Zu § 61 VVG). In dem der Entscheidung des BGH vom 5.4.1989 (BGH, NJW-RR 1989, 840 = LM Nr. 32 zu § 61 VVG = VersR 1989, 640) zugrundeliegenden Fall lagen solche besonderen Ums...