Entscheidungsstichwort (Thema)

Schadensberechnung, Berechnung des Haushaltsführungsschadens bei Verlangsamung durch Behandlungsfehler sowie Fahrtkosten und Verdienstausfall

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ist der Patient infolge eines Behandlungsfehlers (hier durch Fehlstellung der Hand) zu bestimmten Haushaltstätigkeiten nur noch eingeschränkt in der Lage, insbesondere nicht mehr in der Lage, diese in der gleichen Zeit wie zuvor auszuführen, so kann der Haushaltsführungsschaden in der Weise berechnet werden, dass die Tätigkeiten, die ihm am ehesten noch zumutbar sind, auf die Zeit angerechnet werden, die er zuvor für alle von ihm verrichteten Tätigkeiten aufgewandt hat, und im Hinblick auf die verbleibenden Tätigkeiten der Aufwand geschätzt wird, den eine Hilfskraft dafür benötigen würde.

2. Für Fahrten zu Arztbesuchen ist in Anlehnung an § 5 JVEG ein Kilometersatz von 0,25 Euro gerechtfertigt.

3. Die Schätzung selbst eines Mindest-Erwerbsschadens ist nicht möglich für das erste Jahr nach dem schädigenden Eingriff, wenn auch bei normalem Heilverlauf eine längere Genesungszeit anzunehmen und eine vollständige Wiederherstellung ungewiss gewesen wäre, und der Kläger zudem seit über zwei Jahren nicht mehr berufstätig war, er aber gleichwohl zunächst nur bereit gewesen wäre, eine Stelle im Bereich maximaler Gehaltsvorstellungen anzunehmen.

 

Normenkette

BGB §§ 249, 253, 280, 611, 823

 

Verfahrensgang

LG Köln (Urteil vom 09.04.2014; Aktenzeichen 25 O 279/12)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 9.4.2014 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des LG Köln (25 O 279/12) unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden unter Abweisung der weiter gehenden Klage als Gesamtschuldner verurteilt, abzüglich bereits am 5.4.2012 gezahlter 10.000 Euro

1. an den Kläger 25.093,14 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.10.2012 zu zahlen,

2. an den Kläger beginnend mit dem 1.9.2012 eine monatliche Rente in Höhe von 130,00 Euro, fällig jeweils bis zum 3. Werktag eines jeden Monats, zu zahlen und

3. den Kläger von den außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Klägers bei den Rechtsanwälten Dr. D und Partner, T 14, E, in Höhe von 2.493,05 Euro freizustellen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen der Kläger zu 89 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 11 %.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leisten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger erlitt am 29.7.1999 eine komplexe intraartikuläre distale Radiustrümmerfraktur am rechten Handgelenk. Er wurde aus diesem Grunde von dem Beklagten zu 2. im Haus der Beklagten zu 1. behandelt. Es wurden zwei Operationen durchgeführt, darunter eine Operation am 13.12.1999, die fehlerhaft war. Wegen der fehlerhaften Behandlung wurden die Beklagten in einem Vorprozess vor dem LG Köln als Gesamtschuldner rechtskräftig zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 25.000 Euro verurteilt. Es wurde ferner rechtskräftig festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger alle materiellen sowie künftigen immateriellen Schäden zu ersetzen, die dem Kläger infolge der fehlerhaften und rechtswidrigen Behandlung am 13.12.1999 entstanden sind bzw. entstehen werden, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind bzw. übergehen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Urteile des LG Köln vom 3.9.2008 (Az.: 25 O 510/05) sowie das Berufungsurteil des OLG Köln vom 25.5.2011 (5 U 174/08) Bezug genommen. Vorprozessual wandte sich der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 6.2.2012 an die Beklagen und machte Ansprüche wegen materieller Schäden infolge des schädigenden Ereignisses geltend. Daraufhin zahlten die Beklagten vorprozessual einen Betrag von 10.000 Euro an den Kläger. Der Kläger verfolgt mit der vorliegenden Klage seine Ansprüche auf Ersatz des Verdienstausfall- und des Haushaltsführungsschadens sowie weiterer materieller Schadenspositionen weiter.

Er hat behauptet, er leide nach wie vor an einer erheblichen Einschränkung der Beweglichkeit der rechten Hand. Die durchgeführten Folgeoperationen hätten eine Verbesserung der Beweglichkeit nicht herbeiführen können. Nach wie vor sei die Hand nicht mit Druck belastbar und in der Bewegung eingeschränkt. Fortdauernde Nervenschmerzen stellten sich als zermürbend für ihn dar. Der Radius sei verdreht, was das Bedienen der Tastatur nur zeitweise ermögliche und zu Verkrampfungen in Hand und Arm führe. Am 15.8.2012 sei sein Schwerbehindertenausweis mit einem GdB von 50 für unbefristet gültig erklärt worden.

Hinsichtlich des Erwerbsschadens für das Jahr 2000 hat der Kläger behauptet,...

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