Leitsatz (amtlich)
Landet nach einem Verkehrsunfall ein Rettungshubschrauber an der Unfallstelle auf der Straße, ist eine Beschädigung des Hubschraubers durch andere mit dem Hubschrauber kollidierende Verkehrsteilnehmer dem Verursacher des Unfalls, der Anlass für die Hubschrauberlandung war, nicht zuzurechnen.
Normenkette
StVG § 17
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 12.05.2005; Aktenzeichen 30 O 495/03) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Köln vom 12.5.2005 - 30 O 495/03 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 Prozent des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I. Mit ihrer Klage - und nach deren erstinstanzlicher Abweisung mit ihrer Berufung - verfolgt die Klägerin einen Gesamtschuldnerausgleichsanspruch nach einem Verkehrsunfall am 20.11.1999, bei dem ein bei der Klägerin versicherter Lkw einen auf der Straße gelandeten Rettungshubschrauber des B. beschädigte. Anlass für den Hubschraubereinsatz war der vorangegangene Unfall eines bei der Beklagten versicherten Pkw.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die tatsächlichen Feststellungen des klageabweisenden angefochtenen Urteils (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) Bezug genommen, ebenso wegen des Wortlauts der erstinstanzlichen Anträge.
Mit der fristgerecht eingegangenen und begründeten Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Schlussanträge unter näheren Ausführungen dazu weiter. Die Beklagte tritt der Berufung im Einzelnen mit dem Antrag auf Zurückweisung entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen aller weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten erst- und zweitinstanzlichen Schriftsätze nebst den dazu überreichten Anlagen, das angefochtene Urteil und die beigezogenen Akten StA Lüneburg 203 Js 499/00 nebst zugehöriger Unfallakte Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet, denn das LG hat eine Ausgleichsverpflichtung der Beklagten zu Recht verneint. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann zunächst auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen werden; das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Beurteilung. Das angefochtene Urteil entspricht den von der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen und ist in Begründung sowie Ergebnis zutreffend; es bedarf keiner Abänderung.
Im vorliegenden Fall ist der Erstunfall des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs sicherlich kausal im Sinne einer conditio sine qua non für den streitgegenständlichen Schaden gewesen, der durch den darauf folgenden Zweit- bzw. Drittunfall (Folgeunfälle) entstanden ist. Es bestand ein enger örtlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen den Unfällen; ohne das glatteisbedingte Abkommen von der Fahrbahn des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs wäre es zu den weiteren Unfällen nicht gekommen. Der Erstunfall war auch für die Folgen der weiteren Unfälle adäquat kausal, denn es liegt durchaus im Bereich des Möglichen, dass sich bei Rettungsmaßnahmen anlässlich eines Unfalls weitere Unfälle ereignen.
Dennoch kommt vorliegend hinsichtlich des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs aufgrund der gegebenen Umstände für die Schäden der Folgeunfälle weder eine Verschuldens- noch eine Gefährdungshaftung in Betracht.
Im Hinblick auf eine etwaige Verschuldenshaftung fehlt es am Zurechnungszusammenhang zwischen den durch die Folgeunfälle verursachten Schäden und dem Erstunfall. Im Rahmen der erforderlichen wertenden Betrachtung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls liegt nämlich die Grenze der Zurechnung dort, wo der Erstunfall nur noch der äußere Anlass für das weitere Geschehen ist und ein eigenständiges Verhalten eines Dritten diesem Geschehen eine Wendung gibt, die die Wertung erlaubt, das mit dem Erstunfall gesetzte Risiko sei für den Zweitunfall von völlig untergeordneter Bedeutung. Eine Haftung des Erstunfallverursachers ist daher nicht gerechtfertigt, wenn ein Verhalten des Zweitunfallverursachers zur Schaffung eines neuen Risikos führt, das mit dem durch den ersten Unfall geschaffenen Risiko nur noch "äußerlich" zusammenhängt (BGH v. 10.2.2004 - VI ZR 218/03, MDR 2004, 684 = BGHReport 2004, 726 = NJW 2004, 1375). So lag der Fall hier, als die beiden Kraftfahrzeugführer L. und T. mit ihren Fahrzeugen den Hubschrauber beschädigten, weil sie bezogen auf die Witterungsverhältnisse (Glatteis) unangepasst und/oder unaufmerksam fuhren und ihre Fahrzeuge vor dem als deutlichen Hindernis auf der Straße befindlichen Hubschrauber nicht rechtzeitig anhalten konnten. Der auffällige Hubschrauber war aus genügender Entfernung zu sehen; dass er (noch) nicht weiter gehend abgesichert war, fällt nicht in den Verantwortungsbereich der Beklagten, dessen Versicherter für diese Absicherung nicht zus...