Verfahrensgang

LG Aachen (Aktenzeichen 8 O 549/20)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 21.05.2021 - 8 O 549/20 - unter Zurückweisung der weiteren Berufung teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 8.193,52 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.12.2020 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeuges VW Polo 1.6 TDI mit der Fahrgestellnummer N01.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des vorgenannten Fahrzeugs in Annahmeverzug befindet.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt die Beklagte zu 72 %, die Klägerin zu 28 %. Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die jeweils andere Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin erwarb den streitgegenständlichen Pkw VW Polo 1,6 l TDI mit der FIN N01 am 04.03.2011 zu einem Kaufpreis von nominellen 21.830 EUR (Bl. 32 d.A.), wovon 2.784,86 EUR sowie weitere 1.000 EUR als Rabatte abgezogen wurden. Das Fahrzeug wies eine Laufleistung von 0 km beim Kauf (Bl. 26) und von 163.783 am 12.01.2022 auf (Bl. 493 R d.A.). Die Beklagte ist Entwicklerin und Herstellerin des in dem Fahrzeug verbauten Dieselmotors EA 189.

In den Motor dieses Pkw setzte die Beklagte eine Software ein, die zwei unterschiedliche Betriebsmodi zur Steuerung der Abgasrückführung kannte. Im Modus 1 kam es zu einer höheren Abgasrückführung und somit zu einem geringeren Ausstoß von Stickoxiden als in Modus 0. Der Modus 1 war allerdings nur beim Durchfahren des Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) aktiv. Im normalen Straßenverkehr wurde der im streitgegenständlichen Fahrzeug verbaute Motor nur im Betriebsmodus 0 betrieben.

Die Klägerin hat einen Anspruch aus vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gem. § 826 BGB geltend gemacht, der ihr trotz Verjährung nach §§ 852 S. 1, 818 Abs. 1, 2 BGB im Rahmen eines Restschadensersatzanspruchs weiter zustehe.

Die Klägerin hat erstinstanzlich zunächst beantragt,

1) die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 11.133,30 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des PKW VW Polo, Fahrgestellnummer N01,

2) festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 1) genannten Pkws in Annahmeverzug befindet.

Die Klägerin hat sodann ihre Anträge umgestellt und erstinstanzlich zuletzt beantragt,

1) die Beklagte zu verurteilen, Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über das aus dem In-Verkehr-Bringen des PKW VW Polo, Fahrgestellnummer N01 Erlangte,

2) für den Fall, dass die Auskunft bezüglich der Gewinnmarge nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erteilt wurde, die Beklagte zu verurteilen, die Richtigkeit der Auskunft an Eides statt zu versichern,

3) die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin den sich aus der Auskunft ergebenden Betrag nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Klage zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, ein Anspruch gem. § 852 BGB scheide aus rechtlichen Gründen aus.

Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens erster Instanz wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils verwiesen, § 540 ZPO.

Das Landgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Ein Anspruch aus § 852 BGB bestehe nicht, da unter wirtschaftlicher Betrachtung der Klägerin kein Schaden entstanden sei. Dementsprechend könne auch der Auskunftsanspruch nicht bestehen.

Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung wird auf das angefochtene Urteil verwiesen.

Mit der Berufung vertieft und ergänzt die Klägerin ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Sie beantragt nunmehr,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 8.489,04 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.12.2020 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des PKW VW Polo, Fahrgestellnummer N01,

2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des im Klageantrag zu 1) genannten PKWs in Annahmeverzug befindet,

hilfsweise,

1. die Beklagte zu verurteilen, Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über die aus dem In-Verkehr-Bringen des PKW VW Polo, Fahrgestellnummer N01, erlangte Gewinnmarge (Erstverkaufspreis abzüglich Herstellungskosten),

2. für den Fall, dass die Auskunft bezüglich der Gewinnmarge nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erteilt wurde, die Beklagte zu verurteilen, die Richtigkeit der Auskunft an Eides Statt zu versichern,

3. die Beklagte zu verurte...

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