Leitsatz (amtlich)
1. Zur Bemessung des Lizenzschadens bei urheberrechtswidriger Veröffentlichung professioneller Aktfotografien eines berühmten Models.
2. Eine Vorveröffentlichung der für die Printausgabe eines Magazins vorgesehenen Aktfotos auf der verlagseigenen und zahlpflichtigen Internetseite führt zu einer erheblichen Verminderung der Lizenzbeträge, da in diesem Falle keine Erstveröffentlichung durch den Verletzer mehr vorliegt.
Normenkette
UrhG § 97 II
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 14 O 414/14) |
Tenor
Das am 24.07.2020 verkündete Versäumnisurteil wird aufgehoben.
Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das am 21.06.2019 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 14 O 414/14 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklage wird verurteil, an die Klägerin 27.384,40 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.02.2014 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 88 % und die Beklagte zu 12 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 29 % und die Beklagte zu 71 %, mit Ausnahme der durch die Säumnis angefallenen Kosten, die die Klägerin trägt.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die der Vollstreckung ausgesetzte Partei darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die die Vollstreckung betreibende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin lizensiert die Zeitschrift "Playboy". Sie macht gegen die Beklagte, die eine Online-Nachrichtenagentur betreibt, wegen der Veröffentlichung von Fotografien nach Abschluss eines Unterlassungsverpflichtungsvertrages (betreffend 12 Fotografien) und Auskunftserteilung im vorliegenden Verfahren urheberrechtliche Ansprüche auf Zahlung von Lizenzschadensersatz geltend, ursprünglich in Form einer Teilklage für die Nutzung zweier Lichtbilder (Nrn. 4 und 1 Seite 4 f. der angefochtenen Entscheidung), zuletzt für die Nutzung aller 11 noch streitgegenständlichen Lichtbilder (Nrn. 1 bis 3 und 5 bis 12 Seite 5 ff. der angefochtenen Entscheidung). Außerdem nimmt die Klägerin die Beklagte auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren in Anspruch. Letztere errechnet sie ausgehend von einem Gegenstandswert von 480.000,00 EUR (12 × 40.000,00 EUR) für den Lizenzschaden mit einer 1,5 Geschäftsgebühr. Die Klägerin stützt ihre Ansprüche dem Grunde nach auf einen Vertrag mit den Fotografen B. und Q. vom 26.02.2013. Der Höhe nach leitet sie ihre Ansprüche im Wesentlichen daraus ab, dass die Beklagte die Fotos bereits vor der geplanten Veröffentlichung in der Sonderausgabe zum 60. Jubiläum des Playboy im Onlineportal w. der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und den Bildern damit die Exklusivität genommen habe. Kaufanreiz und Überraschungseffekt der Jubiläumsausgabe seien hierdurch erheblich gemindert gewesen. Es handele sich um außergewöhnliche erotische Bilder des damals 40 Jahre alten Models Kate Moss. Die Kosten des Fotoshootings hätten bei 2,4 Millionen EUR für 50 Fotos gelegen.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagte zur verurteilen, an sie 40.000,00 EUR zuzüglich Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.02.2014 zu zahlen,
2. die Beklagte weiter zu verurteilen, an sie 4.819,00 EUR nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.02.2014 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten und die Schadensersatzforderung als weit übersetzt gerügt. Erstattung von Abmahnkosten könne die Klägerin schon deshalb nicht verlangen, weil die Voraussetzungen des § 97a Abs. 2 UrhG nicht erfüllt seien.
Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme durch Einholung von zwei Sachverständigengutachten und Vernehmung eines Zeugen mit Urteil vom 21.06.2019, auf das wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 ZPO Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Das Veröffentlichungsrecht sei zum Zeitpunkt der Nutzung der Fotos durch die Beklagte bereits erloschen gewesen. Die Klägerin habe die Fotos am 02.12.2013 auf ihrer Webseite iplayboy.com ins Internet eingestellt. Bezüglich des geltend gemachten Rechts zur Vervielfältigung und öffentlichen Zugänglichmachung fehle es an der Aktivlegitimation. Im Vertrag vom 26.02.2013 seien der Klägerin diese Rechte gerade nicht exklusiv eingeräumt worden, im Gegensatz zum Veröffentlichungsrecht. Das neue Vorbringen der Klägerin im insoweit nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 28.02.2019 sei gemäß § 296a ZPO nicht zu berücksichtigen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie rügt bezüglich der Aktivlegitimation eine fehlerhafte Vertragsauslegung und Verletzung des rechtlichen Gehörs durch das Übergehen von Beweisantritte...