Leitsatz (amtlich)

1. Ein unterhalb der Artikelbezeichnung auf dem Portal Amazon.de als "Marke" eingetragenes Zeichen wird in der Regel als Herkunftshinweis des Produktes wahrgenommen.

2. Es ist rechtsmissbräuchlich, wenn ein Anbieter auf dem Amazon-Marketplace, der als erster ein Angebot erstellt und so eine ASIN generiert, als "Marke" eine Marke einträgt, die entgegen den Richtlinien des Marketplace-Betreibers nicht auf dem Produkt oder dessen Verpackung abgedruckt ist, und sodann gegen Verkäufer vorgeht, die sich diesem Angebot anschließen.

 

Normenkette

BGB § 242; MarkenG § 14 Abs. 1, 2 Nr. 1, Abs. 5

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 84 O 153/20)

 

Tenor

Unter Abänderung des am 16.12.2020 verkündeten Urteils des Landgerichts Köln, Az. 84 O 153/20, wird der Beschluss des Landgerichts Köln vom 15.09.2020, Az. 84 O 153/20, aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens über die Frage, ob die Antragsgegnerin eine Marke der Antragstellerin im Rahmen eines Angebots auf dem Amazon Marketplace unbefugt genutzt und Verbraucher in die Irre geführt hat.

Die Antragstellerin betreibt einen Handel mit Lebensmitteln und Getränken vorwiegend aus dem US-Import. Sie vertreibt ihre Waren u.a. über ihre Online-Shops "v...de" und "b...de". Ihr Angebot richtet sich an Verbraucher und Gewerbetreibende.

Die Antragstellerin ist Inhaberin der Wortmarke "Marke1" mit der Registernummer ..., die u.a. für die Waren "Chips, Erdnussbutter, Bonbons, Cerealien, Kaugummi, Nudeln und Schokolade" geschützt ist. Für die Ware "Bier" genießt die Marke keinen Schutz. Wegen der Einzelheiten wird auf die als Anlage AS 2 vorgelegten Markenunterlagen Bezug genommen.

Am 01.09.2020 stellte die Antragstellerin fest, dass die Antragsgegnerin auf dem Internetverkaufsportal Amazon Bonbons und alkoholische Getränke unter Verwendung des Zeichens "Marke1" anbot, wie aus Anlagen AS 4 und AS 5 ersichtlich. Das Produkt wird wie folgt dargestellt:

Mike And Ike Mega Mix Candy

Marke: "Marke1"

sowie

US Bier - 14 Sorten 24 Dosen/Flaschen Anheuser Bush Bud Light Lime Coores Michelob Ultra Miller Genuine Draft High LifeMilwaukee Best Pabst Blue Ribbon lager (Bud Light, 24x 473 ml)

Marke: "Marke1"

Die "Marke" des jeweiligen Produkts wird durch den ersten Anbieter, der das Produkt über die Plattform Amazon.de anbieten möchte, angegeben. Nach den von Amazon vorgegebenen Grundsätzen darf an der entsprechenden Stelle lediglich eine Marke eingetragen werden, der entweder auf dem Produkt selbst oder auf dessen Verpackung zu finden ist.

Die Antragstellerin hat in dem Angebot der Antragsgegnerin von Süßigkeiten eine Markenverletzung gesehen. Das Angebot sei darüber hinaus - wie auch das Angebot von Bier - irreführend, weil eine Täuschung über die betriebliche Herkunft im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 2 UWG erfolge.

Die Antragstellerin hat behauptet, dass zwischen ihr und der Firma "V2" lediglich eine Kooperation existiere. Die Firma "V2" vertreibe Lebensmittel verschiedenster Art jedoch im eigenen Namen auf Amazon. Zu ihren eigenen Angeboten gehörten auch Waren aus dem Produktportfolio der Antragstellerin, welche die "V2" im eigenen Namen verkaufe. Die Firma "V2" vertreibe nicht nur Produkte der Antragstellerin im eigenen Namen, sondern auch Waren zahlreicher anderer Anbieter. Das Amazon-Konto der Firma "V2" sei nicht der Antragstellerin zuzuordnen.

Die Antragsgegnerin habe zudem nicht glaubhaft gemacht, dass es sich bei ihren Angeboten lediglich um ein "Anhängen" bei Amazon an ein fremdes Angebot gehandelt habe. Es sei nicht einmal erkennbar, wer überhaupt der angebliche Ersteinsteller der Angebote gewesen sein solle. Vielmehr sei davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin selbst die Marke der Antragstellerin unberechtigt für ihre Angebote benutzt habe.

Die Antragstellerin hat am 15.09.2020 eine einstweilige Verfügung des Landgerichts erwirkt, mit der der Antragsgegnerin bei Meidung der üblichen Ordnungsmittel untersagt wurde,

a) im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland beim Verkauf von Bonbons das Zeichen "Marke1" zu benutzen, wie in dem Amazon-Angebot ASIN BYYYY wie in der Anlage des Beschlusses wiedergegeben geschehen;

b) zum Zwecke des Wettbewerbs irreführende Angaben über die betriebliche Herkunft der Waren durch Nutzung des Zeichens "Marke1" zu machen, wie in dem Amazon-Angeboten ASIN BYYYY und ASIN BZZZZ wie in der Anlage des Beschlusses wiedergegeben geschehen.

Nach Widerspruch hat die Antragstellerin sinngemäß beantragt,

die einstweilige Verfügung mit einer Berichtigung eines konkret bezeichneten Schreibfehlers zu bestätigen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

die einstweilige Verfügung der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 15.09.2020 (84 O 153/20) aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag vom 14.09.2020 zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin hat behauptet, die Antragstellerin v...

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