Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 07.06.1995; Aktenzeichen 25 O 46/91) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 7. Juni 1995 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 25 0 46/91 – abgeändert und wie folgt neu gefaßt: Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 40.000,– DM nebst 4 % Zinsen seit dem 19. Mai 1990 zu zahlen. Die Kosten des R echtsstre i ts be i der Rechtszüge trägt die Beklagte. Das Urteil ist vorläufig vol lstreckbar.
Tatbestand
Der Ehemann der Klägerin wandte sich etwa Anfang März 1990 zwecks Darlehensbeschaffung an den Zeugen G., der damals als Agent unter anderem für die Beklagte tätig war. Der Zeuge vermittelte ein Darlehen der … Bank über 40.000,– DM, das jedenfalls am 17. März 1990 auf dem Konto des Darlehensnehmer zur Verfügung stand. Außerdem vermittelte er den Abschluß einer Kapitallebensversicherung mit einer Todesfallsumme von 40.000,– DM zur Sicherung des Darlehensrückzahlungsanspruchs. Der Antrag des Ehemannes der Klägerin datiert vom 8. März 1990. Im Antrag ist als Versicherungsbeginn „03/90” eingetragen. Wegen des zu zahlenden Beitrags in Höhe von 1.563,80 DM halbjährlich erteilte der Antragsteller eine Lastschrifteinzugsermächtigung von seinem Bankkonto. Ebenfalls unter dem 8. März 1990 erklärte der Antragsteller die Abtretung von Ansprüchen aus der Lebensversicherung, die die … Bank am 12. März 1990 annahm und von der die Beklagte am 14. März 1990 Kenntnis erhielt. Unter dem 19. März 1990 fertigte die Beklagte den Versicherungsschein über die beantragte Versicherung aus. Als Versicherungsbeginn ist der 1. März 1990, mittags 12.00 Uhr, eingetragen. Mit Anschreiben vom 19. März 1990 sandte die Beklagte den Original-Versicherungsschein an die … Bank, eine Durchschrift davon an den Ehemann der Klägerin. Unter § 1 der der Versicherung zugrundeliegenden AVB heißt es:
„Ihr Versicherungsschutz beginnt, wenn Sie den ersten oder einmaligen Beitrag (Einlösungsbeitrag) gezahlt und wir die Annahme Ihres Antrags schriftlich durch Aushändigung des Versicherungsscheins bestätigt haben. Vor dem im Versicherungsschein angegebenen Beginn der Versicherung besteht jedoch noch kein Versicherungsschutz.”
Der Ehemann der Klägerin verstarb völlig unerwartet am 19. März 1990 um 16.40 Uhr. Alleinerbin ist die Klägerin. Sie hat erfolglos Zahlung der Versicherungssumme mit der Rechtsansicht begehrt, der Versicherungsvertrag sei bereits vor Ableben des Versicherungsnehmers gemäß § 151 BGB zustandegekommen. Außerdem habe der Zeuge G. bei Antragsaufnahme erklärt, es bestehe Versicherungsschutz bereits ab diesem Zeitpunkt.
Das Landgericht hat die Klage nach Vernehmung des Zeugen G. abgewiesen.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr erstinstanzliches Vorbringen und meint außerdem, der Versicherungsvertrag sei jedenfalls durch Zugang der Annahmeerklärung bei ihr am 20. März 1990 wirksam zustandegekommen. Da als Versicherungsbeginn der 1. März 1990 beantragt und auch policiert worden sei, liege eine zulässige Rückwärtsversicherung vor.
Sie beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an sie 40.000,– DM nebst 4 % Zinsen seit dem 19. Mai 1990 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie meint, ein Versicherungsvertrag sei nicht wirksam zustandegekommen. Eine Leistungspflicht scheitere im übrigen an § 1 AVB. Eine Rückwärtsversicherung komme nicht in Betracht. Sie behauptet, der Versicherungsschein sei zwar am 19. März 1990 ausgefertigt, aber erst am 20. März 1990 auf den Postweg gebracht worden.
Sie bittet um Zulassung der Revision.
Wegen aller Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils sowie die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte und prozeßordnungsgemäß begründete Berufung der Klägerin ist auch in der Sache gerechtfertigt.
1.
Der von dem Erblasser beantragte Lebensversicherungsvertrag ist wirksam zustandegekommen.
a) Die vom Erblasser unter dem 8. März 1990 abgegebene und auf Abschluß des Versicherungsvertrages gerichtete Willenserklärung ist mit Zugang bei der Beklagten am 16. März 1990 wirksam geworden (§ 130 Abs. 1 BGB). Da der Erblasser zu diesem Zeitpunkt noch gelebt hat, kommt es auf § 130 Abs. 2 BGB, wonach es auf die Wirksamkeit der Willenserklärung ohne Einfluß ist, wenn der Erklärende nach Abgabe stirbt, nicht an.
b) Der Antrag ist auch trotz des Versterbens des Antragstellers annahmefähig geblieben. Das folgt aus § 153 BGB, der bestimmt, daß das Zustandekommen des Vertrages nicht dadurch gehindert wird, daß der Antragende vor der Annahme stirbt, es sei denn, daß ein anderer Wille des Antragenden anzunehmen ist. Letzteres ist offensichtlich nicht der Fall, weil durch die Todesfallversicherung gerade die hinterbliebene Ehefrau des Antragstellers begünstigt werden sollte.
c) Die Beklagte hat den Antrag auch wirksam angenommen. ...