Leitsatz (amtlich)

Die Klausel „Zeichnung von Neuemissionen bei Nichtzuteilung 10 Euro je Order” in der Preisübersicht für das Depot- und Wertpapiergeschäft einer Bank stellt eine kontrollfähige (Preis-)Nebenabrede dar, die einer Überprüfung nach § 9 AGBG im Wege der Verbandsklage nicht standhält, wenn sie bei „kundenfeindlichster” Auslegung auch den Fall erfasst, dass die Beklagte selbst als Konsortialbank an der Neuemission beteiligt ist.

 

Normenkette

AGBG § 9

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 26 O 27/00)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das am 4.7.2001 verkündete Urteil der 26. Zivilkammer des LG Köln – 26 O 87/00 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das LG hat die Beklagte zu Recht verurteilt, die Verwendung der streitgegenständlichen Klausel „Zeichnung von Neuemissionen bei Nichtzuteilung 10 Euro je Order” in dem aus dem Tenor des angegriffenen Urteils zu entnehmenden Umfang zu unterlassen, da der gestellte Klageantrag als zulässig i.S.v. § 15 AGBG anzusehen ist und die Verwendung der beanstandeten Klausel gegen § 9 Abs. 1 AGBG verstößt.

1. Entgegen der von der Beklagten auch in der Berufung vertretenen Ansicht ist die Klage zulässig, da der vom Kläger gestellte Klageantrag, der sich im erstinstanzlichen Urteilstenor widerspiegelt, nicht zu unpräzise und zu weiter gehend gefasst ist, sondern den Anforderungen von § 15 Abs. 2 AGBG genügt. Es wird sowohl der Wortlaut der beanstandeten Bestimmung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen „Zeichnung von Neuemissionen bei Nichtzuteilung 10 Euro je Order” gem. § 15 Abs. 2 Ziff. 1 AGBG als auch entspr. Ziff. 2 dieser Vorschrift die Art des Rechtsgeschäfts bezeichnet, für die die Bestimmung beanstandet wird. Hingegen kann nicht isoliert nur die Formulierung „in Bezug auf Aktienaufträge” betrachtet werden. Diese Formulierung wird vielmehr präzisiert durch die Bezeichnungen unter den Rubriken „Beratungsgeschäft” und Direktordergeschäft” mit den Untertiteln „Provision” und „Mindestpreis” sowie den Wortlaut der beanstandeten Klausel selbst. Hierdurch wird hinreichend klar, dass nur ein fest umrissener Bereich des Aktiengeschäfts gemeint ist, der sich eindeutig von anderen, nicht betroffenen Geschäften abgrenzen lässt. Auch der Hinweis der Beklagten, sie verwende diese Klausel zwar unter den Rubriken „Beratungsgeschäft” und „Direct-Order-Geschäft”, nicht aber mit den weiteren Untertiteln „Provision” und „Mindestpreis” greift nicht durch, da es bei der Beurteilung der Formulierung des Klageantrages nicht darauf ankommt, ob die Beklagte die Klausel inhaltlich als „Provision” oder „Mindestpreis” verstanden wissen will oder nicht. Entscheidend ist allein die grafische Eingliederung der streitigen Klausel in die als Allgemeine Geschäftsbedingungen zu wertende Übersicht der Beklagten über die „Preise im Depot- und Wertpapiergeschäft der S. Bank K. eG”, so dass der Klageantrag die streitgegenständliche Klausel zutreffend erfasst.

2. Weiter hat das LG auch zu Recht bejaht, dass der gem. § 13 Abs. 2 Nr. 1 AGBG klagebefugte und aktivlegitimierte Kläger von der Beklagten verlangen kann, dass diese die Verwendung der streitgegenständlichen Klausel unterlässt, da die Klausel mit § 9 Abs. 1 AGBG nicht zu vereinbaren ist. Insoweit kann der angefochtenen Entscheidung allerdings nur i.E., nicht aber in der Begründung gefolgt werden.

a) Zwar geht das LG bei der inhaltlichen Überprüfung der streitigen Klausel, die mit überzeugenden und in der Berufung nicht mehr angegriffenen Erwägungen als eine Allgemeine Geschäftsbedingung qualifiziert worden ist, zutreffend davon aus, dass jedenfalls eine eingeschränkte Kontrolle im Hinblick auf das sog. Transparenzgebot auch bei Klauseln, die z.B. das Preis-/Leistungsverhältnis betreffen und daher grundsätzlich unter § 8 AGBG fallen, möglich ist (Brandner in Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 9. Aufl. 2000, § 8 Rz. 8a, § 9 Rz 87). Der Bewertung, hier liege ein Verstoß gegen das Transparenzgebot vor, durch den die Vertragspartner der Beklagten nach § 9 Abs. 1 AGBG unangemessen benachteiligt würden, weil nach der Fassung der streitgegenständlichen Klausel unklar sei, wofür ein Pauschalbetrag von 10 Euro je Order gezahlt werden soll, schließt sich der Senat aber nicht an. Zwar mag aufgrund der beiden Spaltenüberschriften „Provision” und „Mindestpreis” sowie des Vortrages der Beklagten, es gehe um ein Entgelt für das Recht des Kunden auf Teilnahme am Zuteilungsverfahren, unklar sein, wie der nach der Klausel zu zahlende Betrag von 10 Euro rechtlich zu beurteilen ist. Die fehlende Offenlegung einer derartigen rechtlichen Einordnung ist aber kein Problem einer fehlenden Transparenz der Klausel, da die Transparenzkontrolle keine inhaltliche Kontrolle, sondern nur die Überprüfung einer Klausel in Bezug auf ihre äußere Gestaltung beinhaltet. Das ...

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