Verfahrensgang
LG Aachen (Aktenzeichen 10 O 109/16) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 10.01.2017 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 10 O 109/16 - abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten beider Rechtszüge tragen die Kläger.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
(Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.)
Gründe
Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg. Den Klägern steht kein Anspruch gemäß § 844 Abs. 2 BGB auf die Feststellung zu, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch Schadensersatz durch Entrichtung einer Geldrente an die Kläger zu leisten haben, soweit die Kläger von ihrem am 21.09.2014 durch ein Unfallereignis getöteten Sohn T Unterhalt hätten verlangen können.
1. Die auf Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für zukünftige Unterhaltsschäden gerichtete Klage ist auf der Grundlage der zutreffenden und zu Recht unwidersprochen gebliebenen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig.
2. Die Klage ist indes unbegründet.
Nach gefestigter Rechtsprechung (vgl. BGH, Urteil vom 03. Dezember 1951 - III ZR 119/51 -, juris; OLG Koblenz, Urteil vom 18. November 2002 - 12 U 1035/01 -, juris; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 06. September 2007 - 7 U 34/07 -, juris; OLG Stuttgart, Urteil vom 29. Oktober 2008 - 3 U 111/08 -, juris; OLG Hamm, Urteil vom 23. November 2012 - I-9 U 179/11 -, juris) kann ein gemäß § 1601 BGB unterhaltsberechtigter Elternteil Feststellung einer Ersatzverpflichtung gem. § 844 Abs. 2 BGB beantragen, wenn die Möglichkeit im Raum steht, dass der verunglückte Sohn bei eigener Leistungsfähigkeit und Bedürftigkeit der Eltern unterhaltspflichtig werden würde. Begründet ist das Begehren dann, wenn nach der Erfahrung des Lebens und dem gewöhnlichen Lauf der Dinge die spätere Verwirklichung dieses Unterhaltsanspruchs nicht ausgeschlossen ist - an die Beweiswürdigung ist dabei kein strenger Maßstab anzulegen; zu berücksichtigen sind das Alter des Verpflichteten, dessen Gesundheit und geistige Befähigung, seine Schul- und Berufsausbildung, die Arbeitswilligkeit und die Erwerbsmöglichkeiten (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht aaO); ein Unterhaltsanspruch darf aber auch nicht ganz fernliegend sein.
Im Streitfall liegen diese Voraussetzungen nicht vor.
Ein - zukünftiger - Unterhaltsschaden der Kläger setzte voraus, dass sie selbst bedürftig würden mit der Folge eines nach § 1601 BGB entstehenden Unterhaltsanspruchs gegen ihren Sohn. Auf der Grundlage ihres Sachvortrags ist allerdings nicht, jedenfalls nicht ohne weiteres festzustellen, dass Bedarf und Bedürftigkeit der beiden Kläger sich künftig in einer Weise entwickeln würden, die den Bezug ergänzender Unterstützung und solcherart einen von ihren Kindern bzw. dem verstorbenen Sohn zu leistenden Unterhalt erforderte.
Nach dem Stand im Berufungsverfahren beziehen die Kläger Renten von monatlich 1.235,76 EUR bzw. 447,53 EUR; sie leben, wie sie in der mündlichen Verhandlung bestätigt haben, im eigenen Haus. Angaben über ihr Vermögen machen sie nicht. Neben dem verstorbenen Sohn der Kläger haben sie im Übrigen auch eine, potentiell unterhaltspflichtige, Tochter. Eine Prognose dergestalt, dass die derzeit auskömmliche und eine Unterhaltspflicht ihres Sohnes nicht begründende Lebenssituation sich grundlegend, etwa im Fall schwerer Krankheit oder bei Pflegebedürftigkeit, ändern könnte, wäre mithin rein hypothetischer Natur.
Bei den Klägern ist auf dieser Grundlage eine künftige Bedürftigkeit nicht zu erwarten, wenn auch nicht vollkommen ausgeschlossen. Ob die bloß theoretische Möglichkeit einer künftigen Bedürftigkeit den Feststellungsanspruch bereits auszufüllen vermag, kann letztlich dahinstehen. Denn jedenfalls fehlt es an der weiteren Voraussetzung einer Leistungsfähigkeit des Sohnes i.S. des § 1603 Abs. 1 BGB.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Januar 2017 - XII ZB 118/16 -, Rn. 16, juris; BGH, Beschluss vom 09. März 2016 - XII ZB 693/14 -, juris) findet die Verpflichtung zur Zahlung von Verwandtenunterhalt nach § 1603 Abs. 1 BGB dort ihre Grenze, wo der Unterhaltspflichtige bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt des Berechtigten zu gewähren. § 1603 Abs. 1 BGB gesteht damit jedem Unterhaltspflichtigen vorrangig die Sicherung seines eigenen angemessenen Unterhalts zu; ihm sollen grundsätzlich die Mittel verbleiben, die er zur angemessenen Deckung des seiner Lebensstellung entsprechenden allgemeinen Bedarfs benötigt.
Maßgebend ist beim Elternunterhalt die Lebensstellung, die dem Einkommen, Vermögen und sozialen Rang des Verpflichteten entspricht, mithin der gesamte individuelle Lebensbedarf einschließlich einer angemessenen Altersversorgung. Dieser angemessene Eigenbedarf kann also nicht durchgängig mit einem...