Leitsatz (amtlich)
1. Nach Art. 15 DS-GVO hat jede betroffene Person, gem. Art. 4 Nr. 1 DS-GVO also jede durch personenbezogene Daten identifizierbare oder identifizierte Person, das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden. Ist dies der Fall, so hat sie u.a. ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten.
2. Der Begriff der "personenbezogenen Daten" nach Art. 4 DS-GVO ist weit gefasst und umfasst nach der Legaldefinition in Art. 4 Nr. 1 DS-GVO alle Informationen, die sich auf eine identifizierbare natürliche Person
beziehen.
3. Art. 15 DS-GVO erfasst im Verhältnis zwischen Versicherung und Versicherungsnehmer folglich nicht nur die sog. Stammdaten, sondern z.B. auch Telefonvermerke und Gesprächsnotizen, welche die Versicherung mit Bezug zur Person des Versicherungsnehmers gespeichert, genutzt und verarbeitet hat.
4. Der Datenauskunftsanspruch wurde zwar nicht dazu geschaffen, die grundsätzliche Struktur des deutschen Zivilprozessrechts umzukehren, wonach jedem Anspruchsteller die Darlegung und der Beweis der ihm günstigen Tatsachen auferlegt wird. Faktisch gewährt Art. 15 DS-GVO nun jedoch ein der US-amerikanischen "discovery" angenähertes Auskunftsrecht natürlicher Personen zu den über sie vorhandenen personenbezogenen Daten.
5. Der Streitwert einer Klage auf Datenauskunft ist mit 5.000 EUR zu bewerten.
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 26 O 360/16) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 9.4.2018 verkündete Urteil des Landgerichts Aachen (Az.: 26 O 360/16) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Unter Abweisung der Klage im Übrigen wird die Beklagte verurteilt, dem Kläger über die mit Schreiben vom 10.8.2018 bereits erfolgte Übersendung einer "Aufstellung Ihrer Personendaten aus der zentralen Datenverarbeitung" sowie "Aufstellung Ihrer Personendaten aus dem Lebensversicherungsvertrag Nr. ... hinaus Auskunft zu sämtlichen weiteren diesen betreffenden personenbezogenen Daten, insbesondere auch in Gesprächsnotizen und Telefonvermerken, zu erteilen, welche die Beklagte gespeichert, genutzt und verarbeitet hat.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten beider Instanzen trägt der Kläger.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.500,00 EUR. Der Kläger darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird für die Beklagte hinsichtlich der Frage des Umfangs des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 DS-GVO zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger schloss bei der Beklagten mit Wirkung zum 1.11.2000 einen Lebensversicherungsvertrag nebst Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (Versicherungsnummer: ...) ab. Die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung sah für den Fall des Eintritts bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit eine Beitragsbefreiung sowie zunächst eine Jahresrente i.H.v. 32.609,52 DM bis zum Ablaufdatum am 1.11.2023 vor. Der Vertrag enthielt eine Dynamisierung im Abstand von zwei Jahren i.H.v. jeweils 10 %. In den der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung zu Grunde liegenden Bedingungen der Beklagten für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (BI. 51 ff. d.A., im Folgenden BBUZ), auf die im Übrigen Bezug genommen wird, heißt es auszugsweise:
"§ 1 Was ist versichert?
(1) Im Rahmen dieser Zusatzversicherung können folgende Leistungen versichert werden:
- Befreiungen von der Beitragszahlungspflicht für die Hauptversicherung und die eingeschlossenen Zusatzversicherungen und/oder
- Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente, die wir monatlich Im Voraus erbringen.
(2) Wird der Versicherte während der Versicherungsdauer dieser Zusatzversicherung vollständig oder teilweise berufsunfähig, so erbringen wir die nach Absatz 1 vereinbarten Versicherungsleistungen,
a) Standardregelung:
- in voller Höhe bei einer Berufsunfähigkeit von mindestens 75 Prozent,
- entsprechend dem Grad der Berufsunfähigkeit, wenn diese mindestens zu 25 % besteht.
(...)
(3) Der Anspruch auf Beitragsbefreiung und Rente entsteht mit Ablauf des Monats, in dem die Berufsunfähigkeit eingetreten ist Er muss innerhalb von sechs Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Wird uns die Berufsunfähigkeit später als sechs Monate nach ihrem Eintritt schriftlich mitgeteilt, so entsteht der Anspruch auf die Versicherungsleistungen erst mit Beginn des Monats der Mitteilung, es sei denn der Anspruchserhebende kann mangelndes Verschulden an der Verspätung nachweisen. (...)
(...)
§ 3 Was ist Berufsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen?
(1) Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn der Versicherte infolge Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfalls, die ärztlich nachzuweisen sind, voraussichtlich dauernd (mindestens drei Jahre) außerstande ist, in seinem zuletzt ausgeübten Beruf t...