Entscheidungsstichwort (Thema)
"Auktionsportal für Kunstwerke": Haftung des Portalbetreibers für Urheberrechtsverletzungen
Leitsatz (amtlich)
Der Internetportalbetreiber, dessen Geschäftsmodell darin besteht, dass durch Dritte - nicht die Kunstschaffenden selbst - Kunstwerke zum Kauf angeboten werden, und dass die Werke länger als eine Woche nach Kaufabschluss noch im Netz für jedermann einsehbar sind, ist Gehilfe der Rechtsverletzung des Veräußerers, der das Werk über die durch § 58 Abs. 1 UrhG gezogenen Grenzen hinaus öffentlich zugänglich gemacht hat.
Normenkette
UrhG § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2, §§ 18, 19a, 44, 58 Abs. 1, § 97 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 21.05.2008; Aktenzeichen 28 O 691/07) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Antragstellers wird das am 21.5.2008 verkündete Urteil der 28. Zivilkammer des LG Köln - 28 O 691/07 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Den Antragsgegnern wird im Wege der einstweiligen Verfügung aufgegeben, es zu unterlassen, die nachfolgend wiedergegebene Zeichnung länger als eine Woche öffentlich zugänglich zu machen, nachdem ihr Verkauf über die Internet-Plattform www. eart. de durchgeführt worden ist.
2. Den Antragsgegnern wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein vom Gericht festzusetzendes Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten angedroht.
II. Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen haben die Antragsgegner zu tragen.
Gründe
I. Der Antragsteller, ein Industriedesigner, hat um das Jahr 1950 die auf S. 2 dieses Urteils wiedergegebene Zeichnung geschaffen und später veräußert. Die Antragsgegnerin zu 1) betreibt unter der Adresse "www.xx.de" ein Internetauktionsportal, über das Kunstwerke - allerdings nicht von den Künstlern selbst - öffentlich verkauft ("versteigert") werden können. Der Antragsgegner zu 2) ist ihr Geschäftsführer.
Der Eigentümer der Zeichnung stellte diese im Jahre 2007 in das von der Antragsgegnerin zu 1) betriebene Auktionsportal ein und ließ es veräußern. Die Zeichnung wurde auf Betreiben des Antragstellers am 13.11.2007 von dessen Verfahrensbevollmächtigtem "ersteigert". Auch nach diesem Erwerb verblieb die Abbildung der Zeichnung zunächst in dem Internetportal. Erst am 21.11.2007, nach dem Eingang einer hierauf gerichteten Abmahnung des Antragstellers, entfernte die Antragsgegnerin zu 1) sie von der Internetseite.
Der Antragsteller begehrt als Inhaber der ihm auch nach der Veräußerung an den Versteigerer verbliebenen Nutzungsrechte Unterlassung der öffentlichen Zugänglichmachung. Die Kammer hat eine zunächst erlassene einstweilige Verfügung auf den Widerspruch der Antragsgegner mit der Begründung aufgehoben, es komme nur eine Haftung als Störer in Betracht, diese sei aber nicht gegeben, weil die Beklagten keine Prüfungspflichten verletzt hätten. Eine Überprüfung der Rechtesituation im Zeitpunkt der Einstellung der Bilder zu Beginn der Auktion sei den Antragsgegnern nicht zumutbar und auch nach Beendigung der Auktion seien diese nicht gehalten gewesen, die Darstellung des Werkes spätestens nach einer Woche aus dem Netz zu entfernen, weil sie mangels näherer Informationen nicht habe ausschließen können, dass der Verkäufer - etwa als Schöpfer des Werkes - selbst über die Rechte an dem Bild verfüge.
Mit seiner Berufung verfolgt der Antragsteller sein Begehren weiter. Die Antragsgegner behaupten, vom Zeitpunkt des Zuschlags an hätten nur noch der Verkäufer und der Erwerber unter Verwendung von Benutzernamen und Passwort das Bild im Internet einsehen können. Sie meinen, der Veräußerer sei sogar berechtigt, die Abbildung erneut in die Internetauktionsplattform einzustellen, weil - was unstreitig ist - der Erwerber, der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers, die Zeichnung bis heute nicht abgenommen habe.
II. Die Berufung ist - nachdem dem Antragsteller mit Blick auf die Versäumung der Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt worden ist - zulässig und begründet.
Es besteht - was zwischen den Parteien nicht umstritten ist - angesichts der Antragstellung binnen eines Monats nach Kenntnisnahme der Abbildung auf der Internetseite durch den Antragsteller gem. §§ 935, 940 ZPO der Verfügungsgrund der Dringlichkeit.
Der Verfügungsanspruch ist aus §§ 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2, 19a, 97 Abs. 1 S. 1 UrhG auch begründet.
Zu Recht gehen die Parteien hinsichtlich der Werksqualität der Zeichnung übereinstimmend von der hierfür gem. § 2 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 UrhG erforderlichen Schöpfungshöhe aus. Im Vordergrund des durch die Zeichnung vermittelten Eindrucks mögen pornografische Elemente stehen. Indes sind nicht lediglich menschliche Körper unter Betonung ihrer naturgetreu wiedergegebenen Geschlechtsorgane dargestellt. Es fällt auf, dass sich die Frau von dem Mann deutlich abgewendet hat und sich ausschließlich für dessen Glied zu interessieren scheint. Damit kontrastiert die hervorgehobene Darstellung eines Herzens auf ihrem Leib, das weitergehende Gefühle andeuten kann. Von de...