Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit eines Teilurteils
Leitsatz (amtlich)
Ein landgerichtliches Teilurteil stellt sich als unzulässig dar, wenn die Frage der Haftung der Beklagten für vor einem Asset Deal stattgefundene Geschäftsvorgänge sowohl für die Reichweite des beschiedenen Antrags auf Erteilung eines Buchauszugs als auch für die Höhe des in erster Instanz noch anhängigen Antrags auf Zahlung eines Handelsvertreterausgleichs relevant werden kann.
Normenkette
ZPO § 301
Verfahrensgang
LG Bonn (Urteil vom 14.04.2010; Aktenzeichen 16 O 73/09) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten werden das am 14.4.2010 verkündete Urteil der 16. Zivilkammer des LG Bonn - 16 O 73/09 - und das Verfahren aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Berufung, an das LG zurückverwiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
(abgekürzt gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO)
I. Die Berufung ist zulässig, insbesondere ist sie unter Einhaltung der Frist- und Formerfordernisse der §§ 517, 519 ZPO eingelegt und rechtzeitig begründet worden. In der Sache führt das Rechtsmittel der Beklagten gem. § 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 ZPO unter Aufhebung des angefochtenen Teilurteils und des Verfahrens zur Zurückverweisung der Sache an das LG. Der Erlass eines Teilurteils war unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 301 ZPO nicht erfüllt sind.
Nach § 301 ZPO ist der Erlass eines Teilurteils nur zulässig, wenn dieses über einen aussonderbaren, einer selbständigen Entscheidung zugänglichen Teil des Verfahrensgegenstands ergeht und die Entscheidung über diesen Teil unabhängig von demjenigen über den restlichen Teil des Verfahrensgegenstands getroffen werden kann, so dass die Gefahr einander widerstreitender Erkenntnisse nicht besteht. Dabei steht dem Erlass eines Teilurteils schon die bloße Möglichkeit entgegen, dass es in demselben Rechtsstreit, und sei es im Instanzenzug, zu einander widersprechenden Beurteilungen kommt (vgl. BGH NJW 2009, 1824; 2004, 1452; 1999, 1035). Ein Teilurteil darf daher nur ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen im Teil- und im Schlussurteil - auch in Folge abweichender Bewertung des Sachverhalts durch das Rechtsmittelgericht - praktisch und theoretisch ausgeschlossen ist (vgl. OLG Köln NJW-RR 1992, 908 [909]).
Eine Widersprüchlichkeit ist dabei nicht im Sinne eines Rechtskraftkonflikts zu verstehen. Vielmehr darf es, da § 301 ZPO die Einheitlichkeit und Widerspruchsfreiheit von Entscheidungen in ein und demselben Rechtsstreit gewährleisten soll, auch nicht zu einer unterschiedlichen Beurteilung bloßer Urteilselemente, die nicht in Rechtskraft erwachsen, kommen (vgl. BGH NJW 2009, 1824; 1999, 1035; OLG Saarbrücken vom 5.6.2007 - 4 U 73/07 - Rz. 30, zitiert nach juris). Deshalb darf die Entscheidung des Reststreits nicht die gleiche Vorfrage wie der (durch Teilurteil erledigte) Streit umfassen (vgl. Vollkommer in Zöller, ZPO, 28. Aufl., § 301 Rz. 7).
Nach diesen Kriterien durfte das LG kein Teilurteil erlassen, da im Rahmen des in erster Instanz noch anhängigen Antrags auf Zahlung eines Handelsvertreterausgleichs, ebenso wie bei dem durch das angefochtene Teilurteil beschiedenen Antrag auf Erteilung eines Buchauszugs, die Einstandspflicht der Beklagten für Geschäftsvorgänge vor ihrer im Lauf des Jahres 2008 begonnenen Zusammenarbeit mit dem Kläger zu beurteilen ist. Das LG hat die Beklagte mit dem angefochtenen Teilurteil verurteilt, gem. § 87c Abs. 2 HGB einen Buchauszug auch bezüglich solcher Geschäfte zu erteilen, die erfolgt sind, bevor die Beklagte am 8.5.2008 den Geschäftsbetrieb der T. GmbH a G. Company als ursprünglicher Vertragspartnerin des Klägers übernommen und nachfolgend weitergeführt hat. Den nach § 89b Abs. 1 HGB verlangten Handelsvertreterausgleich hat der Kläger an Hand von Provisionsabrechnungen in der Zeit von Mai 2008 bis Dezember 2008 berechnet. In diese Berechnung ist u.a. die Provisionsabrechnung vom 8.5.2008 für die Zeit "01.05.-8.5.2008" und damit ein vor dem Asset Deal vom 8.5.2008 liegender Zeitraum eingeflossen. Darüber hinaus hat der Kläger bei der Berechnung der Kappungsobergrenze seines Ausgleichsanspruchs (§ 89b Abs. 2 HGB) auf die Jahre 2004 bis 2008 und damit ebenfalls auf eine vor dem Asset Deal liegende Zeitspanne zurückgegriffen. Auch insoweit kann sich deshalb mittelbar bei der Bemessung des Handelsvertreterausgleichs die Frage einer - vom LG im angefochtenen Teilurteil bejahten - gesetzlichen Haftung der Beklagten kraft Geschäfts- und Firmenfortführung nach § 25 Abs. 1 HGB und/oder einer rechtsgeschäftlichen Einstandspflicht der Beklagten kraft Übernahme des Handelsvertretervertrags - sei es, wie vom Kläger behauptet, ausdrücklich im Vertrag über den Asset Deal, sei es konkludent durch die gleichbleibende Praktizierung des Handelsvertreterverhältnisses - stellen.
Allerdings sind der Asset Deal vom 8.5.2008 sowie die weitgehend übereinstimmende Firmierung der T. GmbH a G. Company und der Beklagten, ...