Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Abtretung eines Anspruchs
Leitsatz (amtlich)
Ein Rechtsanwalt, der seinem Mandanten wegen Verjährenlassens eines Wandelungsanspruchs Schadensersatz leistet, kann von diesem analog § 255 BGB die Übertragung des Eigentums an der Sache verlangen – wenn sich diese im Besitz eines Dritten befindet, durch Abtretung des Herausgabeanspruchs gem. §§ 929,931 BGB. Verweigert der Dritte die Herausgabe wegen vermeintlicher Standgeldansprüche, so ist es Sache des Rechtsanwalts, den Herausgabeanspruch durchzusetzen und seinen Mandanten von den Standgeldansprüchen freizustellen.
Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 16.04.2003; Aktenzeichen 4 O 362/02) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 16.4.2003 verkündete Urteil des LG Aachen – 4 O 362/02 – teilweise abgeändert:
Unter Abweisung der weiter gehenden Klage wird der Beklagte verurteilt, den Klägern das Eigentum an dem Schlepper T Turbo, amtl. Kennzeichen …-… …, nebst Zubehör unter Abtretung seines diesbezüglichen Herausgabeanspruchs gegen Herrn G.T., C.-Straße 57, … H, zu übertragen und den Klägern den Fahrzeugbrief für den vorgenannten Schlepper herauszugeben Zug um Zug gegen Freistellung von den Ansprüchen des Herrn G.T. hinsichtlich der Standkosten für den Schlepper für den Zeitraum zwischen dem 30.3.1992 und dem 30.5.2002 i.H.v. 4.392,78 Euro sowie für die Zeit ab 1.6.2002 i.H.v. monatlich 31,04 Euro zzgl. 16 % MwSt.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtstreits I. Instanz werden den Klägern 1/3 und dem Beklagten 2/3 auferlegt.
Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen den Klägern zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
(ohne Tatbestand gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO)
Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung des Beklagten hat in der Sache im wesentlichen Erfolg.
Der Beklagte ist zur Übertragung des Eigentums an dem Schlepper auf die Kläger nur Zug um Zug gegen Freistellung von den seitens des Herrn G T geltend gemachten Standkosten verpflichtet.
Der Beklagte stellt mit seiner Berufung nicht mehr in Abrede, dass er verpflichtet ist, seinen Herausgabeanspruch gegen Herrn T. bezüglich des Schleppers an die Kläger abzutreten und dass diese mit der Abtretung gem. §§ 929, 931 BGB das Eigentum hieran erwerben können. Damit leugnet er im Grunde nicht deren Berechtigung zum Eigentumserwerb an dem Fahrzeug. Soweit er gleichwohl daran festhält, gem. § 255 BGB allein zur Abtretung des Herausgabeanspruchs, nicht aber zur Eigentumsübertragung verpflichtet zu sein, kann ihm nicht gefolgt werden. Allerdings ergibt sich ein solcher Anspruch nicht unmittelbar aus § 255 BGB, sondern aus der analogen Anwendung dieser Vorschrift, da er nicht aus dem verloren gegangenen Wandlungsrecht des Beklagten resultiert. Zwar ist für den Rechtsverlust kein Erlöschen erforderlich; vielmehr genügt eine Entwertung wie der Eintritt der Verjährung (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 62. Aufl., § 255 Rz. 6; Soergel/Mertens, BGB, 12. Aufl., § 255 Rz. 7; Oetker in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 255 Rz. 11; Staudinger/Bittner, BGB, 2001, § 255 Rz. 35). Nach § 255 BGB abzutreten sind aber die entwerteten Rechte gegen den Dritten selbst und die an die Stelle des verlorenen gegangenen Rechts getretenen Ansprüche (Staudinger/Bittner, BGB, 2001, § 255 Rz. 36; Oetker in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 255 Rz. 15). Der Anspruch auf Eigentumsübertragung an dem Schlepper ergibt sich nicht aus dem Wandlungsanspruch des Beklagten, den der Kläger zu 2) hat verjähren lassen; vielmehr kann er nur aus einer entspr. Anwendung des § 255 BGB hergeleitet werden, der Ausdruck des schadensersatzrechtlichen Bereicherungsverbots ist und verhindern soll, dass der Geschädigte einen doppelten Ausgleich erhält (Palandt/Heinrichs, BGB, 62. Aufl., § 255 Rz. 1; Soergel/Mertens, BGB, 12. Aufl., § 255 Rz. 3; BGH v. 12.12.1996 – IX ZR 214/95, UR 1997, 427 = NJW 1997, 1008 f. [1012]). Mit diesem schadensersatzrechtlichen Grundgedanken, der letztlich aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) folgt, wäre es unvereinbar, dass der Beklagte die Schadensersatzleistung der Kläger wegen des Verlustes des Wandlungsrechts erhält, insb. den – um die anzurechnenden Nutzungsvorteile reduzierten – Kaufpreis i.H.v. 69.375 DM erstattet bekommt und trotzdem Eigentümer und (mittelbarer) Besitzer des Schleppers verbleibt. Wenn die Wandlung Erfolg gehabt hätte, hätte er dem Zeugen T. das Eigentum an dem Schlepper zurück übertragen müssen. Anders als der Geschädigte, der seine Sache z.B. durch einen Diebstahl verloren hat, hat er kein anerkennenswertes Interesse an der Wiedererlangung des Schleppers. Insoweit greifen die Bedenken, die von Oetker (Oetker in MünchKomm/BGB, 4. Aufl., § 255 Rz. 18) ggü. der h.M., wonach der Ersatzpflichtige mit der Abtretung des Herausgabeanspruchs gem. § 931 BGB Eigentümer wird (Palandt/Heinrichs, BGB, 62. Aufl., § 255 Rz. 9; Soergel/Mertens, BGB, 12. Aufl., § 255 Rz. 9; Staudinger/Bittner, BGB, 2001, § 255 Rz. 43; RGZ 59, 367 [371]), geäußert ...