Entscheidungsstichwort (Thema)
Unwirksamer verlängerter Eigentumsvorbehalt
Leitsatz (amtlich)
Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Klausel zum verlängerten Eigentumsvorbehalt, die zu einer erheblichen anfänglichen Übersicherung des Verwenders (Sicherungsnehmer) führt, benachteiligt den Vertragspartner (Sicherungsgeber) unangemessen und ist unwirksam; zugleich ist eine solche Klausel sittenwidrig. Ein schuldrechtlicher Freigabeanspruch des Sicherungsgebers beseitigt die Unangemessenheit nicht.
Normenkette
BGB § 138 Abs. 1, § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 15.04.2008; Aktenzeichen 18 O 306/07) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 18. Zivilkammer des LG Köln - Einzelrichter - vom 15.4.2008 - 18 O 306/07 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.
Gründe
I. Die Klägerin belieferte die nun insolvente Fa. T. Fensterbau GmbH (Fa. T.) mit Kunststoffprofilen für Fenster. Sie begehrt von deren Hausbank, der Beklagten zu 1), Auskehr vereinnahmter Kaufpreiszahlungen von Kunden der Fa. T. für Fenster. Des Weiteren begehrt sie von der Beklagten zu 1) und dem Beklagten zu 2), der im Auftrag ersterer offene Forderungen der Fa. T. beitrieb, Auskunft über weitere vereinnahmte Zahlungen sowie deren Auskehr. Hinsichtlich des Weiteren Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des LG Köln vom 15.4.2008 (Bl. 209 ff. GA) verwiesen.
Die Klägerin hat behauptet, ihre Allgemeinen Vertragsbedingungen seien in die mit der Fa. T. im Dezember 2000 geschlossene "Kooperationsvereinbarung", die unstreitig der Geschäftsbeziehung und daher der Lieferung von Kunststoffprofilen zugrunde lag, einbezogen gewesen. Diese AGB enthalten - insoweit unstreitig - eine Ziff. 7, in deren Abs. 1, 2, 3 und 6 (Bezifferung nicht im Original) es heißt:
"(1) Die vom Lieferanten gelieferte Ware verbleibt in dessen Eigentum, bis alle gegenwärtigen Ansprüche des Lieferanten gegen den Besteller [...] und alle solchen zukünftigen Ansprüche des Lieferanten gegen den Besteller, die im Zusammenhang mit der gelieferten Ware stehen, vollständig erfüllt sind [...].
(2) Der Besteller ist berechtigt, die [...] Vorbehaltsware [...] weiter zu veräußern oder weiter zu verarbeiten. Er tritt dem Lieferanten bereits im voraus alle Forderungen aus diesem Weiterverkauf ab. [...]
(3) Übersteigt der Gesamtwert der abgetretenen Forderungen den geschuldeten Kaufpreis um mehr als 20 %, so verpflichtet sich der Lieferant zur Rückabtretung aller Forderungen, die die 20 %-Grenze übersteigen. [...]
(6) Wird die Vorbehaltsware mit anderen Gegenständen verarbeitet, so erwirbt der Lieferant das Miteigentum an der neuen Sache entsprechend dem Verhältnis des Verkehrswertes der Vorbehaltsware zum Verkehrswert der anderen verarbeiteten Sachen. [...] Die entstandene neue Sache gilt als Vorbehaltsware im Sinne dieser Bedingungen."
Für die Einzelheiten der AGB wird auf diese (Anlage K 2, Bl. 4 ff. AH I) Bezug genommen.
Die Klägerin ist der Ansicht, aufgrund der Ziff. 7 ihrer AGB stünden ihr die Zahlungen zu, die Kunden der Fa. T. auf Kaufpreisforderungen für Fenster geleistet haben, in denen Kunststoffprofile der Klägerin verarbeitet worden sind.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Es hat gemeint, es könne dahinstehen, ob die AGB der Klägerin in deren Vertrag mit der Fa. T. einbezogen worden seien. Denn jedenfalls sei der in Ziff. 7 enthaltene verlängerte Eigentumsvorbehalt (Bl. 9 f. AH I) unwirksam. Es liege eine sittenwidrige Übersicherung vor, weil die Klägerin sich die gesamten Kundenforderungen der Fa. T. habe abtreten lassen, obwohl der Materialanteil ihrer Profile in den fertigen Fenstern nicht mehr als 15 % ausmache. Diese Übersicherung werde durch die Freigabeklausel nicht verhindert. Denn dort habe sich die Klägerin zur Rückabtretung nur derjenigen Forderungen verpflichtet, die 120 % des geschuldeten Kaufpreises überstiegen. Geschuldet sei ein Kaufpreis aber auch schon für (noch) nicht eingebaute Profile. Daher erlange die Klägerin durch den verlängerten Eigentumsvorbehalt eine (weitere) Sicherung auch für den Kaufpreis dieser Profile, die bereits dem einfachen Eigentumsvorbehalt unterlägen. Ob andere Lieferanten Sicherheit für Materiallieferungen erhalten könnten, hänge deswegen nicht nur am Materialanteil der Klägerin zzgl. 20 %, sondern auch am Vorrat, den die Fa. T. an noch nicht verbauten Profilen der Klägerin habe. Es sei nicht möglich, die Klausel so auszulegen, dass "geschuldeter Kaufpreis" nur derjenige für schon verbaute Profile sei. Denn Auslegungszweifel gingen zu Lasten des Verwenders. Habe die Klägerin nach alledem keinen Zahlungsanspruch gegen die Beklagte zu...