Leitsatz (amtlich)
›1. Der Patient genügt seiner Beweislast, daß der Behandlungsfehler zu einem Körper- u. Gesundheitsschaden geführt hat, wenn feststeht, daß der Fehler mit zu der geklagten Schädigung geführt hat.
2. Bei schwerer Unfallverletzung, die zu einer Funktionseinbuße geführt hätte, genügt die Feststellung des Sachverständigen, daß die fehlerhafte Reposition fast ausschließlich für die Fehlstellung verantwortlich zu machen ist.
3. 15.000,00 DM Schmerzensgeld wegen in Gelenkfehlstellung verheilter Hand mit arthrotischen Veränderungen posttraumatischer Art.‹
Gründe
Die Berufung des Beklagten ist zulässig, in der Sache jedoch nicht gerechtfertigt. Demgegenüber hat die zulässige Berufung der Klägerin, die wegen ihrer zeitlich nach der Berufung des Beklagten erfolgten Einlegung als - selbständige- Anschlußberufung gilt, Erfolg.
1.) Das Landgericht hat zu Recht eine Einstandspflicht des Beklagten gemäß §§ 823, 847 BGB für die Dauerschäden an der linken Hand der Klägerin bejaht und sich dabei zutreffend auf die schriftlichen Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. H. vom 1.12.1994 und 7.9.1995 gestützt. Die hiergegen gerichteten Berufungsangriffe des Beklagten geben zu einer anderweitigen Beurteilung keinen Anlaß.
Es ist unstreitig, daß sich an der linken Hand der Klägerin eine dauerhafte Schädigung in Gestalt einer klinisch erkennbaren Fehlform des linken Handgelenkes, einer erheblichen Gelenkflächenschädigung mit entsprechenden arthrotischen posttraumatischen Veränderungen und einer Kalksalzminderung des Gelenks eingestellt hat. Daß die von ihm am 24.12.1989 durchgeführte Versorgung des am Vortag von der Klägerin erlittenen Trümmerbruches nicht dem medizinischen Standard entsprach, wird von dem Beklagten in der Berufungsinstanz nicht mehr wirksam bestritten. Die Reposition und Spickung mit Bohrdrähten war zur Versorgung der Radius- Trümmerfraktur ungeeignet; es war von vornherein ausgeschlossen, daß die bei dem Bruch entstandenen zahlreichen kleinen Fragmente mittels der von dem Beklagten eingebrachten Spickdrähte zusammengehalten und stabilisiert werden konnten; hieran vermochte die Anlegung eines Gipsverbandes nichts zu ändern. Die am 24.12.1989 nach der von dem Beklagten durchgeführten geschlossenen Reposition angefertigten Röntgenaufnahmen des linken Handgelenks der Klägerin zeigten denn auch ausgesprengte gelenktragende Fragmente, die durch die Bohrdrähte nicht bzw. nur unzureichend erfaßt waren; auf den Röntgenbildern vom 25.12.1989 stellte sich die beugeseitige Gelenkflächenkante nach wie vor abgesprengt und weit zur Beugeseite hin disloziert dar. Der mit dem Bescheid der Gutachterkommission vom 9.2.1993 übereinstimmenden Ansicht von Prof. H., das von dem Beklagten eingeschlagene Verfahren sei behandlungsfehlerhaft gewesen- wobei Prof. H. weitergehend als die Gutachterkommission alternativ zu einer offenen Reposition nebst Plattenstabilisierung eine Stabilisierung mit Hilfe eines Fixateur externe als Methode der Wahl bezeichnet hat, hat der Beklagte in seiner Berufungsbegründung keinen substantiierten Sachvortrag mehr entgegengesetzt. Sein pauschales Bestreiten ist nicht geeignet, die von zwei Gutachtern unabhängig voneinander getroffene Wertung in Zweifel zu ziehen.
Ohne Erfolg bleibt auch die zum Schwerpunkt seiner Berufung gemachte Verteidigung des Beklagten, der notwendige kausale Zusammenhang zwischen der fehlerhaften Reposition und den von der Klägerin geklagten Beschwerden sei durch die Gutachten des Sachverständigen Prof. H. nicht erwiesen.
Der Senat hält das Gutachten des Sachverständigen, von dessen hervorragender fachlicher Kompetenz sich der Senat wiederholt hat überzeugen können, für schlüssig und nachvollziehbar und sieht sich deshalb zu einer weiteren Beweiserhebung nicht veranlaßt.
Soweit der Beklagte rügt, daß Prof. H. die in dem Beweisbeschluß des Landgerichts vom 13.4.1994 (Bl. 81- 83 d. A.) aufgeworfenen Fragen nicht vollständig bzw. ungenau beantwortet habe, hat er sich offensichtlich nicht der Mühe unterzogen, die beiden Gutachten des Sachverständigen einer Gesamtschau zu unterziehen und die in dem Ergänzungsgutachten aufgelisteten Antworten dem Beweisbeschluß des Landgerichts zuzuordnen. Diese hat der Sachverständige zum Teil zwar knapp gehalten, ohne daß jedoch ihre Plausibilität und Nachvollziehbarkeit darunter leidet.
Aus den Ausführungen des Sachverständigen in den genannten beiden Gutachten ergibt sich klar, daß die bei der Klägerin aufgetretene Algodystrophie keineswegs die alleinige Ursache für die heutigen Beschwerden der Klägerin ist. Lediglich im Hinblick auf die Kalksalzminderung des Handgelenks hat der Sachverständige ihr Bedeutung zugesprochen, und dies auch nur im Sinne einer anteiligen Kausalität. Von daher kommt es nicht entscheidend darauf an, worauf die Algodystrophie ihrerseits zurückzuführen ist, deren Entstehung dem Sachverständigen zufolge sowohl durch die Fehlbehandlung als auch durch den Unfall gefördert worden sein kann, ohne daß sich insoweit eine hinrei...