Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus Ordnungsgeldbeschlüssen
Leitsatz (amtlich)
1. Wendet sich der Schuldner gegen die Vollstreckung aus Ordnungsgeldbeschlüssen gemäß § 890 ZPO, ist die Vollstreckungsgegenklage nach § 767 Abs. 1 ZPO unstatthaft.
2. Zu den nach §§ 767 Abs. 2 ZPO zulässigen Einwendungen des Unterlassungsschuldners gegen die Zwangsvollstreckung aus dem zugrunde liegenden Unterlassungstitel.
3. Im Falle der Gesamtrechtsnachfolge auf Gläubigerseite während des Vollstreckungsverfahrens darf die Zwangsvollstreckung nur fortgesetzt werden, wenn dem Schuldner eine Ausfertigung des Titels mit qualifizierter Klausel gemäß § 727 ZPO zugestellt worden ist.
4. Die ohne Zustellung durchgeführten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen sind nicht nichtig, sondern nur anfechtbar und deshalb durch Nachholung der Zustellung heilbar.
5. Die Heilung des Zustellungsmangels kann auch noch nach rechtskräftigem Abschluss des Ordnungsmittelverfahrens erfolgen.
Normenkette
JBeitrG § 6 Abs. 2; ZPO §§ 727, 750, 767, 890
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 31 O 184/19) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 3.12.2019 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 O 184/19 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Dieses Urteil und das genannte Urteil des Landgerichts Köln sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Das Landgericht hat es der hiesigen Klägerin in dem Verfahren 31 O 416/16 mit Beschlussverfügung vom 10.1.2017 sinngemäß untersagt, mit einer besonderen Erfahrung als Händler und/oder Hersteller von Whirlpools zu werben. Den Titel hatte die A GmbH & Co. KG erwirkt.
Mit Eintragung vom 12.6.2017 wurde die Firma der Titelgläubigerin geändert in A B GmbH & Co. KG und nachfolgend in A B und C GmbH & Co. KG.
Am 28.3.2018 übertrug die Kommanditistin der o.g. KG ihren Kommanditanteil auf die neu gegründete Beklagte. Gleichzeitig schied die Komplementärin aus der KG aus, sodass ihr Vermögen der verbliebenen Beklagten anwuchs. Am 25.7.2018 wurde die Auflösung und das Erlöschen der A B und C GmbH & Co. KG in das Handelsregister eingetragen.
Wegen diverser Verstöße sind im Zeitraum von November 2017 bis Juni 2018 Ordnungsmittelverfahren angestrengt und entsprechende Ordnungsgeldbeschlüsse gegen die hiesige Klägerin erlassen worden.
Die Anträge in den Verfahren SH II-IV sind noch vor dem Erlöschen der ursprünglichen Titelgläubigerin von dieser eingereicht worden. Als die Anträge SH V-VI eingereicht wurden, war die Titelgläubigerin schon erloschen, dennoch sind diese Anträge ohne Rechtsnachfolgeklausel im Namen der alten Titelgläubigerin gestellt worden.
Die Klausel nach § 727 ZPO ist erst am 31.5.2019 erteilt und der Schuldnerin zugestellt worden.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass die Zwangsvollstreckung aus den Ordnungsgeldbeschlüssen in den Verfahren SH II-VI unzulässig sei, weil die im Titel bezeichnete Gläubigerin vor Eintritt der Rechtskraft der angegriffenen Beschlüsse ihre Parteifähigkeit verloren habe. Eine nachträgliche Vollstreckungsstandschaft sei bereits nicht angezeigt worden und ohnehin unzulässig. Der Beginn der Zwangsvollstreckung ohne Zustellung des Titels samt Klausel sei von vornherein unzulässig gewesen.
Sie hat daher beantragt,
die Zwangsvollstreckung aus dem Ordnungsgeldbeschluss des Landgerichts vom 24.5.2018 - 31 O 416/16 SH II -
die Zwangsvollstreckung aus dem Ordnungsgeldbeschluss des Landgerichts vom 24.5.2018 - 31 O 416/16 SH III -
die Zwangsvollstreckung aus dem Ordnungsgeldbeschluss des Landgerichts vom 16.11.2018 - 31 O 416/16 SH IV -
die Zwangsvollstreckung aus dem Ordnungsgeldbeschluss des Landgerichts vom 16.11.2018 - 31 O 416/16 SH V -
die Zwangsvollstreckung aus dem Ordnungsgeldbeschluss des Landgerichts vom 16.11.2018 - 31 O 416/16 SH VI -
für unzulässig zu erklären.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Urteil vom 3.12.2019, auf das wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen verwiesen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der Klägerin stehe keine Einwendung iSd § 767 ZPO zu. Die allgemeinen Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung müssten im Zeitpunkt der Stellung des Antrags des Gläubigers auf Festsetzung des Ordnungsmittels nach § 890 Abs. 1 ZPO gegeben sein. Für die Verfahren SH II-IV seien diese vor Erlöschen der Titelgläubigerin ohne Weiteres gegeben gewesen. Aber auch bei den SH V-VI habe es sich lediglich um eine fehlerbehaftete Zwangsvollstreckung gehandelt, die durch die nachträgliche Zustellung der qualifizierten Klausel am 31.5.2019 geheilt worden sei.
Die Einwendung, dass die Zwangsvollstreckung unzulässig sei, weil es die Titelgläubigerin nicht mehr gäbe, hat das Landgericht zurück...