Verfahrensgang
LG Bonn (Aktenzeichen 41 O 220/20) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten gegen das am 13.07.2022 verkündete Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 41 O 220/20 - wird die angefochtene Entscheidung unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtmittels teilweise dahingehend abgeändert, dass die Beklagte weiter verurteilt wird, dem Kläger Auskunft über die jeweilige Höhe der auslösenden Faktoren für die Neukalkulation der Prämien in sämtlichen ehemaligen und derzeitigen Tarifen des Versicherungsvertrags mit der Versicherungsnummer N01 seit dem 01.01.2012 zu erteilen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil - soweit nicht abgeändert - sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
II. Die Berufung des Klägers, mit der er die teilweise Abänderung des landgerichtlichen Urteils mit den Anträgen anstrebt,
1. die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft über die jeweilige Höhe der auslösenden Faktoren für die Neukalkulation der Prämien in sämtlichen ehemaligen und derzeitigen Tarifen des Versicherungsvertrags der Parteien seit dem 01.01.2012 zu erteilen,
2. festzustellen, dass die nach Erteilung der Auskunft gemäß dem Tenor Ziffer 1 des erstinstanzlichen Urteils noch genauer zu bezeichnenden Neufestsetzungen der Prämien in der zwischen den Parteien bestehenden Krankenversicherung unwirksam sind und er nicht zur Zahlung des jeweiligen Differenzbetrages verpflichtet, sowie, der monatlich fällige Gesamtbetrag für die Zukunft auf einen nach Erteilung der Auskunft gemäß dem Tenor Ziffer 1 des erstinstanzlichen Urteils noch zu beziffernden Betrag unter Berücksichtigung der erfolgten Absenkungen zu reduzieren ist,
3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen nach Erteilung der erstrebten Auskunft noch zu beziffernden Betrag nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
4. die Beklagte zu verurteilen, ihm die Nutzungen aus noch zu beziffernden überzahlten Beiträgen nebst Zinsen herauszugeben bzw. zu zahlen, und
5. die Beklagte zu verurteilen, ihn hinsichtlich der außergerichtlichen anwaltlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.054,10 EUR nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit freizustellen,
hat in der Sache nur geringen Erfolg. Überwiegend ist sie unbegründet.
1. Begründet ist allein der Berufungsantrag zu 1.
In Bezug auf die Höhe der auslösenden Faktoren für die Neukalkulation der Prämien in den ehemaligen und derzeitigen Tarifen des Versicherungsvertrags der Parteien seit dem 01.01.2012 besteht ein Auskunftsanspruch des Klägers.
Das Landgericht hat seine abweichende Auffassung wie folgt begründet: Die Voraussetzungen eines Auskunftsanspruchs, der allenfalls als vertragliche Nebenpflicht aus § 242 BGB folgen dürfte, seien nicht prüfbar dargetan, weil der Kläger keine konkrete Anpassung benannt habe, für die Auskunft begehrt werde. Die fehlende Prüfbarkeit gelte wegen der von der Beklagten erhobenen Verjährungseinrede. Sei der Hauptanspruch bereits verjährt und die Verjährungseinrede erhoben, nütze die Auskunft dem Inhaber des Hauptanspruchs grundsätzlich nichts mehr. Ein Auskunftsverlangen sei dann mangels Informationsbedürfnisses im Allgemeinen unbegründet. Diese Begründung trägt die Abweisung der Klage in diesem Punkt nicht.
Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Landgericht allerdings davon aus, dass als Anspruchsgrundlage eines Auskunftsanspruchs nur § 242 BGB in Verbindung mit dem Vertragsverhältnis der Parteien (§ 241 BGB) in Betracht kommt. Auch der Senat sieht in der Höhe der auslösenden Faktoren der Beitragsanpassungen keine personenbezogenen Daten im Sinne von Art. 4 Nr. 1 DS-GVO, so dass insofern Art. 15 DS-GVO als Anspruchsgrundlage ausscheidet.
Der Senat folgt jedoch der Auffassung, wonach in einem privatautonomen Vertragsverhältnis, wie dem Versicherungsverhältnis der Parteien, in dem einer Seite, hier der Beklagten, - zur Wahrung des Äquivalenzverhältnisses - das einseitige Recht zur Beitragsanpassung zusteht, auf der Hand liegt, dass die andere Seite auf vertragsrechtlicher Ebene Auskunft über die dafür maßgeblichen Gründe verlangen kann (so: OLG Stuttgart, Beschl. v. 06.06.2019 - 7 U 237/18, BeckRS 2019, 14206; OLG Köln, 9. Zivilsenat, Urt. v. 28.01.2020 - 9 U 138/19, BeckRS 2020, 2918; OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.10.2021 - 13 U 37/21, BeckRS 2021, 31229 Rn. 15; LG Leipzig, Urt. v. 27.01.2022 - 03 O 1741/21, BeckRS 2022, 20011 Rn. 51; a.A.: OLG Nürnberg, Beschl. v. 21.11.2022 - 8 U 1621/22, r+s 2023, 70; OLG Karlsruhe, Urt. v. 17.03.2023 - 25 U 227/22, BeckRS 2023, 4564 Rn. 53 ff. mwN). Ob das hier - als Ausgleich des einseitigen Beitragsanpassungsrechts der Beklagten - auch unabhängig davon gilt, ob die begehrte Information zur Durchsetzung eigener (weiterer) Ansprüche überhaupt dienlich sein kann (vgl. OLG Stuttgart, aaO), kann dahinstehen. Denn die Höhe der auslösenden Faktore...