Leitsatz (amtlich)

1. Der Versicherungsnehmer hat im Rahmen von Beitragsanpassungen in der privaten Krankenversicherung keinen allgemeinen Anspruch gegen den Versicherer auf Auskunft über die Höhe der auslösenden Faktoren (Aufgabe von OLG Köln, Urteil vom 28. April 2023 - 20 U 261/22).

2. Eine Stufenklage ist unzulässig, wenn es dem Kläger nicht um die Bezifferung des Anspruchs, sondern um die Prüfung geht, ob überhaupt ein Anspruch besteht.

 

Normenkette

BGB § 242; VVG § 203; ZPO § 254

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Aktenzeichen 41 O 249/21)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 13. Juli 2022 verkündete Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 41 O 249/21 - wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

III. Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

II. Die Berufung der Klägerin ist zulässig, bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg.

I. Zum Anspruch auf Auskunft über die jeweilige Höhe der auslösenden Faktoren und damit zum Berufungsantrag der Klägerin zu 1.:

Hinsichtlich des Berufungsantrags zu 1. ist die Berufung unbegründet.

Denn der von der Klägerin geltend gemachte und mit diesem Berufungsantrag weiterverfolgte Anspruch auf Auskunft über die jeweilige Höhe der auslösenden Faktoren für die Neukalkulation der Prämien in sämtlichen ehemaligen und derzeitigen Tarifen des Versicherungsvertrages zwischen den Parteien mit der Versicherungsnummer Q. seit dem 1. Januar 2012 besteht nicht:

1. Als Anspruchsgrundlage für einen solchen Auskunftsanspruch käme vom Ansatz her ausschließlich § 242 BGB in Betracht.

Denn Art. 15 DS-GVO scheidet insoweit als Anspruchsgrundlage aus, weil es sich bei der Höhe der auslösenden Faktoren der Beitragsanpassungen nicht um personenbezogene Daten im Sinne von Art. 4 Nr. 1 DS-GVO handelt [so auch etwa: OLG Frankfurt, Urteil vom 18. Juli 2023, 14 U 239/22, veröffentlicht in Juris, Juris-Rn. 36 ff., 41; Brandenburgisches OLG, Urteil vom 30. Juni 2023, 11 U 155/22, veröffentlicht in Juris, Juris-Rn. 14; OLG Köln, 9. ZS., Beschluss vom 12. Mai 2023, 9 U 237/22, veröffentlicht in Juris, Juris-Rn. 4 ff., 6; OLG Köln, 20. ZS., Urteil vom 28. April 2023, 20 U 261/22, veröffentlicht in Juris, Juris-Rn. 12].

Aber auch aus § 242 BGB ergibt sich der von der Klägerin mit ihrem Berufungsantrag zu 1. weiterverfolgte Anspruch auf Auskunft über die jeweilige Höhe der auslösenden Faktoren für die Neukalkulation der Prämien in sämtlichen ehemaligen und derzeitigen Tarifen des Versicherungsvertrages seit dem 1. Januar 2012 zwischen den Parteien nicht. Denn das Vorliegen der Voraussetzungen für einen Auskunftsanspruch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB kann nicht festgestellt werden:

a) Nach ständiger, allgemein anerkannter höchstrichterlicher Rechtsprechung setzt ein Auskunftsanspruch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB nicht nur voraus, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann; vielmehr kann unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB Auskunft nur verlangt werden, wenn und soweit vom Bestehen eines Zahlungsanspruches des die Auskunft Begehrenden ausgegangen werden kann, zu dessen Durchsetzung dieser die begehrten Informationen benötigt [BGH, Urteil vom 2. Dezember 2015, IV ZR 28/15, VersR 2016, 173, Juris-Rn. 15 m. w. N., sowie BGH, Urteil vom 11. Februar 2015, IV ZR 213/14, BGHZ 204, 172, Juris-Rn. 26 m. w. N. - st. Rspr.]. Von diesen Voraussetzungen gemäß der höchstrichterlichen Rechtsprechung für einen Auskunftsanspruch gemäß § 242 BGB - und insbesondere auch von der insoweit zuletzt genannten Voraussetzung, nämlich der Erforderlichkeit der Information zur Durchsetzung eines Anspruchs, von dessen Bestehen ausgegangen werden kann - als dem maßgeblichen Prüfungsansatz gehen die meisten der zu der Frage nach einem Auskunftsanspruch der hier in Rede stehenden Art veröffentlichten Entscheidungen auch aus, wobei dies in einigen Entscheidungen auch ausdrücklich hervorgehoben wird [so etwa: OLG Frankfurt, Urteil vom 18. Juli 2023, 14 U 239/22, veröffentlicht in Juris, Juris-Rn. 36 ff., 37/38; OLG Köln, 9. ZS., Beschlüsse zu 9 U 237/22 vom 12. Mai 2023 (veröffentlicht in Juris, Juris-Rn. 7) und vom 9. Juni 2023 (veröffentlicht in Juris, Juris-Rn. 3); OLG Dresden, Urteil vom 5. April 2023, 1 U 1645/22, veröffentlicht in Juris, Juris-Rn. 27 ff., 29; OLG Karlsruhe, Urteil vom 17. März 2023, 25 U 227/22, VersR 2032, 512, Juris-Rn. 54 ff., 58; OLG Hamm, Beschluss vom 7. Dezember 2022, 20 U 69/22, r+s 2023, 257, Juris-Rn. 2 i. V. m. 7 ff., 11; OLG Nürnberg, Beschluss vom 21. November 2022, 8 U 1621/22, r+s 2023, 70, Juris-Rn. 42 f...

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