Leitsatz (amtlich)
1. Der Anspruch auf Akteneinsicht ist für Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich gesetzlich nicht geregelt. § 165 GWB gilt nicht im Unterschwellenbereich.
2. Soweit sich ein Anspruch auf Akteneinsicht in Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich aus § 242 BGB ergeben kann, sind für den Umfang der Akteneinsicht bei Vergabeverfahren nach der VOB Teil A die Wertungen der §§ 14, 14a und 19 VOB/A zu berücksichtigen.
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 5 O 248/18) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 18.12.2018 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 5 O 248/18 - teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt,
der Klägerin Einsicht in die Vergabeakte zu dem Vergabeverfahren "Neubau eines D-Flügels mit 4 Wahlleistungsstationen am Krankenhaus B." in der Form zu gewähren, dass die Beklagte der Klägerin das offizielle Submissionsprotokoll nebst Nachträgen vorlegt.
2. Im Übrigen bleibt es bei der Abweisung der Klage.
3. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
4. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 80% und die Beklagte zu 20%.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung durch die jeweils andere Partei durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden - hinsichtlich Ziffer 1. des Tenors durch Sicherheitsleistung in Höhe von 6.000 EUR und hinsichtlich Ziffer 4. des Tenors durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags -, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
6. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 27.426,26 EUR festgesetzt.
7. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt Einsichtnahme in die Vergabeakte zu dem Vergabeverfahren "Neubau eines D-Flügels mit vier Wahlleistungsstationen am Krankenhaus B." für das Gewerk Abbruch- und Rohbauarbeiten, einem Vergabeverfahren im sog. Unterschwellenbereich nach der VOB Teil A. Die Beklagte schrieb die Arbeiten im Dezember 2015 mit Bekanntmachung vom 11.12.2015 aus. Nach der Ausschreibung war eine losweise Vergabe ausgeschlossen, Bietergemeinschaften waren aber zulässig. Die Klägerin reichte ein Angebot ein, das mit einer Auftragssumme netto 2.249.279,54 EUR endete.
Am Eröffnungstermin vom 22.01.2016 nahm der Geschäftsführer der Klägerin teil. Zu diesem Zeitpunkt lagen unter anderem das Angebot der Klägerin vom 21.01.2016 samt Nebenangebot, ein Hauptangebot der E. GmbH und Angebote der L. GmbH & Co. KG über das Los 1 (Tiefbauarbeiten) und der T. GmbH & Co. KG über das Los 2 (Rohbauarbeiten) vor. Das Hauptangebot der Klägerin wies eine niedrigere Auftragssumme als das Hauptangebot der Firma E. aus, die Summe der Angebotspreise der Firmen L. und T. lag unter dem Angebotspreis der Klägerin.
Auf Nachfrage der Klägerin teilte der Architekt der Beklagten ihr mit Schreiben vom 02.02.2016 mit, dass die Firmen T. und L. die Bildung einer Bietergemeinschaft im Auftragsfall angekündigt hätten und die Klägerin bei Wertung der Nebenangebote nur an dritter Stelle liege. Mit Absageschreiben vom 03.05.2016 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass ihr Angebot nicht das wirtschaftlichste Angebot sei, ein Hauptangebot mit niedrigerem Preis vorliege und erfolgreicher Bieter die Firma E. mit einem "Nebenangebot zur wirtschaftlicheren Ausführung der Pfahlgründung" sei.
Nachdem die Klägerin Mitte 2017 festgestellt hatte, dass auf der Baustelle die Firmen L. und T. tätig waren, verlangte sie mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 04.12.2017 Auskunft von der Beklagten. Die Beklagte teilte daraufhin mit, dass die Firmen L. und T. ihren Angeboten jeweils eine "Erklärung zur Bildung einer Arbeitsgemeinschaft" beigefügt und erklärt hätten, dass sie eine Bietergemeinschaft bilden, was beim Submissionstermin nicht gesehen worden sei. Die Firma E. sei unter Berücksichtigung ihres Nebenangebots günstiger gewesen als die Klägerin.
Die Klägerin sieht Anhaltspunkte für Fehler im Vergabeverfahren zu ihren Lasten und hält die Vergabeentscheidung aufgrund der knappen Begründung für nicht nachvollziehbar. Zur Prüfung etwaiger Schadensersatzansprüche gegenüber der Beklagten verlangt sie Auskunft durch Einsicht in bestimmte Unterlagen aus der Vergabeakte und hilfsweise für den Fall, dass die Unterlagen nicht vorgelegt werden können, die Feststellung deren Nichtexistenz.
Die Beklagte ist der Ansicht, der Klägerin fehle bereits das Rechtsschutzbedürfnis, da sie keinen Primärrechtsschutz in Anspruch genommen habe. Außerdem bestehe kein Schadensersatzanspruch, da die Klägerin bei ordnungsgemäßem Verlauf den Zuschlag nicht zwingend hätte erhalten müssen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es angeführt, dass ein Schadensersatzanspruch nicht in Betracht komme, da die Klägerin nur Drittplatzierte gewesen sei. Zudem liege kein für die Auskunftspflicht erforderliches entschuldbares Nichtwissen der Klägerin vor, da sie keinen Antrag nach § 19 Abs. 2 VOB/A gestellt hab...